Lokallust Spezial Wirtschaft&Beruf - page 30

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WIRTSCHAFT
&BERUF
Der Dülmener Keramiker Detlef Kunen
geht oft ungewöhnliche Wege,
auch beim Backen
Charakteristisch ragen die Spitzen
der Oper von Sydney nach oben
und leise Musik ist im Hintergrund
zu hören. Nein, wir befinden uns
nicht in der berühmten Metropole
an der Ostküste des fünften Konti-
nents, sondern in einem Atelier in
Dülmen.
Zugegeben, die Oper hier hat nicht
ganz die Ausmaße ihres Originals,
die Musik kommt aus der Konser-
ve und Beton und Glas wurden
auch nicht verbaut. Die „Bauma-
terialien“ sind vielmehr Mehl, Zu-
cker, Butter und Eier und die Oper
steht auf einem Kuchenblech. Un-
gewöhnliche Backformen sind die
neusten Kreationen des Kerami-
kers Detlef Kunen, der seit über 25
Jahren sein Atelier in Dülmen hat.
So skurril wie die Formen sind
auch die Namen. Aus Kuba-Nova,
Emmi oder Enterprise schlüpfen
am Ende Gebilde, die aussehen
wie Raumstationen aus Kuchen-
oder Puddingmasse. „Doch der
Renner ist die Oper“, verrät der
57-jährige Künstler. „Wenn man in
reiner Handarbeit Gebrauchskera-
mik herstellt, muss man natürlich
Alleinstellungsmerkmale haben,
um sich von der Massenware in
den Super- und Baumärkten zu
unterscheiden. Da kam mir diese
Idee: Warum nicht Formen, mit
denen man Kuchen backen kann
und die man nicht gleich als sol-
che erkennt?“
Sein Handwerk hat Detlef Kunen
Ein Opernhaus
zum Geburtstag
von der Pike auf gelernt. Nach dem
Abitur in Recklinghausen machte
er eine Ausbildung zum Keramik-
handwerker mit dem Schwer-
punkt Töpferei in Kinderbeuern
in der Nähe von Wittlich. Danach
folgte ein Studium der Freien Bil-
denden Kunst an der Fachhoch-
schule in Kiel, das er 1984 mit
einem Diplom abschloss. „Dann
kam die Zeit, in der ich dachte,
in guter alter Tradition sollte ein
Handwerker doch eine gewisse
Zeit auch auf Wanderschaft sein,“,
erinnert sich Kunen heute. Die
klassische Walz wurde es dann
zwar nicht, herumgekommen ist
er allerdings dennoch. Über Kon-
takte, die er schon während des
Studiums geknüpft hatte, arbeite-
te er einige Jahre als Produktent-
wickler für Steinzeug in einem
schwedischen
Unternehmen.
Über diese Schiene war er dann
auch ein Jahr in Tanzania, wo er
als Supervisor eine Steinzeugma-
nufaktur mit aufbaute. „Die Zeit in
Afrika war unglaublich interessant
und prägend, die möchte ich nicht
missen. Vor allem lernt man zu
improvisieren und das ist ja nicht
das Schlechteste“, sagt Kunen mit
einem breiten Lachen im Gesicht.
Auch künstlerisch ist Afrika nicht
spurlos an ihm vorüber gegangen.
Auch heute hängen im Ausstel-
lungsraum noch afrikanisch inspi-
rierte Masken – aus Keramik.
Nach Lehraufträgen an der Fach-
hochschule Bochum (Fachbereich
Architektur) reifte der Entschluss,
sich ganz der eigenen Arbeit zu
widmen. „Dass es dann Dülmen
wurde, war eigentlich ein Zu-
fall“, erinnert sich Detlef Kunen.
„Ich wollte eine gute Verkehrs-
anbindung und die Nähe zum
Ruhrgebiet, denn dahin hatte
ich die meisten Kontakte. Und in
Dülmen stand zu der Zeit zufällig
eine alte Schreinerei zum Ver-
kauf, in der ich vorfand, was ich
brauchte“.
Da, wo früher Fenster und Türen
gebaut wurden, stehen heute
Brennöfen und Töpferscheiben.
Im Vorderhaus ist das Atelier un-
Detlef Kunen in seinem
Atelier in Dülmen
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