Müllfrei Dorsten

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Müllfrei Dorsten

Handys, Pistolen und mehr

12 Personen, zwei Stunden, 231,13 Kilo Müll. 230 Kilo Müll, das ist die Menge, die ehrenamtliche Dorstener Anfang Februar in einem begrenzten Umkreis der Eisenbahnbrücke am Kanal in kurzer Zeit gesammelt haben und über die fast jeder von uns verständnislos den Kopf schüttelt.

„Beim Spazierengehen mit meiner Frau sah ich unter den Büschen extrem viel Müll liegen, das ging mir nicht mehr aus dem Kopf“, erzählt Nils Huxoll. „Beim nächsten Mal sammelten Sonja und ich ihn auf, aber wir merkten schnell, dass wir die Mengen an Unrat nicht alleine beseitigen können.“ Er suchte Gleichgesinnte, erzählte Bekannten davon und gründete in den sozialen Medien die Gruppe „Müllfrei Dorsten“.
Seitdem treffen sich umweltbewusste Dorstener jeglichen Alters sonntags und sammeln das, was gedankenlos, aber auch bewusst in der Natur entsorgt wird. Pia Olschewski ist seit Kurzen auch mit dabei, wenn es darum geht, die Hinterlassenschaften anderer Menschen zu beseitigen. „Ich ärgere mich jedes Mal über das fehlende Umweltbewusstsein mancher Spaziergänger. Und ich frage mich besonders, wo der Sinn darin liegt, ein Auto vollzuladen, in einer Nacht- und Nebelaktion in den Wald zu fahren und dort ein kaputtes Waschbecken, einen alten Kühlschrank oder tütenweise gelben Verpackungsmüll abzustellen.“

Foto oben rechts: Die ehrenamtlichen Müllsammler aus Dorsten

Die meisten der ausrangierten Teile können im Betriebshof kostenlos abgegeben werden, dennoch sind die Wälder voll davon.
Die Fundsachen am heutigen Sammelort stammen augenscheinlich größtenteils von „Kanalgrillern“, von denen einige ihren Abfall frei nach dem Motto „nach mir die Sintflut“ liegenlassen: „Fleisch, das nicht mehr gegrillt wurde, Getränkedosen aller Art und auch leider sehr viel Alufolie“, zählen die engagierten Naturschützer auf. Alufolie, die bereits eine Zeit lang in der Erde liegt, lässt sich nicht so einfach aufheben, da sie zerbröselt. „Da graben wir manchmal bis zu einer halben Stunde, um sie einigermaßen ‚unbeschadet‘ aus der Erde zu bekommen“, erzählt Franziska Zehrmann.

Christian Sklenak, Dorstener Verantwortlicher und Fotograf der Lokallust, fand die ganze Aktion sowie die Gespräche mit den Müllsammlerinnen und -sammlern so interessant, dass er letztendlich nicht nur fotografierte, sondern die gesamten zwei Stunden mit ihnen mitging. So konnte er sehen, dass neben den ganzen Flaschen und jeder Menge Plastikmüll auch eine Matratze, ein schon halb in der Erde versunkener Kinderfahrradsitz, Modell 1970er-Jahre oder Getränkedosen mit dem Herstellungsdatum aus dem Jahre 2000 gefunden wurden. Auch eine Pistole sowie ein 50-Euro-Schein wurden an diesem Sonntag aus dem Gebüsch geholt.
„Manche Teile sehen aus wie gerade erst weggeworfen, dabei liegen sie hier schon ein paar Jahre“, bemerkt Lukas. Nachdem die Mutter des 16-Jährigen einen Bericht über die Dorstener Müllsammler in Radio Vest gehört hatte, sprach sie ihren Sohn darauf an. Und da Lukas oft Müll einsammelte, wenn er von der Schule nach Hause kam, war es für ihn kein Thema, auch hier mitzuhelfen.

Im Anschluss an ihre Sammelaktionen fotografieren die Ehrenamtler ihre „Schätze“ und stellen sie online. Damit möchten sie zeigen, wie groß der Müllberg ist und auch damit das Umweltbewusstsein schärfen. Diese Säcke holt der Entsorgungsbetrieb ebenso wie große Teile, die die Dorstenerinnen und Dorstener nicht tragen können, ab.
Der weggeworfene Unrat schadet durch Giftstoffe beispielsweise in Asbest nicht nur der Flora, auch die Tierwelt leidet darunter. Igel oder Eichhörnchen verfangen sich mit ihrem Hals in Plastikdosen, wachsen und schnüren sich so mit der Zeit die Luft selbst ab. Auch knabbern Nagetiere Limonadenpäckchen an, um an den süßen Inhalt zu kommen und so landet leider auch das Aluminium der Innenverkleidung in ihren Mägen.

Der jeweilige Treffpunkt bzw. das Sammelgebiet werden in den sozialen Medien bekannt gegeben. Wer mag, kann gerne dazukommen und mithelfen.

Foto oben rechts: Nils Huxoll

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak

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