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Fritz
Ich reise zweiter Klasse im Groß-
raumwaggon am Tisch mit einer
selten unfreundlichen Dame, die
mich meines reservierten Sitzplat-
zes verwiesen hat, um ihre Handta-
sche neben sich parken zu können.
Nun sitze ich ihr ge-
genüber. Und trotz-
dem streckt sie ihre
Beine noch unter
den Tisch und über
meiner Laptoptasche
aus. Ich bleibe höf-
lich und protestiere
nicht.
Gerade kommen zwei weitere Fahr-
gäste zu uns an den Tisch. Es sind
Hamburger, sie sagen „Moin“, ich
sage „Guten Tach“, die Frau sagt
gar nichts. Augenrollend nimmt sie
ihre Tasche auf den Schoß.
Den Vierertisch hat sie übrigens
auch für sich beansprucht. Er ist
mit Illustrierten zugepflastert.
Ich frage mich, ob mein neuer Sitz-
nachbar, einer der beiden Zugestie-
genen, mitliest, was ich hier gerade
tippe. Jetzt grinst er
mich an. Jetzt prus-
tet er. Wir verstehen
uns.
Das findet die Frau
gar nicht gut; sie
guckt noch böser.
„Wollen
Sie
dem
jungen Mann nicht
ein bisschen mehr Fußraum abge-
ben?“, fragt mein Nachbar die Frau.
Genervt sieht sie erst ihn, dann
mich, dann wieder ihn an und ringt
sich ein „Wenn’s sein muss“ ab. Auf
meiner Tasche sind jetzt Schuhab-
Fritz Schaefer (Jahrgang 1997) ist ein leiden-
schaftlicher Beobachter und Belauscher. Er teilt
seine Gedanken und Erlebnisse monatlich in der
Dorstener Lokallust. Lustig, charmant und be-
stimmt auch kritisch.
Die Fritz-Kolumne ist online zusätzlich immer
hörbar – als Pommes-Soko-Erfinder und Ex-
Mike-Litt-Praktikant hat der Autor auch ein Fai-
ble für das gesprochene Wort. QR-Code scannen
oder unter lokallust.de anhören.
- Schließlich heiße ich Fritz.
© Christian Schwitt, Flying Brüderchen Photography
Ich bin unterwegs. Mit der Bahn. Alle Abiprüfungen liegen hinter mir
und zur Erholung fahre ich ein paar Tage zu Verwandten an die Ostsee.
drücke.
Ich überlege, was bei dieser Dame
zu so einer schlechten Laune ge-
führt haben könnte. Ist sie genervt
von den Durchsagen? Hat sie sich
im Bordbistro den Magen verdor-
ben?
Nein, ich hab’s, wahrscheinlich
denkt sie, dass sie in der ersten
Klasse sitzt! Das würde erklären,
warum sie eine so große Beinfrei-
heit einfordert und sich über uns
ärgert, weil wir uns wie Zweitklas-
sierte benehmen (pfui!). Jemand
muss sie über ihren Irrtum aufklä-
ren.
Doch die Möglichkeit bietet sich
nicht mehr, denn in Hamburg
Dammtor steigt sie aus. Schnau-
fend legt sie den Tisch unter ihren
Zeitschriften frei, wuchtet ihren
Koffer von der Ablage und ver-
schwindet wortlos. Erleichterung
für beide Seiten.
Wir drei Verbliebenen blicken uns
kurz an. Und dann lachen wir. So-
gar laut.
So was habe ich auch noch nicht
erlebt. Der Zug fährt weiter, ich
strecke zufrieden meine Beine aus
und stelle meine Cola und den Lap-
top auf den Tisch.
Die zweite Klasse ist schön. Solan-
ge sich keine Erstklässler dorthin
verirren.
Gut angekommen ist
Fritz über die Zweiklassengesellschaft der Deutschen Bahn.
“Kleines Schnitzel
(Sauce zur Auswahl)
mit Pommes”
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Montag ist
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1/2 Grill ähnchen
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Sweat-Chili-Sauce
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Nelson Müller
Mai 2013