Lokallust Haltern am See - page 12

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Bäckerei Wehren | 21. Oktober 2017
Einer von diesen wenigen ist
Hermann Wehren. Der Bäcker-
meister aus Haltern am See führt
das Backhaus Wehren seit 1992
in zweiter Generation. In sei-
nem Ladenlokal mischen sich
die Tradition des uralten Back-
handwerks mit den Wünschen
des modernen Menschen. Und
das beginnt schon beim archi-
tektonischen Design des Ver-
kaufsraums. Warme Erdtöne,
Natursteine und der Geruch
von Frischgebackenem laden die
Kunden dazu ein, einen Moment
zu verweilen, zu Entspannen und
sich – wenn auch nur für einige
Minuten – vom oftmals stressi-
gen Alltag zu erholen.
Ein Konzept, das aufgeht, aber
nicht von alleine kommt. Denn
die Ruhe und Gelassenheit, die
der Laden ausstrahlt, beginnt
hinter den Kulissen. Nachts, um
drei Uhr, wenn alle anderen noch
schlafen. Dann beginnen die sie-
ben Bäckermeister, -gesellen und
-azubis mit der Arbeit, die am
Ende andere glücklich macht.
„Entscheidend ist, was du in der
Tüte hast und was in der Theke
liegt. Nur darüber kann ich den
Kunden erreichen,“ sagt Her-
mann Wehren. „Und dabei hel-
fen alle Jungs hier in der Back-
stube. Die sind wirklich gut und
zaubern echt klasse Sachen.“ Es
gebe viele Kunden, die von den
Backwaren begeistert wären und
einen Gruß an die Bäcker schick-
ten. Und den gibt der Chef im-
mer gerne weiter. Positives Feed-
back und Lob gehören bei Weh-
ren zum Alltag, denn sie sind ein
Teil der geheimen Zutat, die die-
se Bäckerei so besonders macht.
Und dann ist da noch der Spaß-
faktor. Egal, welchen der Ange-
stellten man fragt, die Antwort
ist immer die gleiche: „Ich hab
einfach Bock auf den Job.“ Für
einen Außenstehenden kaum
vorstellbar, klingelt doch der
Wecker für die meisten von ih-
nen um zwei Uhr nachts. „Die
einzigen, die um die Zeit unter-
wegs sind, sind die Zeitungsbo-
ten,“ sagt Stefan, der als Meister
bei Wehren angestellt ist. Die
Frage, ob es nicht komisch ist,
mitten in der Nacht zur Arbeit zu
fahren, wenn alle schlafen, stellt
sich für ihn gar nicht. Er findet
eher die Frage an sich komisch –
und alle andere in der Backstube
im Übrigen auch. Frühes Aufste-
hen gehört einfach dazu.
Während andere gefühlte zehn
Tassen Kaffee brauchen, um
wach zu werden, sind die Bäcker
bei Wehren auch mitten in der
Nacht fit. Und das muss auch so
sein, verlangt ihre Arbeit doch
höchste Präzision. So herrscht in
den ersten Arbeitsstunden in der
Backstube konzentrierte Stille,
damit jeder Handgriff sitzt. Mit
dabei: Jan aus Lippramsdorf. Er
kommt aus einer Bäckerfamilie
und absolviert seit Sommer 2017
sein erstes Lehrjahr bei Hermann
Wehren. Während seine Freunde
alle „normale“ Jobs haben, geht
er abends früh ins Bett, knetet
morgens Teig und hat ab mittags
frei. „Man kann den Job nur ma-
chen, wenn man weiß, dass das
was für einen ist,“ erzählt er. „Ich
mach das nicht nur, weil ich mal
den Betrieb meiner Eltern über-
nehmen möchte, sondern weil es
mir einfach Spaß macht.“ Meis-
tens zumindest, denn eine Sache
mag er dann doch nicht so gerne.
„Vollkornteig. Der ist so weich
und klebt.“ Man müsse erst das
Vertrauen des Teigs gewinnen,
sagt er. „Und Linzer Kekse. Die
sind auch ganz weit vorne,“ ruft
Markus aus der Ecke und alles
... geformt ...
Zu zweit geht es einfacher, Markus und Peter schieben die Backwaren in den Ofen.
Der Teig wird gewogen ...
... und in die Backform gefüllt.
lacht. So richtig ernst, ist hier
keiner. Es ist nicht zu übersehen,
dass alle, die in der Backstube
arbeiten, ihren Job wirklich ger-
ne machen. Und genau deswe-
gen liefern sie Tag für Tag eine
exzellente Leistung ab. Viele der
Gesellen und ehemaligen Azubis
aus dem Backhaus Wehren haben
ihre Ausbildung als Innungsbes-
te abgeschlossen. So wie Markus
oder Flemming, Hermann Weh-
rens Sohn, der den Betrieb ein-
mal weiterführen wird.
Nachwuchsprobleme muss sich
diese Halterner Bäckerei nicht
machen. Im Gegensatz zu vielen
anderen Bäckereien in Deutsch-
land. Denn trotz der hohen
Nachfrage an Brot und Backwa-
ren sinkt die Zahl der traditio-
neller Bäckereien stetig und viele
alteingesessene Betriebe müssen
schließen – weil niemand mehr
Lust hat, den Beruf zu lernen.
Laut Statistischem Bundesamt ist
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