Was für ein Affentheater

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Was für ein Affentheater

Vier Musiker außer Rand und Band

Jedes Mal, wenn Herbert Knebel mit seinem Affentheater in Wulfen auftritt, ist das Gemeinschaftshaus restlos ausverkauft. So auch heute.

„Mögt ihr Schlager?“ Gleich zu Anfang wendet sich Herbert Knebel direkt ans Publikum. Entsetzte und vorwurfsvolle Blicke der Zuhörer in Richtung der Sitznachbarn, die für den Ticketkauf verantwortlich waren. Zum Glück erfolgt nach einer kurzen Pause die Entwarnung: „Dann seid ihr hier falsch!“ Die 600 Gäste im Saal entspannen sich wieder. So sorgt Deutschlands bekannte Rentnerband, die bereits seit 31 Jahren auf der Bühne steht, gleich zu Beginn mit herrlichem Blödsinn, einer Mischung aus Comedy und Konzert, für Kurzweil.

Herbert Knebel, der King of „Rock’n’ Rollator“ nörgelt sich mit trockenem Ruhrpott-Humor durch den Abend und kommentiert zwischen den einzelnen Songs auf seine spezielle Art verschiedene Ereignisse und gewährt Einblicke in seinen Ehealltag mit Gattin Guste. Ich habe leider daraufhin viel zu lange das Bild von der Liebe im All mit seiner nun schwerelosen Guste im Kopf. Im direkten Vergleich zum Roboter Erwin verliert sie dann jedoch knapp nach Punkten, was Herbert Knebel dazu bringt über einen Mann als Partneralternative aufgrund der größeren Schnittmenge nachzudenken.

Die „ewig Gestrigen“ mit dem stets korrekten, etwas steifen Ernst Pichl am Bass, dem leicht vergesslichen, Glückskeksweisheiten verbreitenden Trainer am Schlagzeug und dem prolligen „Gitarrenschrubber“ Ozzy Ostermann an der Gitarre, lassen mit Frührentner Herbert die Musik der 60er und 70er Jahre mit Größen wie Bee Gees und CCR, den Beatles und Pink Floyd, Roy Orbison, David Bowie und „hasse nich gehört“ wieder aufleben. Diese Mischung alleine garantiert bereits einen nicht „normalen“ Musikgenuss. Und tatsächlich sind die jeweiligen Texte bis zur Unkenntlichkeit verändert und aus „Stayin‘ Alive“ wird kurzerhand ein Klagelied auf die Gebrechen des Alters mit „Ha ha ha ha, alles ist steif“. Mit schwingendem Mikro huldigt Herbert Knebel den „Who“ mit „mein Jäneräischen“, die ohne Navi und Fabecook auskamen. Aufs Headbanging verzichtet er wohl aufgrund des fortgeschrittenen Frührentneralters und der fehlenden wallenden Mähne.

Er gibt alles bei David Bowies „ich tanz“, sogar mit kurz angedeutetem MoonWalk, denn tanzen kann der Diplom-Eintänzer aus Duisburg immer noch. Die Ehe: Sackgasse oder Irrtum. Hierbei scheiden sich die Geister der vier Musiker. Für Zündapp-Herby ist es jedoch die Gelegenheit, sich an seine ersten Treffen mit Guste zu erinnern.

Hören- und sehenswert sind auf alle Fälle die Hüftschwünge des vom scharfen Geschoss zur Kanonenkugel mutierten Ozzy Ostermann, der Roy Orbinsons „Schönes Froillein“ vom Golfplatz besingt. Gemeinsam mit dem Trainer, dem „King of the Bongos“ ist der verhinderte Weiberheld, der aus verkehrstechnischen Gründen die Kleinstadt Meinerzhagen meidet, unschlagbar.

Plötzlich ist es schon weit nach 22 Uhr, aber das Affentheater lässt sich nicht lumpen und gibt die geforderten Zugaben. Und dann erscheint Knebel. Im Goldtop, schwarzem Ledermini und wadenhohen Männersocken an perfekten Männerbeinen, wäre der „Private Tänzer“ ohne seine Kassenbrille glatt mit Tina Turner verwechselt worden. „Ich stink‘ wie die Pest“, ein Song aus seinem TTZ, dem Tina Turner Zyklus, überzeugt dann auch den letzten Zweifler. Tina Turner steht live vor uns und bringt den Saal zum Kochen.

Im weißen Bademantel verabschiedet sich Herbert Knebel dann schließlich als Udo Jürgens mit „einem Lied in Form von Musik“ von den restlos begeisterten Zuschauern.

Der Abend ging viel zu schnell zu Ende, aber die vier kommen sicher bald wieder nach Wulfen, den Weg dorthin kennen sie ja mittlerweile.

Die einheitliche Meinung der von mir befragten Gäste, die ausnahmslos das Affentheater bereits mehrfach gesehen haben: „Ein Besuch der Vorstellung lohnt sich immer!“.

„Ich freue mich auf die Vorstellung mit meinen Freunden“ (Michaela Höhse)

„Die Texte sind aus dem Leben gegriffen und gut verpackt“ (Martina Sickelmann

„Die vier verstehen ihr Handwerk“ (Rainer Sickelmann)

„Ich gehe jedes Mal gut gelaunt nach Hause“ (Gisela Krehenwinkel)

„Ich werde gemeinsam mit den vier Musikern älter, so lange kenne ich sie schon“ (Kerstin Prinz)

Text und Foto: Martina Jansen

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