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Hegering Haltern
gering unbekannt: „Wir freuen
uns, dass immer wieder viele
junge Leute mit den Jagdkursen
beginnen.“ Oft sind es die Söhne
und Töchter der alteingesesse-
nen Jäger, die frühestens imAlter
von 16 Jahrenmit der Ausbildung
beginnen können. Sie endet mit
der Prüfung für den Jugendjagd-
schein. Anschließend dürfen die
Jugendlichen mit der Jagdwaffe
ins Revier, allerdings nur in Be-
gleitung eines älteren Jägers. Er
bringt die Erfahrung mit, die sei-
nem jungen Begleiter fehlt, und
auch die Kenntnis des Reviers.
„Jeder Jagdpächter weiß, was
er an Rehwild im Revier hat und
was er abschießen will“, sagt
Himmelmann. Darüber ist auch
er als Vorsitzender des Hegerings
informiert, denn der 62-Jährige
bespricht einmal jährlich mit je-
dem Pächter den Abschussplan
und legt ihn verbindlich fest. Der
Jäger nimmt nicht die starken,
kräftigen Tiere ins Visier, die sich
vermehren und den Bestand
stärken sollen, erklärt Himmel-
mann die Grundregel. Die alten
und schwachen Tiere werden
zum Abschuss nach Plan freige-
geben, und die Einhaltung der
Vorgabe zu kontrollieren, zählt
ebenfalls zu Himmelmanns Auf-
gaben. Nach seiner Überzeugung
spricht allerdings schon das
langfristige Eigeninteresse für
Zurückhaltung: „Kein Jagdpäch-
ter schießt sich das Revier leer, er
würde sich doch selbst schaden.“
Ziel ist, ein Gleichgewicht herzu-
stellen: „Wir wollen den Bestand
erhalten. Also nimmt man ma-
ximal die Zahl der Tiere heraus,
die an Nachwuchs zu erwarten
sind.“ Ein Stück Wild zu erlegen,
erfordert Ausdauer und Geduld.
20 bis 30 Abende auf dem Hoch-
sitz sind keine Seltenheit, erklärt
Himmelmann, bis der Jäger zum
Schuss kommt. Die Jagdzeit für
Niederwild - Hase, Kaninchen
und Fasan - ist beschränkt auf
den Zeitraum von Mitte Okto-
ber bis zum Jahresende, bei
Reh- und Schwarzwild wird es
wegen unterschiedlicher Schon-
zeiten komplizierter. Ins Revier
zu gehen um ein Stück Wild zu
erlegen, sei für den Jagdpächter
die Ausnahme, betont Himmel-
mann. Seine Hauptaufgabe sei
vielmehr die Pflege von Bestand
und Natur, wie das Auslegen von
Salzlecksteinen, oder die Be-
seitigung von Schäden, die das
Wild verursacht hat. Wenn sich
eine Wildschweinrotte ausgiebig
in einem frisch gesäten Feld ge-
suhlt hat, muss der Jagdpächter
dem Landwirt den entstandenen
Schaden ersetzen.
Wie steht es um die Bestände in
den Halterner Revieren, die eine
Größe von bis zu 400 oder 500
Hektar erreichen? Himmelmann
zeichnet ein differenziertes Bild.
Der Bestand an Kaninchen sei
nicht gesund, sagt er. Viele Tiere
sind mit Myxomatose infiziert,
weitere leiden unter der so-
genannten China-Seuche. Der
Hegering-Vorsitzende
nimmt
weitere Wildarten in den Blick:
„Der Bestand an Hasen geht
zurück, auch bei Fasanen stel-
len wir einen starken Rückgang
fest.“ Die Ursachenforschung ist
noch nicht zu einem eindeuti-
gen Ergebnis gekommen; mög-
licherweise spielen die in der
Landwirtschaft
eingesetzten
Spritzmittel eine Rolle. Darüber
hinaus hat Himmelmann beob-
achtet, dass Krähen im Verbund
Jagd auf junge Hasen machen,
und dies ist nach seiner Überzeu-
gung kein Einzelfall. Denn Krä-
hen haben sich stark vermehrt,
seit die Jäger sie nicht mehr
aufs Korn nehmen dürfen. Der
Bestand an Rehwild in Halterns
Wäldern ist stabil und bereitet
den Jägern keine Sorge. Was das
Rotwild betrifft, also Rothirsche,
genießen die Reviere rund um
die Seestadt einen sehr guten
Ruf. Deutlich vermehrt haben
sich die Wildschweine. Das milde
Klima hat in den letzten Jahren
dem Schwarzwild das Überleben
leicht gemacht: „Wir haben ja
keine Winter mehr.“ Eine kräfti-
ge Bache bringt bis zu acht Jun-
ge zur Welt - manchmal zweimal
pro Jahr. Die anpassungsfähigen
Wildschweine sind Allesfresser,
sie durchwühlen auch den Ab-
fall, den Menschen hinterlassen,
auf der Suche nach fressbaren
Bestandteilen, und ihre Popula-
tion ist allgemein in Deutschland
auf dem Vormarsch. Das hat zur
Folge, dass Wildschweinbraten
und -gulasch häufig auf den Res-
Der Vorsitzende des Hegerings muss sich häufig mit Wildunfällen be-
schäftigen. Sie sind in Haltern keine Seltenheit: Die Polizei verzeichnet
jährlich 70 bis 80 Zusammenstöße mit Wild, viele davon auf der stark
befahrenen Granatstraße. Dabei entsteht oft Blechschaden, manch-
mal werden auch Menschen verletzt. Wird nach einem solchen Unfall
das verletzte oder getötete Tier aufgefunden und sind eindeutige
Spuren am Fahrzeug erkennbar, zahlt die Kfz-Teilkaskoversicherung
den Schaden. Eine Bescheinigung, die der Fahrzeughalter bei der
Versicherung vorlegt, können am Unfallort die Polizei und auch der
Vorsitzende des Hegerings ausstellen. Das angefahrene Tier von der
Straße zu entfernen, ist eigentlich Aufgabe des Jagdpächters, in des-
sen Revier sich der Unfall ereignet hat. Um das Verfahren abzukürzen,
fährt Vorsitzender Himmelmann oft selbst hinaus und veranlasst alles
Notwendige, wenn er von Wildunfällen erfährt. Um sie zu verhindern,
setzt sich der Hegering dafür ein, an Straßenpfosten Wildwarnre-
flektoren zu befestigen. Das blaue Licht der Reflektoren bricht sich in
den Scheinwerfern der Fahrzeuge und soll das Wild davon abhalten,
auf die Fahrbahn zu laufen. Auf diese Weise habe sich andernorts
die Zahl der Wildunfälle um bis zu 70 Prozent senken lassen, sagt
Himmelmann. Für die Reflektoren - Stückpreis 5 Euro - greift der Hege-
ring in die eigene Tasche, sagt Himmelmann. Autofahrern, die völlig
überraschend vor ihremWagen im Scheinwerferlicht ein Stück Wild
entdecken, kann er aus rechtlicher Sicht nur den Rat geben: „Draufhal-
ten, nicht ausweichen.“ Denn wenn der Fahrer mit demWagen beim
Ausweichen im Graben landet, ist der Unfallhergang nur schwer nach-
zuweisen, und der Schadenersatz kann zum Problemwerden.
Bis zu 80 Wildunfälle auf Halterns Straßen