Stadtteilserie Altstadt

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

In der heutigen Ausgabe unserer Stadtteilserie legen wir den Fokus auf unsere Innenstadt.

Inmitten vier Dorstener Stadtteilen sowie der Nachbarstadt Marl liegt Dorstens flächenmäßig kleinster Stadtteil touristisch schön gelegen an Kanal und Lippe. Aber auch kulturell und gastronomisch hat die Altstadt einiges zu bieten.
Wir wünschen Ihnen viel Spaß mit dem letzten Teil unserer Stadtteilserie – Ihr Team der Lokallust Dorsten.

Die kleine Hansestadt an der Lippe
Unsere Altstadt ist das Zentrum des Dorstener Einzelhandels und der Gastronomie. Dennoch gibt es neben zahlreichen Geschäften, kleinen Restaurants und Cafés noch reichlich Grün rundum die Innenstadt. So laden der Fußweg am Westgraben wie auch Lippe und der Wesel-Datteln-Kanal zum Bummeln und Relaxen direkt im Anschluss an eine ausgiebige Shoppingtour ein. Nehmen Sie sich die Zeit, setzen sich auf eine der am Kanalufer stehende Bänke oder auch direkt an den Deich und sehen sie den vorbeiziehenden Booten auf dem Kanal oder den Kanus auf der Lippe zu.

Das Jüdische Museum
Das Jüdische Museum Westfalen entstand aus der Idee einer Bürgerinitiative sowie der Forschungsgruppe “Dorsten unterm Hakenkreuz” heraus und wurde 1992 ehrenamtlich vom „Verein für jüdische Geschichte und Religion e. V.“ eröffnet. Seit 2001 befindet sich das renovierte Museum am Rande der Altstadt gegenüber der Grabenanlage. In der 300 Quadratmeter großen Dauerausstellungsfläche sowie den Wechselausstellungen bekommen Besucher anhand von Exponaten aus Alltag, Kunst und Kultur sowie Dokumenten und Schriftstücken aus der Geschichte des deutschen Judentums visuell als auch akustisch einen Einblick in die jüdische Kultur, ihre Religion und ihre Feste in Westfalen. Anhand von 14 Biografien werden hier 700 Jahre jüdische Geschichte lebendig. Neben der Ausstellung gegen das Vergessen finden regelmäßig Vorträge und kulturelle Veranstaltungen statt. Ein Vortrags- und Bildungsangebot für Erwachsene und ein museumspädagogisches Programm für Kinder und Jugendliche sowie eine kleine Fachbibliothek runden das Angebot ab.
www.jmw-dorsten.de

Foto oben rechts: Das Jüdische Museum Westfalen hält die jüdische Geschichte lebendig

Die Geschichte
Um den Hof Bergkamp herum, der im 8. Jahrhundert entstand, siedelten sich sechs weitere Höfe mit dem Namen „Durstina“ sowie „Durstionon“ als kleine Siedlung an der Lippe an. 1175 wurde sie eigenständig und gab später unserer kleinen Hansestadt, der 1251 die Stadtrechte verliehen wurde, ihren Namen. Somit gehörte Dorsten schon damals zum „Vest Recklinghausen“. Zur Sicherung der Stadt wurden im Jahre 1260 rund um das Zentrum Graben- und Erdwallanlagen errichtet, ab 1334 entstanden dann die Stadtmauern mit den drei Stadttoren, Essener Tor im Süden, Recklinghäuser Tor im Osten und Lippetor im Norden. Teile der drei Gräben sind heute noch in der Altstadt in den Straßen Südgraben, Ostgraben und Westgraben zu erkennen. Auch zwei Wehrtürme am Westgraben sind erhalten geblieben. Eines davon dient heute als Kriegerdenkmal.

