Schnieke macht sich fein
von Martina Jansen
Schnieke macht sich fein
Ursula Suttrop behauptet von sich selbst, etwas verrückt zu sein. Das würde sich oft in den Charakteren der Bären widerspiegeln. So entstand für Freunde des schwarzen Humors ein ganz ungewöhnlicher Teddy: Der Bestatter.
Normalerweise erhält ein neuer Bär seinen Namen, seinen Beruf und damit seine Geschichte erst, nachdem er ein Gesicht und Ohren bekommen hat. Bis kurz vor diesem Zeitpunkt sehen alle Bären noch gleich aus, dann aber entscheidet Ursula Suttrop spontan: Du heißt Püüf, Heike oder Puschel; du bist ein Nachtwächter, ein Harlekin und du eine Prinzessin. Heute ist es anders: Da sich eine Redakteurin angekündigt hat, um eine Lesegeschichte über die Pauli Bären zu schreiben, wird heute Schnieke „geboren“. Und er macht seinem Namen alle Ehre: Mit gelber hoher Mütze und einem hellen Frack, sieht er schon sehr schick aus. Speziell für diesen Tag angefertigt hat ihn die 57-Jährige, die bereits seit 15 Jahren immer wieder neue Bären entwirft.
Angefangen hat es auf der Hardt beim Hundespaziergang mit einer Nachbarin. Im Gespräch verabredeten sich die beiden Frauen zu einem Teddy-Nähkurs. Der große Bär, der dabei entstanden ist, ziert immer noch das Wohnzimmer der Familie Suttrop. Die Herstellung des Bären gefiel Ursula Suttrop ganz besonders. Seitdem näht die Mutter von fünf Kindern Bären – und näht und näht und näht. „Ursula heißt auf lateinisch ‚Kleine Bärin‘. Da ist es ja quasi vorbestimmt, dass ich Bären nähen muss“, findet sie eine Erklärung für ihr Hobby und ergänzt: „Nähen beruhigt mich, ich nähe mich quasi jeden Tag runter.“ Und so sehen dann auch ihre Nadeln aus: Krumm gebogen durch das tägliche Nähen per Hand. „Aber damit schaffe ich die Arbeit am schnellsten, mit einer neuen Nadel steche ich mich nur andauernd.“
Foto oben rechts: Ursula Suttrop präsentiert ihren neuen Bären: "Schnieke"
Die seit dem Nähkurs neu dazugekommenen 4000 Bären, anfangs noch in allen erdenklichen Größen, mussten sich, im Gegensatz zum allerersten selbst genähten Teddy, ein anderes Zuhause suchen. Sie verkaufte die gebürtige Hervesterin auf dem Schermbecker Weihnachtsmarkt, mittlerweile ist sie jedoch Topverkäuferin bei ebay. „Pauli Bären“ ist eine eingetragene Marke, Ursula Suttrop hat sie am 2. April 2008 patentieren lassen. Sie bestehen aus einer bestimmten Wolle und besonderen Fellen und sind gefüllt mit Stahlgranulat, so stehen oder sitzen sie von alleine.
Lange bleiben die Bären jedoch nicht bei ihr zu Hause. Kaum sind sie fertig, gehen sie auch schon wieder auf die Reise. Versehen mit einem kleinen Kärtchen, auf dem Namen, „Geburtsdatum“ und Entstehungsgeschichte vermerkt sind, treten die kleinen Teddys ihre Fahrt zu den neuen Besitzern an. Schweiz. Österreich, Dänemark, Italien – Bärenliebhaber quer durch Europa lieben und kaufen die Bären der gebürtigen Hervesterin. Selbst zu einem Ehepaar aus Australien reisen die Pauli Bären regelmäßig. An die 500 Teddys haben Klaus und Gael Maier wohl in ihrem Haus auf dem fünften Kontinent verteilt.
Dort befindet sich unter anderem auch die „St. Pauli Bear School“, die Klaus Maier eigenhändig für seine Frau angefertigt hat. Die Bärenschüler Stacey, Tammi, Mix und Jim dagegen stammen aus den Händen von Ursula Suttrop. Der „BärReport“, eine der bekanntesten Bärenzeitschriften, widmete der Teddyliebhaberin aus Down Under, die seit 40 Jahren Teddybären sammelt, im Jahr 2013 einen zweiseitigen Bericht. Dort sind auch die Miniaturbärchen der Dorstener Bärenkünstlerin Ursula Suttrop abgebildet.
Foto oben rechts: Auch Freunde des schwarzen Humors finden im Bestatter den passenden Bären
Seit der ersten Bestellung vor vier Jahren hat sich zwischen Ursula Suttrop und Gael Maier ein reger Mailkontakt entwickelt. Die Krönung dieser Brieffreundschaft war ein Besuch des australischen Ehepaares anlässlich einer Deutschlandreise bei Familie Suttrop in Deutschland.
Sonderwünsche erfüllt „die kleine Bärin“ gerne, sofern sie machbar sind. Eine Bestellung musste sie allerdings ablehnen. Die Materialien für den langen Bart Gandalfs, der Hauptfigur aus J. R. R. Tolkiens: „Der kleine Hobbit“ und dem Roman „Der Herr der Ringe“ konnte Ursula Suttrop ebenso wenig besorgen, wie die speziellen Kleiderstoffe. Dass die „Bärenmutter“ mal keine Materialien zur Verfügung hat, geschieht allerdings sehr selten, deckt sie sich doch regelmäßig im Oktober auf der Fachmesse in Essen sowie bei der „Teddy Total“ in Münster reichlich ein.
Selber ausstellen möchte sie dort nicht. Aber Ursula Suttrop überlegt, ob sie dieses Jahr auf dem Altendorfer Weihnachtsmarkt ihre kleinen Bären präsentieren soll.
Und wer weiß, vielleicht erblickt ja dann gerade zur Weihnachtszeit und zu Ehren Ihres Besuches, lieber Leser, liebe Leserin, eine Frau Schnieke das Licht der Welt.
Foto oben rechts: Aus je 19 Einzelteilen fertigt Ursula Suttrop ihre Pauli Bären
Text: Martina Jansen
Fotos: Margot Aldenhoff