Der Dorstener Hans-Werner Backhaus nennt
ein ganz besonderes Schätzchen sein eigen.
Damit ist jetzt einmal nicht seine Ehefrau Mari-
anne gemeint, sondern eine Cabrio-Limousine
aus dem Jahre 1935.
Cabrio-Limousine klingt jetzt erst einmal wi-
dersprüchlich, ist es aber nicht. Das schwar-
ze Faltdach des Opels lässt sich
nämlich ganz nach hinten klap-
pen, aber die Fensterschei-
ben bleiben komplett ste-
hen, ein Mix aus Cabrio und
Limousine also.
Ein Oldtimer war schon im-
mer der Wunsch des 66jährigen,
es musste aber unbedingt einer
mit Kotflügeln sein, wobei der Name Pro-
gramm ist, aber dazu später mehr.
Im Dezember 1990 rückte der Traum des Auto-
fans näher. Seine Ehefrau gab ihr okay, sofern
das Auto fahrbereit wäre und als die Mutter
des zukünigen Automobilbesitzers noch dazu
beschloss, ihrem Sohn das Auto zum 50.Ge-
burtstag zu schenken, konnte der Traumwa-
gen am 11. Dezember endlich “nach Hause“
geholt werden: Ein roter Opel 1,2 L Typ 1290,
24 PS, mit einer Höchstgeschwindigkeit von
85 km/h. Und natürlich mit Kotflügeln.„Emp-
fohlen wurde in Tests einer Automobilzeitung,
auf dem Tacho jedoch am besten einen dicken
roten Strich bei 60 km/h zu ziehen, da jede Ge-
schwindigkeit darüber hinaus lebensgefähr-
lich! wäre“, revidiert Hans-Werner Backhaus
allerdings die theoretische Höchstgeschwin-
digkeit. „Somit scheidet also eine Autobahn-
fahrt mit diesem Ge-
fährt definitiv
aus.“
Wir sehen uns in der Garage das alte
Schätzchen genauer an. Der Opel besitzt
bereits einen elektrischen Anlasser, weitaus
spektakulärer wäre dagegen das ebenfalls
mögliche Anwerfen mit der Kurbel. Dieser Ol-
die ist zwar kein Unikat, aber doch schon ziem-
lich selten geworden. Von den 100.000 Autos,
die gebaut und in ganz Europa verkau
wurden, ist nicht bekannt, wie viele
bis heute überlebt haben. Sicher
ist jetzt jedoch, dass es eines da-
von noch in Dorsten gibt.
„Im Jahre 2000 nahmen wir an
der Rally “Gepflegte Schätzchen
auf Tour“ in Remscheid teil“ berich-
tet Marianne Backhaus und lässt am
Tonfall erkennen, dass sie vom Hobby ihres
Mannes ebenfalls begeistert ist. „Leider ist der
Wagen seit zehn Jahren nicht mehr fahrtüch-
tig, da die Bremsen defekt sind.“ fährt
sie fort und wir ihrem Mann dabei
einen Blick zu.
„Es ist bei diesem alten Wagen
halt nicht ganz so einfach Er-
satzteile zu finden“, erklärt der
Oldie-Fan und informierte sich
daher überregional über Repara-
turmöglichkeiten und sucht Kontakte
zu Gleichgesinnten. Man tri
t sich seitdem auf
Teilebörsen in ganz Deutschland und ho
t ei-
nes dieser begehrten Ersatzteile zu ergattern,
um sie erst einmal bei sich “auf Halde“ zu le-
gen. Sicher ist sicher. Zudem hat den Dorste-
ner mittlerweile wieder der Ehrgeiz gepackt
und er will und wird sein altes Gefährt wieder
zum Laufen bringen.
„Begonnen hat die Erfolgsgeschichte Opels
vor 150 Jahren in Rüsselsheim mit Kin-
derwagen.“ erzählt uns Hans-Werner
Backhaus mehr über die Geschich-
te und die entstandene Technik
seines Autoherstellers.„Danach
folgten Nähmaschinen, Fahr-
räder, Motorräder und an-
schließend Autos. Ursprüng-
lich sollte Opel auch den
Volkswagen bauen, Adolf
Hitler beschloss dann jedoch
diesen Aurag an Porsche zu vergeben.“
Wir erfahren auch, dass dem Autobesitzer von
heute gar nicht bewusst ist, wie einfach der
Umgang mit dem Auto für ihn geworden ist. So
mussten damals etwa 40 Schmierstellen regel-
mäßig gefettet werden.
„Wollte dieses der Autobesitzer damals nicht
selber erledigen, so gab es die Schmiermaxen,
Männer an den Tankstellen, die diese Arbeit für
sie erledigten“ berichtet er weiter. Dabei muss-
ten Fetttöpfe, nicht zu verwechseln mit Fett-
näpfen, randvoll mit Fett gefüllt und nach einer
bestimmten Kilometerleistung jeweils um
ein Viertel gedreht werden. Konnte
nicht mehr gedreht werden, war
der Topf leer und es musste
Fett nachgefüllt werden. So
einfach, aber doch wirkungs-
voll, war die Technik damals.
Nicht nur die Technik, auch
der Umweltschutz steckte Mitte
des Jahrhunderts noch in den Kin-
derschuhen. Anstelle von den heute einge-
setzten Simmerringen wurde Kork oder Filz
zur Abdichtung genommen, was auch eigent-
lich ausreichte. Eventuell ausgetretenes
Öl wurde in einem Behälter gesammelt und
tröpfelte dann während der Fahrt einfach in
die Natur. Hat sich damals halt niemand Ge-
danken drum gemacht.
Aber auch wenn diese “alten Karren“ aus öko-
logischer Sicht grenzwertig sind, so sieht man
großzügig darüber hinweg, denn sie sind ein-
fach wunderschöne eyecatcher. Ach übrigens,
der Kotflügel trägt seinen Namen aus der
Idee, dass auf der Straße herumliegender Kot
nicht an den schönen Lack des Autos spritzen
kann, sondern diese Spritzer, für das Auge un-
sichtbar, in den Kotflügeln verschwinden. Eine
wahrha gute Idee der Autobauer!
Text: Martina Jansen
Fotos: privat
EINEN OLDTIMER
ZUM
50. GEBURTSTAG
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