Tschüss Schule – Hallo Zukunft
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Tschüss Schule – Hallo Zukunft
Wie geht es für Jugendliche nach dem Schulabschluss weiter?
Die beiden Ausbildungsbörsen in Dorsten, die BAM und die Börse in St. Ursula, finden coronabedingt dieses Jahr nicht statt. Dennoch suchen Ausbildungsbetriebe in Dorsten und Umgebung für das neue Ausbildungsjahr Auszubildende.
In diesem Jahr ist alles anders, das spüren auch Ausbildungsbetriebe und junge Menschen, die auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz sind. In den vergangenen Jahren konnten sich Unternehmen auf den sehr gut besuchten Ausbildungsbörsen in Dorsten präsentieren und den interessierten Schulabgängern direkt im Zweiergespräch Fragen zur Ausbildung beantworten. Diese Möglichkeit ist dieses Jahr leider nicht gegeben, Unternehmer und Azubis kommen dieses Jahr schlecht zusammen.
Schulabgänger sind gemeinsam mit ihren Eltern in diesem Jahr oftmals auf sich selbst gestellt, herauszufinden, wie es nach der 10. Klasse oder dem Abitur weitergeht. Weiterhin zur Schule gehen? Ein Studium beginnen? Oder doch lieber einen geeigneten Ausbildungsplatz finden. Aber welcher ist der geeignete Beruf? Klasseninterne Besuche bei diversen Einrichtungen, die die Jugendlichen informieren, fanden in diesem Jahr nicht statt, Jugendliche konnten dort nicht in diversen Eignungstests herausfinden, welche Berufe ihnen liegen könnten.
Der Ausbildungsstart hat sich in einigen Betrieben zeitlich um ein oder zwei Monate nach hinten verschoben, sodass auch jetzt noch Ausbildungsstellen frei sind.
Wie wichtig eine fundierte Ausbildung ist, steht sicher außer Frage. Sie ist Grundlage für einen guten Start in das Berufsleben. Ohne abgeschlossene Ausbildung wird es auf alle Fälle schwer, Jobangebote außerhalb von Hilfsarbeitertätigkeiten angeboten zu bekommen.
Die beliebtesten Berufe
Oben auf der Beliebtheitsskala stehen weiterhin die kaufmännischen Berufe Richtung Veranstaltung und Reisen, sowie Berufe im Gastrobereich. Gerade diese Branchen wissen coronabedingt momentan nicht, ob und wie es für sie weitergeht. Wer Existenzängste hat, denkt nicht daran, Auszubildende einzustellen. Dennoch wurden im Kreis Recklinghausen im Vergleich zum Vorjahr 22 Prozent mehr Ausbildungsstellen im Bereich der Veranstaltungstechnik und 13,6 Prozent mehr im Hotelgewerbe angeboten. Verlierer sind die Bereiche Gastronomie mit 28,6 Prozent, Werbung und Marketing mit 33,3 Prozent, der IT-Bereich mit 18,8 Prozent sowie Arzt- und Praxishilfe mit 8,8 Prozent. Ausbildungen in diesen beliebten Berufen sowie den kaufmännischen Berufen Richtung Management, Forschung, und Fitness, sowie Soziales liegen jedoch weiter stark im Trend und haben gute Zukunftschancen. Die digitale Welt hält immer mehr Einzug in den Berufsalltag. So werden Berufe rund um Pflege und Gesundheit in naher Zukunft anders aufgestellt sein, ebenso die Arbeiten in der Fitnessbranche. Auch das Reisen wird individueller und schafft so Platz für neue oder anders aussehende Ausbildungsberufe. Nicht durch künstliche Intelligenz ersetzt werden auch weiterhin Branchen, in denen es auf persönliche Fähigkeiten wie Menschenkenntnis oder Verhandlungsgeschick ankommt. Jedoch sind auch noch Laboranten und Berufe im technischen Bereich weiterhin gefragt.
Die Zahlen im Kreis Recklinghausen
Anzahl der Ausbildungssuchenden hat sich seit Juni 2018 stetig verringert. Von 4.585 gemeldeten Bewerbern im Kreis Recklinghausen seit Beginn des Berichtsjahres vom 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres, sind 2.909 Ausbildungsverhältnisse entstanden. 510 Bewerber haben eine Alternative gefunden, sodass 1.333 Ausbildungsstellen noch nicht besetzt werden konnten.
Die Zahl der gemeldeten Ausbildungsstellen im Kreis beläuft sich auf 2.648, von denen bis dato noch 1.241 Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben. In Dorsten waren es mit Stand Ende Juli laut Cordula Cebulla von der Arbeitsagentur Recklinghausen noch 194 freie Stellen. 153 Bewerber suchten noch eine Ausbildung, sodass auf jeden Ausbildungsplatzsuchenden statistisch 1,3 freie Ausbildungsstellen kommen.
