Unsere Friedhöfe

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Unsere Friedhöfe

Orte der Trauer, der Besinnung und der Erinnerung

Der Friedhof ist der Ort, an dem wir trauern und mit unseren Verstorbenen Zwiegespräche führen können. Hier halten wir das Andenken an sie würdig aufrecht. Der Friedhof ist aber auch ein Stück Heimat, denn dort sind unsere Großeltern und Eltern beerdigt. Aber wirklich gerne hält sich dort kaum jemand auf.

Besonders auf Friedhöfen, umgeben von hohen und dichten Büschen und dunklen Ecken beschleicht uns oft ein mulmiges Gefühl. Offene Landschaften würden das Gefühl verhindern und Friedhöfe könnten somit auch Orte für die Lebenden werden. Denn sie sind Stätten der Begegnung, grüne Lebensräume und nicht zuletzt in unserer schnelllebigen Zeit, Oasen der Ruhe und Besinnung.
Die Gestaltung eines Friedhofes spiegelt unsere Bestattungskultur wieder. So vielfältig wie die verschiedenen Beisetzungsmöglichkeiten, so individuell sind auch die Orte der Erinnerung für jeden Hinterbliebenen. Bepflanzte und liebevoll gepflegte Familiengruften oder Gräber dominierten seit Hunderten Jahren diesen Ort und zeigten, dass die verstorbenen Familienmitglieder nicht vergessen sind.

Seit Jahren findet ein Wandel statt

Der Beisetzungsort ist mittlerweile jedoch nicht immer auch der Ort der Erinnerung. Tante „Elly“, die früher alle Gräber der Familie pflegte, ist nicht mehr da, Familien werden immer kleiner und wohnen weit voneinander entfernt. Vernachlässigte Gräber, ein Grab, das niemand besucht – ein schrecklicher Gedanke. Denn wer vergessen wird, erst der ist wirklich tot. Aber wer kann noch eine 30-jährige Grabpflege gewährleisten?

Anstelle der Gruften treten daher vielfach einheitlich aussehende Rasen- oder Reihenbestattungen. Pflegeleicht und anonym. „Bevor niemand mein Grab pflegt, wähle ich lieber eine anonyme Bestattung“, mögen Sie sich vielleicht denken. Aber wollen Sie das wirklich? Möchten Sie Ihren Angehörigen die Möglichkeit nehmen, vor Ihrem Grab zu trauern, Blumen niederzulegen? Möchten wir nicht lieber durch die angebrachten Namen unserer Lieben die Erinnerung an sie erhalten? Die Erkenntnis, dass dies keine gute Entscheidung war, kommt manchmal erst spät – zu spät.

„Wir sollten nicht namenlos von der Welt gehen“, bringt es Marcus Geismann vom gleichnamigen Bestattungsinstitut auf den Punkt. „Gut, dass wir heute andere Möglichkeiten haben. Wichtig ist vor allem, in der Familie miteinander über Bestattungswünsche zu sprechen, um Lösungen zu finden, mit denen alle gut leben können.“

Auch in unserer schnelllebigen Welt brauchen Trauer und Gedenken ihren Platz. Dass der Wunsch vorhanden ist, seinen verstorbenen Eltern oder Freunden einen Gruß zu überbringen, wird daran deutlich, dass jetzt zu Allerheiligen fast alle Ruhestätten mit brennenden Kerzen und Gestecken geschmückt sind.

Dennoch sind für viele Trauernde Gräber nicht mehr so wichtig, da es andere Formen der Erinnerung gibt. Trauer ist privat geworden. Auf Fotos und Videos ist der Verstorbene zuhause präsent, Begegnung und Austausch mit anderen findet oft auch im Internet statt. Daneben gibt es neue Trauerorte im öffentlichen Raum: Unfallorte mit Kreuzen an Straßen, Orte der Erinnerung und zugleich Mahnmal für die Lebenden.

Traditionen verschwinden

Wir leben in einer Zeit großer Veränderungen: Traditionen, die über Jahrhunderte prägend waren, verschwinden. Individualität und Selbstbestimmung spielen nun auch bei Bestattungen sowie Grabwahl und -gestaltung eine große Rolle. Der Wunsch ist da, die letzte Ruhestätte an die Wünsche oder Hobbys der Verstorbenen anzupassen. Warum also nicht mal ein Segelschiff als Grabstein zulassen?

Doch sind die Möglichkeiten der individuellen Grabgestaltung in der Friedhofsordnung oft nicht vorgesehen.

Vielleicht ist dies einer der Gründe für die zunehmenden Feuerbestattungen. Für Urnen gibt es verschiedene Möglichkeiten der Beisetzung. Bei Särgen gibt es sie nicht. So werden immer mehr Menschen unter Bäumen auf Friedhöfen, in Kolumbarien oder auch in Grabeskirchen beigesetzt. Auch Seebestattungen, das Verstreuen von Asche oder die Urnenbestattungen in Friedwäldern nehmen zu. Der Begriff „Friedwald“ ist positiv besetzt: Frieden, Wald, Natur, Ruhe – diese Begriffe fallen schnell in diesem Zusammenhang. Beim Friedhof dagegen stellen sich Bilder von trauernden, schwarz gekleideten Menschen ein.

Vielleicht müssen wir daher umdenken und ganz neue, individuelle Wege gehen. Friedhöfe sind weit mehr als reine Bestattungsorte, sie können auch gute Orte für die Lebenden sein und haben eine wichtige ökologische und klimatische Bedeutung.

Ein angenehmes Umfeld tut allen Besuchern gut: eine Bank zum Ausruhen, offene Flächen, Vogelgezwitscher. Es gibt gute Beispiele dafür, wie das gelingen kann mit mehr Gestaltungsfreiräumen, mit blühenden Gärten der Erinnerung, summenden Blumenwiesen oder vielleicht mit einem Begegnungscafé.

Auch der Digitalisierung dürfen sich Friedhofsbetreiber auf Dauer nicht verschließen. So könnten Drohnen die Beisetzung live ans andere Ende der Welt funken oder Webcams auf Omas Grab anzeigen, ob die Blumen schon verwelkt sind. Kostenloses WLAN bis zu Online-Portalen, die die Erinnerung digital aufrecht erhalten, sind ebenfalls denkbar.

Es liegt an uns, den Tod und damit auch den Friedhof in unser Leben zu integrieren. Machen Sie mit?

Text: Martina Jansen
Fotos: pixabay

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