Trauern in Coronazeiten

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Trauern in Coronazeiten

Wenn der gemeinsame Abschied erschwert wird

Die Sterbebegleitung in Seniorenzentren ist oft nur mit einem Angehörigen möglich und auch nur dann, wenn es die Situation zulässt. Das alleine ist für die Trauernden natürlich schwer zu ertragen, hinzukommt jedoch noch, dass sie die oder den Verstorbenen nicht noch einmal sehen dürfen, wenn er mit dem Coronavirus infiziert war. Eine offene Aufbahrung ist hierbei oftmals nicht möglich.

Zu den eigenen Gefühlen, seinen Angehörigen alleine gelassen zu haben, kommt noch die Trauer über den Verlust des geliebten Menschen. Trauer und Abschied müssen nun generell neu organisiert werden. Trauernde können ihre Angehörigen nicht mehr gemeinsam mit dem Bestatter waschen und ankleiden, dürfen oftmals nicht mit in die Trauerhallen, nicht in die Kirche, nicht auf den Friedhof.
Personen, die zur Risikogruppe gehören, begleiten den verstorbenen Familienangehörigen oder Freund vorsichtshalber nicht auf seinem letzten Weg, sondern bleiben Zuhause. Auch aus Quarantänegründen dürfen nicht alle Familienmitglieder und Freunde dabei sein. „Dies ist eine unfassbar belastende Situation für alle Trauernden, wenn aufgrund der verschiedenen Vorgaben der jeweiligen Friedhofsträger die Familie entscheiden muss: Wen lade ich ein? Wer darf nicht erscheinen, weil sonst zu viele Personen in der Trauerhalle gleichzeitig anwesend wären“, weiß Marcus Geismann aus seiner Erfahrung als Bestatter. „Zeitweilig hielten wir im Sommer witterungsabhängig Trauerfeiern im Rahmen der Coronaschutzverordnung im Außenbereich vor der Trauerhalle ab“, fährt er fort. Auch Cornelia Grotehusmann-Feller ging, so gut es ihr möglich und es auch gestattet war, auf die Wünsche der Hinterbliebenen ein und gestaltete ebenfalls Trauerfeiern im ersten Lockdown im Freien, um einer größeren Anzahl Trauernder die Möglichkeit zu geben, bei der Beisetzung dabei zu sein. „Es ist uns sehr wichtig, dass wir trotz aller Beschränkungen eine würdevolle Trauerfeier und Beisetzung anbieten“, erklärt sie.

Foto oben rechts: Abschiednehmen ist zurzeit oftmals nur im kleinen Kreis gestattet

Aber auch für diejenigen, die zur Beerdigung kommen, sieht der Abschied anders aus: kein Umarmen, wenn der Halt fehlt, kein stummer Händedruck, wenn der Schmerz verbindet, kein gemeinsames Singen, wenn tröstende Worte fehlen.
Manche Hinterbliebenen planen daher, in den Monaten nach der Beerdigung eine Trauerfeier im größeren Kreis zu zelebrieren. Ein frühes gemeinsames Abschiednehmen mit der Familie, mit Freunden, gehört jedoch für viele zur Trauer ebenso dazu wie der anschließende Leichenschmaus, bei dem man sich an die verstorbene Person erinnert. Insbesondere dann, wenn sich die oder der Verstorbene eine große Beerdigung gewünscht hat.
Vielfach verschieben Angehörige die Beisetzung auch auf einen späteren Zeitpunkt in der Hoffnung, dass es dann möglich sein wird, auch in größerer Runde gemeinsam auf dem Friedhof Abschied zu nehmen. Da in NRW eine Beisetzung im Sarg oder die Einäscherung spätestens zehn Tage nach dem Tode erfolgen muss, entscheiden sich Angehörige nun möglicherweise eher für eine Feuerbestattung. Eine Urne kann noch sechs Wochen nach Einäscherung beigesetzt werden. Auf diese Weise kann auch der Wunsch einiger Verstorbener auf eine große Trauerfeier vielleicht doch noch erfüllt werden. In der Zeit bis dahin könnte das Bemalen oder Verzieren der Urne helfen, den Tod zu begreifen.
Welchen Zeitraum der Beisetzung man wählt, ist individuell, hier gibt es kein „falsch“ und auch kein „richtig“, aber je länger man wartet, umso schwieriger wird möglicherweise der Trauerprozess.

Haben Sie sich für eine zeitnahe Beisetzung entschieden, fallen wie beschrieben momentan die tröstenden Rituale am offenen Grab größtenteils weg, dennoch gibt es Möglichkeiten, zusammen zu trauern und sich Trost zu spenden, ohne körperlich anwesend zu sein. Fühlen Sie sich verbunden mit ihren Angehörigen und Freunden, die nicht bei der Beerdigung anwesend sein können. Lassen Sie sie dabei sein, indem Sie in ihrem Namen einen Brief, eine Abschiedsrede vorlesen oder deren Brief oder andere Erinnerungen mit ins Grab geben. Zünden Sie in zeitgleich eine Kerze an, hören dasselbe Lied, das auch am Grab gespielt wird oder beten Sie gemeinsam für die oder den Verstorbenen.
Auch in Seniorenheimen oder Krankenhäusern stellen sich Schwestern und Pfleger auf die geänderte Situation ein und finden Möglichkeiten, sterbende Bewohner oder Patienten nicht alleine zu lassen. So richten sie Grüße aus, übermitteln digitale Nachrichten auf Handys oder Tabletts oder machen Fotos, die sie verschicken. Auch einige letzte Fotos sind darunter, um den Hinterbliebenen die Möglichkeit zu geben, ihren mit dem Coronavirus infizierten Verstorbenen noch einmal zu sehen.
Darüber hinaus können Beerdigungen oder Trauerfeiern auch per Live-Stream übertragen oder auf Video aufgenommen werden, digitale Gedenkseiten mit Kondolenzbüchern erstellt werden oder im Netz digitale Kerzen angezündet werden. Durch Live-Übertragungen können sich diejenigen, die nicht dabei sein können, direkt zuschalten, mitsingen, Fürbitten halten oder auch beten.

Auch in Zeiten, in denen man sich an die Coronaschutzverordnung halten muss, ist mit etwas Kreativität dennoch ein gemeinsames Abschiednehmen möglich.  

Text: Martina Jansen
Fotos: adobestock

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