Neben der dualen Ausbildung, bei der der Auszubildende neben seiner Praxiserfahrung im Ausbildungsbetrieb auch Zeit in der Berufsschule verbringt, gibt es noch zwei weitere Ausbildungsmöglichkeiten: die schulische Ausbildung auf einer der zahlreichen Berufskollegs oder das duale Studium, bei dem der Jugendliche parallel zu seiner Ausbildung ein Studium beginnt.
Welche Branchen sind die Beliebtesten für eine Ausbildung?
Bei männlichen Bewerbern im Kreis Recklinghausen steht im Ranking mit 234 Bewerbern nach wie vor eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker ganz oben, gefolgt von einer kaufmännischen Ausbildung im Bereich Büromanagement sowie Verkäufer im Einzelhandel mit je 134 Bewerbungen. Die Bewerberinnen bevorzugen, wie bereits im letzten Jahr, eine Bewerbung zur Medizinischen Fachangestellten mit 245 Anfragen und zur Verkäuferin mit 147 Bewerbungen. 142 junge Frauen bewarben sich um die Ausbildung zur Kauffrau Büromanagement.
So wie bei den männlichen Auszubildenden die Handwerksberufe wie KFZ-Mechatroniker, Elektroniker, Industriemechaniker sowie der Tischler wie auch im letzten Jahr, unter den Top 10 zu finden sind, taucht auch bei den Frauen in diesem Jahr in der Top 10 das Friseurhandwerk auf. Andere handwerkliche Berufe sind hier nicht gelistet.
Alle diese Ausbildungswünsche sind auch in der Top 10 der gemeldeten Ausbildungsstellen gelistet, sodass die Chance einen Ausbildungsberuf zu erlernen, den man sich gewünscht hat, groß ist.
Drei Fragen an Cordula Cebulla, Pressesprecherin Arbeitsagentur Kreis Recklinghausen
Frau Cebulla, hat sich die momentane Lage auf dem Ausbildungsmarkt durch die Corona-Einschränkungen verändert?
Corona ist wie ein Sturm über den Ausbildungsmarkt gezogen, hat aber glücklicherweise keine Langzeitschäden verursacht. Während in der Hochphase der Pandemie im April und Mai zwar in vielen Betrieben das Ausbildungsgeschäft stark heruntergefahren wurde, hat dies in den letzten Wochen wieder deutlich an Fahrt gewonnen und läuft nun fast genauso ab, wie in den letzten Jahren. Betriebe halten weiterhin an ihrer Ausbildungsbereitschaft fest, weil sie wissen, dass sie ihre Unternehmen nur dann in die Zukunft führen können, wenn sie frühzeitig junge und geeignete Fachkräfte heranziehen.
Werden den zukünftigen Auszubildenden momentan weniger Einstellungstests oder Praktika angeboten? Und haben sich dadurch die Auswahlkriterien der Betriebe geändert?
Es gibt Betriebe, die die Form ihrer Bewerbungsprozesse aufgrund von Corona verändert haben und jetzt mehr auf elektronischem Wege, wie zum Beispiel über Skype, abwickeln, z.B. Auswahlgespräche oder Einstellungstests. Die Bedeutung hat sich aber nicht verändert und deswegen ist es für junge Bewerberinnen und Bewerber wichtig, sich genauso sorgfältig auf diese Gespräche und Tests vorzubereiten und seriös aufzutreten. Dazu zählt nicht nur angemessene Kleidung, sondern auch ein vertrauter Umgang mit der Technik, Pünktlichkeit, ein vernünftiger Hintergrund und gute Beleuchtung. Mittlerweile bieten Betriebe auch wieder Praktika an, die unbedingt genutzt werden sollten, um sich ein Bild vom zukünftigen Job zu machen.
Wo können sich Schulabgänger in der momentanen Krise über mögliche Ausbildungsberufe oder Alternativen informieren?
Die gute Botschaft lautet: Aktuell ist noch sehr viel Bewegung auf dem Ausbildungsmarkt und die Möglichkeit auf einen Ausbildungsbeginn wird sich bis in den späten Herbst verlängern, das ist der positive Effekt von Corona. Rein statistisch ist die Lage für Bewerber optimal, denn jedem stehen 1,3 Stellen zur Verfügung. Das ist sogar deutlich besser als im letzten Jahr. Wer also jetzt noch keinen Ausbildungsvertrag in der Tasche hat, für den ist der Zug noch nicht abgefahren. Wichtig ist aber, sich schnellstmöglich mit der Berufsberatung in Verbindung zu setzen, um offene Ausbildungsstellen und sinnvolle Alternativen zu besprechen. Die Berufsberatung ist für alle Jugendlichen erreichbar unter 02361/402021 (Mo-Do 9-15 Uhr und Fr 9-12 Uhr) oder per E-Mail an Recklinghausen.Berufsberatung@arbeitsagentur.de
Vielen Dank Frau Cebulla, dass Sie sich die Zeit genommen haben, unsere Fragen zu beantworten.
Text: Martina Jansen
Fotos: Arbeitstagentur und adobestock