Wie wollen WIR wohnen?

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Wegweisendes Projekt der Lebenshilfe Dorsten

Für unsere Eltern und Großeltern gab es kaum eine Wahl, wie bzw. wo sie wohnen wollten: Entweder in einem Zimmer bei den Eltern oder Kindern oder in einer eigenen Wohnung. Alternativen fehlten damals fast vollständig.

Mittlerweile stehen uns zahlreiche Wohnmöglichkeiten und -projekte zur Verfügung, wir haben die Wahl. Aber lassen wir diese Wahl auch unseren älteren oder behinderten Menschen? „Stülpen wir ihnen nicht oft ungefragt unsere Vorstellungen über, weil wir es gut meinen“, wirft Tobias Wessel, Leiter der Beratungsstelle im Lebenshilfe Center in den Raum. Das soll sich nun ändern. „Wir möchten mit unserem Projekt ‚Wie wollen wir wohnen?‘ gezielt auch die betroffenen Menschen mit Handicap mit IHREN Vorstellungen über ihre zukünftige Wohnsituation zu Wort kommen lassen“, fährt er fort.

In den nächsten fünf Jahren wird dieses Projekt stundenweise von den drei Teammitgliedern Carina Huick, Tobias Wessel sowie Dominik Schütter auf den Weg gebracht, begleitet und moderiert. Finanziert wird es von der „Aktion Mensch“, die dafür Gelder aus dem Fördertopf „Entwicklung neuer Wohnformen“ zur Verfügung stellt.
Mit dem Projekt startete das Team bereits am 1. Februar mit den dafür notwendigen Vorbereitungen. Nicht ausschlaggebend, aber doch wesentlich daran beteiligt, waren die vielen Eltern behinderter Kinder, die sich während der Corona-Pandemie Gedanken machten, was mit ihrem Kind in Zukunft passieren wird. Dabei spielte auch die Wohnsituation eine große Rolle. „Viele Wahlmöglichkeiten gibt es hier für die betroffenen Kinder, Jugendlichen oder auch Erwachsenen nicht“, erklärt Dominik Schütter. „Ihr Weg ist oft vorgezeichnet: Schule, Werkstatt, Wohnheim.“
Die bestehenden Wohnformen, insbesondere die der behinderten Menschen, ob alleine, mit Familie oder Freunden, möchten die drei Mitarbeiter der Lebenshilfe Dorsten nun gemeinsam mit den Betroffenen und nicht über deren Kopf hinweg überdenken und neue Ideen entwickeln.

Was wird gebraucht? Was wird gewünscht? Wie sieht das mögliche Zusammenleben mit Eltern, Freunden, Geschwistern und Nachbarn aus?

„Wir möchten gerne etwas Neues schaffen“, beschreibt Carina Huick das Projekt weiter. „Wichtig dabei ist es, die Bedürfnisse der Dorstener zu erfahren. Was wird gebraucht? Was wird gewünscht? Wie sieht das mögliche Zusammenleben mit Eltern, Freunden, Geschwistern und Nachbarn aus?“
Um für diese gelebte Demokratie völlig wertfrei sämtliche Ideen und Vorstellungen zu sammeln und auf Workshops vorzustellen, müssen sich die drei Projektmitglieder von ihren (erlernten) Vorstellungen und Grundsätzen lösen. „Wir bewerten nicht, achten nur darauf, welche gesetzlichen Vorgaben es gibt und welche Leistungen aus welchem Topf bezahlt werden“, erklärt Dominik Schütte. „Es gibt bereits zahlreiche unterschiedliche Wohnprojekte, so beispielsweise ein Wohnprojekt in Münster, aber wir wollten speziell die Bedürfnisse der Dorstenerinnen und Dorstener berücksichtigen. Dazu müssen wir jedoch festgefahrene Vorstellungen, wie Wohnen auszusehen hat, außen vor lassen, umdenken und kreativ sein.“ Carina Huick ergänzt, dass der Begriff „Wohnen“ nicht nur den Baukörper umfasst, sondern auch Betreuung und vieles mehr. Bei dieser Art von Meinungsfindung zeigen sich natürlich auch Schwächen des bestehendes Systems. „Aber gerade das bringt uns doch dazu, auch mal rechts oder links vom vorgegebenen Weg abzuweichen“, bemerkt Tobias Wessel. 
„Wir bewahren unsere Ergebnisse natürlich nicht in einer verschlossenen Schatulle, sondern stellen sie öffentlich. Bei diesem Wohnprojekt geht es ja nicht um Konkurrenzdenken, sondern um das Wohl und die Wünsche der Betroffenen. Das ist, wie bereits gesagt, gelebte Demokratie“, betont Dominik Schütter.

Foto oben rechts: (v. l.) Das Projektteam Tobias Wessel, Carina Huick und Dominik Schütter

Das Projektteam der Lebenshilfe Dorsten möchte von Anfang an allen Dorstenerinnen und Dorstenern die Möglichkeit geben, sich zu beteiligen. Um dem einmaligen Projekt ein „Gesicht“ zu geben, braucht es jedoch ein Logo. Bis Ende Juni sammelt das Team Logo-Ideen im Rahmen eines Kreativwettbewerbs. Natürlich gibt es auch etwas zu gewinnen! Darüber hinaus , sind ALLE Dorstenerinnen und Dorstener, die Lust haben, die Zukunft mitzugestalten, herzlich eingeladen, sich mit auf den Weg zu machen, um Antworten zu finden und eine gemeinsame Idee wachsen zu lassen, denn jeder von uns kann plötzlich durch eine Krankheit oder einen Unfall betroffen sein. Um den Start des Projektes zu feiern und in den Dialog zu kommen, ist eine Auftaktveranstaltung nach den Sommerferien geplant.

Für Fragen und Anregungen steht Ihnen Carina Huick zur Verfügung.

Kontakt:
Lebenshilfe Center Dorsten
Suitbertusstraße 14
46282 Dorsten
Telefon: 02362 201045
Huick@Lebenshilfe-Dorsten.de

Text: Martina Jansen
Foto: Christian Sklenak

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