Mehr als nur ein Paradiesvogel

von Martina Jansen

Mehr als nur ein Paradiesvogel

Ursel Kipp ist ein Dorstener Original

Sie ist wohl eine der schillerndsten Figuren Dorstens: Ursel Kipp.
„Bunt“, „selbstbewusst“, „kreativ“, „unkonventionell“,“ jung geblieben“, „anders“ - die Adjektive gehen nicht aus, fragt man Dorstener Bürger nach der Barkenbergerin.
Älteren Schülern der Gesamtschule Wulfen ist Ursel Kipp sicher als Deutsch- und Kunstlehrerin in Erinnerung geblieben. Ihr haben sie es zu verdanken, dass das Fach „Darstellen und Gestalten“ neu in den Wahlpflichtbereich der Gesamtschulen aufgenommen wurde. Von der Idee bis zur Realisierung dieses Schulfaches in den Unterrichtsalltag vergingen zwar noch stolze zehn Jahre, dennoch konnte Ursel Kipp bis zu ihrer Pensionierung im Jahre 2000 verfolgen, wie ihr Projekt umgesetzt wurde. Ganz aus den Augen verlor sie ihre Idee jedoch auch später nicht – sie beriet noch einige Jahre verschiedene Schulen, um nicht abrupt, sondern langsam aus ihrem Berufsleben auszuscheiden. Zusätzlich bildete sie an der Akademie in Remscheid Lehrer und Lehrerinnen in diesem Unterrichtsfach aus.

Foto oben rechts: Ursel Kipp, ein Dorstener Original

„Ich wollte aber auch einfach mal wieder etwas für mich tun“. Mit diesem Gedanken bewarb sich Ursel Kipp 2009 für ein Gesangscasting. Gesucht wurden Menschen mit Ausstrahlung und Bühnenpräsenz, die aber natürlich auch singen können. Das Besondere an diesem Chor ist das Alter der Aktiven: Unter 60 Jahren geht hier nichts. Aus 300 Bewerbungen wurden schließlich 60 Sänger und Sängerinnen ausgewählt und der Chor „German Silver Singers“ wurde gegründet. Gefördert wird dieses Projekt unter anderem von Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen, geleitet wird der Chor von Volker Buchloh, dem Leiter der städtischen Musikschule und des städtischen Kulturbüros Oberhausen.

Ursel Kipp ist dabeigeblieben und ist mittlerweile Vorsitzende des Chores. „Neue Mitglieder sind uns immer willkommen und können gerne auf zwei Schnupperproben mit uns mitsingen“, spricht sie auch für die anderen Chormitglieder. „Wir proben dienstags von 10 bis 13 Uhr im ChorForum Essen. Vorab informieren kann man sich auf unserer Homepage www.german-silver-singers.de.“  
Der nächste größere Auftritt findet am 10. Juni 2017 beim Dorstener Chorfestival statt. Geprobt wird zwei Tage vorher mit Bewohnern des  evangelischen Altenzentrums Maria Lindenhof.

Bühnenerfahrung haben die „Silver Singers“ ja bereits, wurden sie doch im September 2012 zur RTL Castingshow „Das Supertalent“ eingeladen.
An die letzte Etappe, bevor man auf die Bühne kommt, erinnert sich die mittlerweile 79-Jährige noch sehr gut: “ Wir waren mit 32 Sängern und Sängerinnen in einem kleinen Raum und fühlten alle, wie uns der Schweiß am Rücken herunterlief. Trotz unserer Bühnenerfahrung, waren wir dennoch total aufgeregt.“ Mit einem Durchschnittsalter von 78 Jahren rockte der farbenfrohe Chor schließlich die Bühne mit dem Tote-Hosen-Song: “An Tagen wie diesen“ und bekam dafür Standing Ovation vom Publikum sowie zwei Ja-Stimmen von Thomas Gottschalk und Michelle Hunziker. Das reichte, um eine Runde weiterzukommen. Unvergesslich bleibt der dreifachen Großmutter der Moment, als Thomas Gottschalk ihr den „Du-kommst-weiter-Stern“ um den Hals hing: “Er roch so gut!“

Zwei Jahre später fand sich Ursel Kipp erneut beim „Supertalent wieder. Dieses Mal jedoch auf der anderen Seite und ohne den gut riechenden Blonden: Sie war Publikumsjurorin in der Jubiläumsshow für den Fall, dass sich die Jury uneinig sein sollte. Mit den Worten „You‘re my Favorite“ führte der für die Juryauswahl zuständige Mitarbeiter Ursel Kipp an ihren Platz.

Nicht weniger aufregend war die Einladung des Seniorenchores zum Gastsingen beim Starlight Express in Bochum. „Wir Chormitglieder saßen überall, schwarz gekleidet, im Publikum verteilt und sangen dort Chorpassagen mit. Was ich aber auch nicht vergessen werde, ist unser Auftritt letztes Jahr im September beim Seniorenmusikfestival  für Musikensembles und Chöre in Bad Kissingen. Dort hatten wir einen unglaublichen Erfolg“, freut sich die jung gebliebene Sängerin.

Foto oben rechts: Ursel Kipp (vordere Reihe Mitte) und die "German Silver Singers"

Da Ursel Kipp nicht nur singen kann, besetzte sie in der ersten Folge des  Pommes-Soko-Hörspiels „Schmutzige Bilder und Astrid“ die Sprech-Rolle der Oma Radetzky-Kautz.

Damit aber nicht genug, durch das Video „Dorsten ist Geil“ war sie 2014 schlagartig in aller Munde. Unkonventionell im grauen Mantel mit Micky-Maus-Motiv und knallroten Stiefeletten tanzte sie sich durch Dorstens Stadtteile. „Aufgenommen wurde dieses Video ungeprobt am Karnevalssamstag und wir hatten alle ungeheuren Spaß beim Dreh.“
Dieses Video polarisierte total. „Damit habe ich zwar gerechnet, aber nicht in diesem Ausmaß.“ Auf die Frage ob sie den Dreh denn trotzdem noch einmal machen würde antworte Ursel Kipp spontan: „Natürlich! Ich stehe dazu und jetzt bin ich so alt, da kann ich es mir leisten.“

Aufmerksam geworden sind natürlich – und das war auch beabsichtigt -  auch Nicht-Dorstener. So erhielt Ursel Kipp aufgrund des Videos 2015 eine Einladung von Bernd Stelter zum NRW Duell und gewann 500 Euro, im Februar 2016 zur Spielshow „Sag die Wahrheit“ und sie war zusätzlich Gast im SAT1 Frühstücksfernsehen.

Wer rastet, der rostet – daher ist die 79-Jährige weiterhin aktiv. Langeweile scheint es in Ursel Kipps Leben jedenfalls nicht zu geben.

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Fotos oben rechts: Selfies, bis es endlich klappt

Text: Martina Jansen
Fotos: privat

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