Durch die günstige Lage an der schiffbaren Lippe florierten der Holzhandel sowie der Schiffbau. Die Schiffbauerstraße ist noch ein alter Zeuge aus dieser Zeit. Immer mehr Menschen suchten aus den umliegenden Dörfern Schutz in der Stadt, Dorsten wuchs stetig an und wurde die reichste Stadt im Vest, erlitt jedoch im Dreißigjährigen Krieg einen starken finanziellen Einbruch. Bis ins 18. Jahrhundert hinein wurde Dorsten immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen hineingezogen und belagert, bis es 1816 endgültig preußisch wurde und dem Kreis Recklinghausen mit eigener Bürgermeisterei angehörte. Der Bau der Bahnlinie im Jahre 1852 sorgte schließlich dafür, dass Dorsten wieder erblühte. 1937 wurde die Altstadt ins Amt Hervest-Dorsten eingegliedert, welches 1929 durch Zusammenlegung der Ämter Lembeck und Schermbeck entstand und 1975 aufgelöst wurde.

Foto oben rechts: Die neu gestalteten Wassergräben am Platz der Deutschen Einheit, im Hintergrund die evangelische Johanneskirche

Die Religion
Sowohl die Franziskaner als auch die Ursulinen sind mit der Dorstener Geschichte fest verankert. Bereits 1488 gründeten die Franziskaner in der Altstadt ihr Konvent, 154 Jahre später, im Jahre 1642, erbauten die Pater das Gymnasium Petrinum. Das Kloster in der Altstadt zählt heute zu den ältesten Franziskanerklöstern. Seine Geschichte ist auf der ersten Geschichtsstation der Stadt Dorsten in mehreren Sprachen nachzulesen. Weitere 44 Stationen, die ab 2001 unter anderem unter Beteiligung der VHS, der Lions Dorsten-Hanse, der Stadt Dorsten sowie Dr. Josef Ulfkotte mit seinen damaligen Schülern des Gymnasiums Petrinum nach und nach entstanden sind, stehen übers ganze Stadtgebiet verteilt. So findet sich auch die Geschichte der Ursulinen auf der 21. Station wieder. Hier erfährt der interessierte Betrachter, dass sich vier Nonnen 1699 in der Altstadt niederließen und eine Mädchenschule mit Internat errichteten. Daraus entstanden das heutige Gymnasium sowie die Realschule St. Ursula.

Aber auch die Kirchen in der Innenstadt blicken auf eine lange Geschichte zurück. Im 13. Jahrhundert wurde die St. Agatha-Kirche erbaut und mehrfach um- und wieder aufgebaut. Zu Markttagen erklingt regelmäßig aus der unter Denkmalschutz stehenden Kirche Orgelmusik, organisiert und teilweise vorgetragen vom Kantor Dr. Hans-Jakob Gerlings.
Die Johanneskirche entstand 1890 als erste evangelische Kirche in der 1853 neu gegründeten evangelischen Gemeinde in Dorsten, die 1961 in den Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop eingegliedert wird. 1973 wird die Johanneskirche renoviert, wobei Schwester Paula den Altar, das Taufbecken sowie die Kanzel künstlerisch gestaltete. Die Kirche steht unmittelbar vor den neu gestalteten Wassergräben am Platz der Deutschen Einheit, die den Besucher der Innenstadt zum Verweilen einladen.

134 Jahre lang, von 1808 bis 1942, lebten auch jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger in der Altstadt. Dorsten war Kopf der Synagogengemeinde, die auch die Gläubige der Städte Gelsenkirchen-Buer und Horst, Marl, Gladbeck und Bottrop umfasste. Ihre Synagoge stand damals in der Wiesenstraße.   

