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Wintervögel
Sicherheit
schenken
terung, wo doch die heimischen
Wäldern, Feldern und Parks eher
selten von sibirischen Schnee-
massen verschüttet sind und da-
her kaum ein gesunder Piepmatz
vomHungertod bedroht ist?
Die schlechte Nachricht zuerst: Als
wirklich arterhaltende Maßnah-
me taugt auch das engagierteste
Zufüttern nicht. „Vogelfreunde
sollten sich darüber im klaren
sein, dass Winterfütterung und
Naturschutz zwei Paar Schuhe
sind“, betont der Vogelexperte Dr.
Markus Nipkow vom Naturschutz-
bund Deutschland. „Die Vogel-
fütterung in Städten und Dörfern
kommt etwa 10 bis 15 Vogelarten
zugute“, erklärt der Naturwissen-
schaftler weiter. „Keine dieser
Arten ist in ihrem Bestand gefähr-
det.“ Der Grund ist naheliegend:
Egal, wo man sich in Dorsten auf-
hält, sind Meisen, Finken, Rotkehl-
chen oder Amseln nie weit ent-
fernt. Die Tiere haben sich an den
Menschen gewöhnt und haben
daher auch kein Problem, sich an
Futterstellen rund um ihre Häuser
zu bedienen.
Aber ist deswegen die Winter-
fütterung gleich nur rührseliger
Unsinn? „Keineswegs“, meint Dr.
Markus Nipkow. „Wo sonst lässt
sich lebendige Natur selbst mit-
ten in der Stadt und aus nächster
Nähe so gut erleben?“ Gerade für
Kinder sei das heimische Futter-
häuschen die beste Gelegenheit,
in aller Ruhe die häufigsten Vogel-
arten unserer Umgebung kennen
zu lernen. Und ihre Marotten lernt
man gleich dazu, wie uns Yvonne
Kretschmer verrät: „Manche Mei-
sen sind derart dominant, dass
sie ihre Artgenossen von jedem
einzelnen Knödel weghacken. Das
Rotkehlchen hingegen schaut sich
das ganze Treiben einfach von un-
ten an und sammelt die runterfal-
lenden Brocken auf.“
Vögel sind auch nur Menschen
Der Eindruck trügt nicht: Manche
Arten verhalten sich rund um die
Futterstelle nicht unbedingt wie
feine Restaurantgäste. „Kohlmei-
sen-Männchen mit dem breiten
schwarzen Streifen auf gelber
Brust sind die Chefs und vertrei-
ben rangniedere Meisen“, erklärt
Dr. Nipkow. Da werde schnell
schon einmal mit erhobenen Flü-
geln, gespreiztem Schwanz und
geöffnetem Schnabel gedroht.
Ebenfalls rauflustig sind die Grün-
finken, so der NABU-Experte: „Sie
wollen den Futterplatz für sich
und tolerieren in Schnabelhack-
weite kaum einen anderen Vogel.“
Besonders viel los rund um die
Futterhäuschen ist es in den Mor-
genstunden. Der Grund: Anders
als Säugetiere können sich Sing-
vögel keine dicke Speckschicht
anfuttern, um flugtauglich zu blei-
ben. Deswegen sind sie ständig
auf Futtersuche – besonders am
Morgen. „Gegen Mittag flaut das
Interesse ab und am Nachmittag
und in der Dämmerung nimmt es
erneut zu“, so Nipkow.
Welche Arten zu Besuch kommen,
hängt auch von demangebotenen
Futter ab: Wer nur Meisenknödel
aufhängt, wird vor allem die na-
mensgebenden Tiere sehen kön-
nen. Dabei kann man die kleinen
Akrobaten dabei beobachten, wie
sie sich kopfüber an die Knödel
hängen. Andere Vogelarten sind
weniger geschickt und picken lie-
ber Futter vom Boden auf. „Ich
habe mit verschiedenen Früch-
ten, Nüssen und Körnern expe-
rimentiert“, erklärt auch Yvon-
ne Kretschmer. Die Dorstenerin
konnte sich so über noch mehr
gefiederten Besuch freuen.
Doch Vorsicht: Nicht alles ist als
Futter geeignet. „Keinesfalls sollte
man salzige Nahrung wie Speck
oder Salzkartoffeln anbieten“,
warnt der Experte vom Natur-
schutzbund. „Auch Brot ist nicht
zu empfehlen, da es im Magen
der Vögel aufquillt und schnell
verdirbt.“ So eignen sich die klas-
sischen Sonnenblumenkerne und
ähnliche Körnermischungen am
besten, für manche Arten kann
man auch Rosinen oder Haferflo-
cken anbieten.
Spätestens, wenn der Winter vor-
bei ist, sollte man das Füttern
dann aber wieder einstellen. „Die
Natur ist schließlich kein Frei-
luft-Zoo“, mahnt Dr. Markus Nip-
kow. Statt der stets gefüllten Fut-
terbehälter kann der Tierfreund
den Vögeln auch so bessere Le-
bensbedingungen schaffen – in-
dem man etwa im Garten mit He-
cken oder Büschen Schutzräume
schafft. Und wer keinen Garten
hat, der findet mit etwas Muße in
der nahen Umgebung viele Mög-
lichkeiten, die Tiere zu beobach-
ten – etwa in der Hohen Mark oder
imHervester Bruch.
Text/Fotos: Oliver Borgwardt
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