Immer auf der Suche nach dem Aufwind

von Martina Jansen

Immer auf der Suche nach dem Aufwind

Dorstens ältester aktiver Segelflieger Heinz Kleine-Vossbeck fliegt seit über 60 Jahren

Es war im Herbst 1955, als Heinz Kleine-Vossbeck, fasziniert von den Flugzeugen am Dorstener Himmel, in den Dorstener Luftsportverein (LSV) eintrat. Was dann folgte, ist eine Geschichte, deren Ende bis heute nicht geschrieben ist.

„Den Winter 1955 bis 1956 über habe ich soviel geschnuppert, dass ich im Frühjahr 1956 zu meinem ersten Flug aufbrechen wollte“, erzählt der 1935 geborene Dorstener von den Anfängen seiner Flugleidenschaft. 

Doch: Noch nicht 21-jährig, was zu damaliger Zeit die Volljährigkeit bedeutete, musste Kleine-Vossbeck die Unterschrift seines Vaters vorweisen, um seinen ersten Start in Angriff zu nehmen. „Es gab eine klare Ansage und natürlich keine Unterschrift“, kann er heute darüber schmunzeln. So musste er noch einige Monate warten, bis er im Sommer 1956 zum ersten Mal mit der Seilwinde in den Borkenberger Himmel gezogen wurde. 

Seit dieser Zeit ist Heinz Kleine-Vossbeck immer auf der Suche nach dem Aufwind. „Immer noch?“, werden Sie sich fragen. Ja, immer noch! Am diesjährigen Rosenmontag wurde dem heute 82-jährigen durch den untersuchenden Fliegerarzt die Flugtauglichkeit für ein weiteres Jahr bestätigt. Somit ist er der älteste aktive Dorstener Segelflieger!

Foto oben rechts: Heinz Kleine-Vossbeck, Dorstens ältester aktiver Segelflieger
Foto: Christian Sklenak

Ab 1961 startete der damals 26-Jährige wieder vom Flugplatz Dorsten, legte 1966 seine Prüfung zum Fluglehrer ab und wurde Anfang der 1970er Jahre Fliegerischer Leiter und Ausbildungsleiter im LSV. Diese Position hielt Kleine-Vossbeck bis 1985 inne. „In dieser Zeit habe ich eine handvoll Fluglehrer ausgebildet“, erzählt der bis ins Jahr 2012 aktive Fluglehrer.

Foto rechts: Der Ausbildungsjahrgang 1980
Foto: privat

Dem Dorstener Luftsportverein ist er all die Jahre treu geblieben. Auch in der Zeit, als es ihn von 1957 bis 1961 beruflich ins sauerländische Meschede sowie nach Lippstadt zog. In dieser Zeit legte Heinz Kleine-Vossbeck seine Meisterprüfung zum Uhrmachermeister ab, um anschließend als selbstständiger Uhrmachermeister bis ins Jahr 1982 in Dorsten zu arbeiten. 

„Ich trat allerdings dem Aero-Club in Lippstadt bei. Dieser startete auf dem Flugplatz in Oerlinghausen, der unter den Segelfliegern damals schon einen besonderen Namen hatte. In dieser Zeit machte ich auch meinen Luftfahrerschein“, so Kleine-Vossbeck. 

Foto oben rechts: Vor der Rodung einer Kiefernschonung bei der Entstehung des Dorstener Flugplatzes im Jahre 1957
Foto: privat

Doch was hat den Segelflieger Heinz Kleine-Vossbeck in all den Jahren am meisten fasziniert? „Im Rahmen der Gold-C-Prüfung mit zwei Diamanten, dem höchsten Leistungsabzeichen im Segelflugsport, müssen zwei Dinge erfüllt werden“, erklärt Kleine-Vossbeck. „Ein Zielstreckenflug von über 300 km und ein Höhengewinn auf über 5000 m. Den Flug mit dem Höhengewinn von über 5000 m führte ich in Südfrankreich in den Seealpen durch. Einen besseren Tag und Ort hätte ich mir nicht aussuchen können, denn an diesem Tag fand ich immer wieder Aufwind und stieg auf über 7000 m Höhe. Das war schon ein ganz besonderes Erlebnis!“

In den Folgejahren ging es für Kleine-Vossbeck in alle Richtungen. Dem Uhrzeigersinn nach flog er bis zu den Lofoten, nach Danzig und Breslau, überflog den Plattensee und erblickte die Grachten in Venedig aus der Luft. Das französische Biarritz kurz vor den Pyrenäen, Brest am nordwestlichen Ende von Frankreich und York in Mittelengland schließen den Kreis. Natürlich fliegt man diese Strecken nicht in einer Tour, dafür sind sie viel zu lang. Der längste Flug von Heinz Kleine-Vossbeck mit dem Segelflugzeug dauerte über 7 Stunden.

Foto oben rechts: Die Helgoland-Düne im Landeanflug
Foto: privat

Die Alpen sind in all den Jahren sein Faible geblieben. Rund 15 Mal hat Kleine-Vossbeck den Alpenhauptkamm mit dem Motorsegler überflogen. Heute liebt er das Gebiet rund um Zell am See. Kitzsteinhorn, Großglockner, Großvenediger, Watzmann und der Königssee sind für den Segelflieger die liebsten Panoramen.

Bis heute hat der 82-Jährige über 11000 Starts hinter sich gebracht und rund 4000 Stunden am Himmel verbracht.

Aktuell freut sich Heinz Kleine-Vossbeck auf die Dorstener Flugtage am 8. und 9. Juli. Früher hat er selbst als Veranstaltungsleiter Starts, Landungen und Manöver am Himmel genehmigt – und das über 25 Jahre lang – heute hat er diese Verantwortung in jüngere Hände gelegt. Gerne gibt Dorstens ältester Segelflieger noch Hilfestellung, wenn diese gefragt ist, das ist für Heinz Kleine Vossbeck Ehrensache.

Nach dem Flugtag wird er wieder selbst in den Motorsegler steigen. Und dann heißt es: Aufwind und interessante Flugziele finden – die Suche geht weiter.

Foto oben rechts: Der Großglockner währens eines Fluges durch die Alpen

Text: Christian Sklenak
Foto: privat

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