Lokallust Dorsten - page 22

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Virus D | 30. Juni 2017
1983, zwei Städte, zwei Bands. In Haltern hört man Moment
Mal, in Marl die Rocker von Odessa. Bald kommt es zu Un-
stimmigkeiten innerhalb der Gruppen, es gibt schlechtes
Feedback auf Konzerten und andere, persönliche Interessen
der Bandmitglieder drängen sich vor die Musik. Die Gruppen
stehen vor dem Aus. Doch das Ende ist zugleich ein Anfang.
Denn einige Mitglieder aus beiden Bands treffen sich auf
einer Fete und beschließen, gemeinsam etwas Neues zu
starten. Die Geburtsstunde von Virus D. Und der Erfolg lässt
nicht lange auf sich warten.
„Nachdem wir den Landesrockpreis gewon-
nen hatten, bekamen wir etliche Angebote.
Unter anderem haben wir Filmmusik für den
WDR gemacht und hatten Live-Sendungen im
Fernsehen. Und dann kamen die Bergleute,“
erinnert sich Bernd Feller. Als sich die Schlie-
ßung der ersten Zeche ankündigte, fühlte sich
Virus D als Band des Ruhrgebiets sofort an-
gesprochen. „Wir haben also den Slogan Erst
stirbt die Zeche, dann stirbt die Stadt erfun-
den und daraus eine Rockrevue entwickelt.
Die haben wir bundesweit und in der DDR
aufgeführt,“ so Feller. Der Erfolg war riesig. Virus D spielte
von nun an auf allen Massendemos der Bergleute – die wie-
derum den Titel als ihren offiziellen Slogan nutzten. Seitdem
gibt es eine enge Bindung zwischen den Bergleuten und der
Rockband. Letztendlich waren es auch die „Kumpels“, die
die Band nach einer über zehnjährigen Pause wieder zusam-
menbrachten.
„2012 riefen uns die Bergarbeiter aus Kamp-Lintfort an. Dort
sollte auch die Zeche geschlossen werden und man wollte,
dass wir für ein einmaliges Konzert auftreten,“ sagt Bernd
Feller. Das habe man natürlich gerne gemacht und sich da-
nach entschlossen, Virus D wieder aufleben zu lassen. Trotz
Pause sei man ja immer in Verbindung geblieben und habe
auch das eine oder andere Projekt miteinander gemacht.
So ganz endgültig war die Trennung nie und der Zusammen-
halt in der Band sei schon einzigartig. Eine Aussage, die man
auch als Zuschauer bestätigen kann. Beim Soundcheck,
kurz vor dem Auftritt im Trigon wirken die Musiker rund um
Torsten Schmidt, den Songtexter und Kopf der Band, ent-
spannt und sehr miteinander vertraut. Von Aufregung keine
Spur – fast zumindest: „Ein bisschen Lampenfieber hat man
immer. Man malt sich aus, was alles passieren könnte. Text
vergessen, Einsatz verpasst, alles mögliche. Aber nach dem
ersten Lied ist das Eis immer gebrochen.“ Dass das auch
heute beim gemeinsamen Konzert mit APM so sein wird, da
ist Bernd Feller sich sicher. Wobei der Auftritt
heute schon etwas Besonderes ist.
„Mit APM haben wir noch nie zusammen
gearbeitet. Wir sind total neugierig auf die
Band. Es ist einfach spannend, mit ande-
ren Musikern auf der Bühne zu stehen. Und
dann auch noch in so einer schönen Loca-
tion.“ Und in Sachen Location ist Virus D
ein Wiederholungstäter. In Haltern hat die
Band schon öfter gespielt, aber noch nie im
Trigon. Aber abgestumpft sei man deswe-
gen noch lange nicht: „Die Musik kann zur
Routine werden, aber die Emotionen niemals.“ Denn seit
über 30 Jahren erleben die Rocker immer wieder Gänse-
hautmomente.
„In den Neunzigern haben wir vor circa 100.000 Bergleuten
in Bochum gespielt. Als dann unser Lied „Schachspiel“ kam,
konnte man richtig sehen, wie die Leute, die da alle mit ih-
ren Demo-Bannern vor der Bühne standen, Tränen in den
Augen hatten. Das berührt und freut uns gleichzeitig,“ sagt
Bernd Feller. Es sind Gefühle, die wiederum in den Liedern
der Band zum Ausdruck kommen – heute wie am ersten
Tag. Und als „Schachspiel“ jetzt, im Mai 2017 im Trigon läuft,
kann man wirklich erahnen, welche Gefühle das Lied damals
in den Kumpels ausgelöst hat, die so untrennbar mit Virus D
verbunden sind.
Text: Dr. Felicitas Bonk, Fotos: Virus D, Marcus Locher
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