Von Hundert auf null
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Von Hundert auf null
Leptospirose-Infektion aus der Lippe
Dass ein Bakterium Michael Weir so aus den Socken haut, damit hat er nicht gerechnet. Bis August war der 60-Jährige fit und stand mitten im Leben, doch dann landete er von jetzt auf gleich auf der Intensivstation. Schuld daran waren Nutrias, die gerade auch in Dorsten in Wassernähe immer häufiger vorkommen.
Nach einer Paddeltour auf der Lippe fühlte sich Michael unwohl, er bekam Magen- und Darmprobleme. Als es ihm kurz darauf jedoch besser ging, dachte der Wulfener nicht weiter daran. Eine Woche später kam die Infektion mit voller Wucht zurück, seine Haut wurde gelb und er hatte keine Kraft mehr aufzustehen. Erst nach gutem Zureden seiner Frau Marion, willigte Michael schließlich ein, den Rettungswagen zu rufen. „Zum Glück trafen wir in der Paracelsus-Klinik zufällig auf einen dunkelhäutigen Arzt, der diese Erkrankung, die ohne Behandlung zum Tode führt, aus südafrikanischen Ländern kennt“, freut sich Michael über diesen glücklichen Zufall, denn die Leptospirose ist in unseren Kreisen nicht allzu bekannt.
Foto oben rechts: Auch durch Tochter Sarah erhält Michael Weir die beste Pflege und Unterstützung
Auf der Isolierstation konnte Michael zwar noch nachvollziehen, wo er sich den Erreger wohl eingefangen hatte, dann aber fühlte er sich wie in seinem eigenen Film. Seine Organe versagten, die Hirnhäute entzündeten sich, eine Blutvergiftung entwickelte sich. Michael musste an die Dialyse und sein Herz wurde kurz angehalten. Eine fürchterliche Zeit für seine Frau und seine beiden Töchter. „Die Ärzte waren ehrlich zu uns und teilten uns mit, dass sie nicht wüssten, ob Micha überleben würde. Die Dialyse musste einfach anschlagen, der Erreger mussten aus dem Blut gewaschen werden, sonst gäbe es für Micha keine Rettung mehr“, erinnert sich Marion an die schrecklichste Zeit ihres Lebens und fährt fort: „Ich weiß nicht, wie ich sie ohne meine Kinder und meine Freunde überstanden hätte. Dass Michael nicht mehr gesund werden oder es nicht überleben könnte, das wollte ich einfach nicht wahrhaben.“ Doch dann kam nach einer Woche endlich die erlösende Nachricht: Michael war über den Berg und er würde auch wieder ganz gesund werden.
Dass ihr Mann nun viel Betreuung und Pflege braucht, das nimmt die Familie gerne in Kauf, sie wissen ja, dass es vorangeht. Da Sarah und Denice examinierte Krankenschwestern sind, erhält ihr Vater auch durch sie die nur denkbar beste Behandlung und Zuwendung.
Mühsam musste sich der Wulfener zurück ins Leben kämpfen: Laufen, sprechen, essen, all das musste er wieder neu lernen. Auch wenn er noch einige Zeit braucht, um wieder ganz fit zu werden, so hat dieses Erlebnis auch eine gute Seite: Die Familie ist noch enger zusammengewachsen. „Wir haben Demut gelernt“, erzählt mir Michael. „Gesund zu sein, ist nicht selbstverständlich. Es ist neben der Familie mit das wichtigste Geschenk, das uns das Leben bietet.“
Foto oben rechts: Eine Woche lang lag Michel Weir auf der Intensivstation
Die Leptospirose ist eine akut verlaufende Infektionskrankheit, die durch das Bakterium Leptospira interrogans hervorgerufen wird. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt in der Regel durch den direkten oder indirekten Kontakt (kontaminiertes Wasser, Schlamm) mit dem Urin erkrankter Ratten und Mäuse. (Quelle: Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.)
Foto oben rechts: Nutrias verbreiten die Infektionskrankheit Leptospirose
Text: Martina Jansen
Fotos: privat