Foto oben rechts: Das Franziskanerkloster in der Innenstadt

Die Altstadtschützen
Dafür, dass die Bürger den Schutz der Städte in Anspruch nehmen konnten, wurde im Gegenzug von den Männern erwartet, dass sie die Stadt auch im Falle eines Angriffs verteidigen würden. Die Schützen der Dorstener Bürgerwehr trafen sich zu diesem Zweck zu regelmäßigen Schießübungen und wurden erstmals 1464 bei einer großen Prozession erwähnt. 34 Jahre später wurde das erste Vogelschießen dokumentiert. Die eigentliche Aufgabe der Bürgerwehr verschwand, geblieben sind die Traditionen des ältesten Schützenvereins Dorstens. „In den letzten 15 bis 20 Jahren fand ein Wechsel im Vorstand statt und wird kontinuierlich fortgeführt, was dem Verein guttat“, erwähnt Henrik Schulze-Oechtering, Oberst der Altstadtschützen. „Die jungen Leute dort profitieren nun von den Erfahrungen der alten Garde, sie bringen auch frischen Wind in den Verein“, fährt er fort. Die Schützen haben aber nicht nur „das Hütchen auf“, sondern sind stark in der Stadtgesellschaft verankert. So engagieren sie sich ehrenamtlich und gestalten beispielsweise das jährliche Marktfrühstück im Schatten der St. Agatha-Kirche mit oder pflegen das Schölzbachtal sowie die Brunnenanlage am Essener Tor, welches ein echtes Schmuckstück geworden ist, wie Citymanager Christoph Krafczyk im Gespräch lobend erwähnt.
www.altstadt-schuetzen.de

Foto oben rechts: Die Schützenparade vor historischer Kulisse auf dem Dorstener Marktplatz

Der Marktplatz
„Das Schmuckstück Dorstens“, „unsere gute Stube“ oder schlicht „der Marktplatz“: Gemeint ist damit stets der kulturelle und gastronomische Treffpunkt rund um das Alte Rathaus und der St. Agatha-Kirche. Ob Hochzeiten in der ehemaligen Stadtwaage oder große Stadtfeste, der Marktplatz ist fürs Feiern bestens geeignet, wie die hohen Besucherzahlen Jahr für Jahr zeigen. Aber auch außerhalb der großen Feste ist der Marktplatz einen Ausflug wert. Hier gibt es alles, was der Dorstener braucht und dennoch ist die Innenstadt keine Betonwüste. Ihren Charme hat sie nicht verloren. Dazu tragen die kleinen Gassen genauso bei wie der Grüngürtel um die Innenstadt herum oder das maritime Erlebnis an Lippe und Kanal.

Zwei Brunnen fallen beziehungsweise fielen Besuchern in der Innenstadt besonders ins Auge. Den von Tisa von Schulenburg gestalteten und zurzeit abgebauten Brunnen kennt wohl jeder Dorstener. 1962 von der Künstlerin und Ehrenbürgerin Dorstens entworfen, erzählt er Dorstens Geschichte in Bildern und Schriften und erinnert gleichzeitig an die Opfer des Krieges und der Nazi-Verfolgung. Auch der zweite Brunnen, der Stirnbergbrunnen, zeigt Szenen der Dorstener Geschichte wie die Verteidigung der Stadt durch die damaligen Bürgerinnen oder den Bezug der Stadt zum Bergbau und dem Schiffbau.

Foto oben rechts: Unser Altes Rathaus am Marktplatz steht direkt vor der St. Agatha-Kirche

Wir machen MITte
Gerade neu gestaltet ist die Fußgängerzone ein richtiges Schmuckstück geworden, das auch Käufer aus umliegenden Städten anzieht. „Wir sind froh und stolz, dass wir mit dem Umbau gut und zügig vorangekommen sind“, freut sich Christoph Krafczyk vom Citymanagement.
„Der Umbau war längst fällig, denn die Innenstadt ist in die Jahre gekommen und genügte den heutigen Ansprüchen an eine Einkaufs- und Flaniermeile nicht mehr“, fährt er fort. Die Mitarbeiter des Stadtteilbüros „Wir machen MITte“ unterstützen die städtische Stadtplanungsabteilung seit 2016, sind direkt vor Ort und suchen den Kontakt zu den Dorstenern.

Foto rechts: Christoph Krafczyk, Citymanagement der Stadt Dorsten

Unter der Federführung von Bernd Lehmann suchte die Stadtplanungsabteilung zwischen 2014 und 2016 nach konkreten Maßnahmen und Entwicklungsperspektiven für die Innenstadt und fasste dabei etwa 40 Projekte im Innenstadtentwicklungskonzept zusammen. Einige davon wurden bereits umgesetzt wie die Neugestaltung des Georgplatzes, andere sind noch im Bau, wie beispielsweise der Bürgerpark Maria Lindenhof und das Petrinum-Umfeld.
Bei allen Projekten eingebunden sind stets neben der Stadt auch die Bürger sowie die Kauf- und Marktleute, wie Bernd Lehmann, Leiter des Stadtplanungsamtes der Stadtplanungsabteilung betont. „Auf diese Weise wurden Projekte umgesetzt, die die Wünsche der Bürgerinnen und Bürger beachten, aber auch die Innenstadt voll funktionsfähig und lebhaft erhalten“, fährt er fort.

Foto rechts: Bernd Lehmann, Leiter des Stadtplanungsamtes

Dass Dorsten eine Bürgerkommune mit starkem ehrenamtlichen Engagement ist, wird auch deutlich an der Bahnhofsfamilie. Sie begleitet das Projekt „Bahnhofsumbau“, welches 2022 beendet sein wird und dann als Servicepoint Bürgerbahnhof mit Gastronomie von der Dorstener Arbeit betrieben werden kann. „Der Bahnhofsumbau ist eines der größten Projekte, die in den nächsten Jahren in Dorsten umgesetzt werden“, erwähnt Bernd Lehmann, bevor Christoph Krafczyk die gute Zusammenarbeit mit Versorgungsunternehmen lobt, die im Zuge des Umbaus der Innenstadt und auch an der Klosterstraße ihre Versorgungsleitungen im Untergrund gleich miterneuerten.“
www.wirmachenmitte.de

Foto oben rechts: Die Visualisierung zeigt, wie das Bahnhofsumfeld später aussehen könnte

Infrastruktur
Inhabergeführte kleine Läden wechseln sich mit großen Filialen ab, Cafés und Restaurants bieten Möglichkeiten zum Sehen und Gesehen werden. Hier gibt es alles, was der Dorstener braucht und dennoch hat die Innenstadt ihren Charme nicht verloren. Das Stadtarchiv, die Volkshochschule und die Stadtbücherei sind zentral gelegen und werden dem kulturellen Anspruch der Dorstener gerecht. Auch verkehrstechnisch ist Dorsten recht gut aufgestellt. Ob mit dem Auto, dem Bus oder der Bahn oder auf dem Wasser, das Verkehrsnetz innerhalb Dorstens, aber auch in die umliegenden Städte hinein ist gut ausgebaut.   

Das Wappen
Das Wappen der Altstadt ist auch das allgemeine Wappen Dorstens. Es zeigt ein schwarzes Hochkreuz auf einer silbernen Fläche, die die Lippe darstellen soll. Der goldene Schlüssel innerhalb des Kreuzes ist ein Symbol für den Patron des Erzbistums Köln, den Hl. Petrus.

Eckpunkte der Geschichte
1251: Erteilung der Stadtrechte
1275: Errichtung der Münzstätte „Dorstener Pfennige“
13. Jahrhundert: Bau der St. Agatha-Kirche
14. Jahrhundert Mitglied der Hanse
1487: Gründung des Bürgerschützenvereins
1488: Gründung des Franziskanerklosters
1567: Bau der Stadtwaage, des späteren Rathauses
1642: Bau des Gymnasiums Petrinum
1699: Gründung des Ursulinenklosters
1852: Bau der Eisenbahnlinie
1890: Bau der Johanniskirche
1931: Eröffnung des Wesel-Datteln-Kanals
1937: Eingliederung ins Amt Hervest-Dorsten
1951: Neubau der Agatha-Kirche
1978: Ausbau zur Fußgängerzone
1992: Eröffnung des Jüdischen Museums
2020: Umbau der Innenstadt

Daten
GPS Koordinaten: 51° 39' 37.127" N     6° 57' 53.716" E
Fläche gesamt 115,42 ha, Wohnfläche 21,51 ha, Industrie- und Gewerbefläche 30,8 ha
Schulen: St. Agatha, katholische Grundschule, Gymnasium Petrinum, Gymnasium St. Agatha
Kindergärten: Katholische KiTa St. Agatha
Kirchen: Katholische Pfarrei St. Agatha, Evangelische Kirchengemeinde Dorsten
Einwohner: 4296

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak, Guido Bludau, Stadt Dorsten. Visualisierung: Wir machen MITte
Quelle: Stadt Dorsten, Wikipedia, www.laengengrad-breitengrad.de

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