Im Zwangsunruhestand kehrt Ludger Heyming zurück zu den Wurzeln
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Im Zwangsunruhestand kehrt Ludger Heyming zurück zu den Wurzeln
Ludger Heymings Arbeitsleben war bunt: Bis 1982 war er Dorstens Kulturamtsleiter, zog anschließend nach Frankfurt und managte veranstaltungstechnisch eine große Konzerthalle. Dort lernte er Fritz Rau, den bekannten Konzert- und Tourneeveranstalter Deutschlands kennen und knüpfte durch ihn zahlreiche Kontakte zu Gilbert Becaud, Yoko Ono, Depeche Mode, UB40 und vielen mehr. Diese kamen ihm zugute, als er von Frankfurt in das bedeutend kleinere Emmerich umzog. Stars wie Udo Jürgens, Herman van Veen und Reinhard Mey, um nur einige zu nennen, begannen dort ab diesem Zeitpunkt, dank der guten Verbindungen zu Ludger Heyming, ihre Tourneen. Auch Jürgen von der Lippe reihte sich ein. Mit seinen neuen Programmen kommt er mittlerweile jeweils zum Tourneestart nach Dorsten.
Als der gebürtige Dorstener 2008 nach Erreichen des Ruhestandes wieder zurück in seine Heimatstadt zog, kam er dennoch nicht zur Ruhe. Denn auch im „Unruhestand“ wie er es nennt, legt er die Hände nicht in den Schoß. Genau zum Zeitpunkt seiner Rückkehr kamen bei Lambert Lütkenhorst und Anke Klapsing-Reich die ersten Ideen auf, die alte Stadtbücherei, die zwischendurch als Stadtdruckerei diente, zu nutzen, um das um das Lesen und Schreiben bei Dorstener Kindern und Jugendlichen zu fördern. Sofort war beiden klar, dass es keinen besseren Mitstreiter geben könnte als den ehemaligen Amtsleiter. Ihm war das Baumhaus sehr vertraut, gehörte die Bücherei doch damals zu seinem Ressort. Mindestens einmal täglich stieg er daher die Wendeltreppe auf und ab.
Foto oben rechts: Auch der neuen Marionetten-Theater-Truppe steht Ludger Heyming hilfreich zur Seite.
„Ich freue mich so sehr, dass meine Heimatstadt sich in den Kopf gesetzt hat, aus dem Ort, der mir als Kind so viel bedeutet hat, aufs Neue einen ganz besonderen Ort für Kinder zu machen.“
(Cornelia Funke)
Als der Verein „Cornelia Funke Baumhaus e.V.“ dann schließlich vor sieben Jahren gegründet wurde, übernahm Ludger Heyming gerne den Bereich Theater. „Damit bin ich gut beschäftigt, es macht mir aber auch viel Spaß. Theater und Jugendkulturarbeit waren damals unter anderem schon Schwerpunkte meiner Arbeit und daher freut es mich, dass ich das Baumhaus mit meiner Erfahrung unterstützen kann“, so Ludger Heyming. Aber der Reihe nach.
Die alte auf Stelzen stehende Stadtbücherei war einer der Lieblingsorte Cornelia Funkes. Die in Dorsten geborene Bestseller-Autorin kam in ihrer Jugend regelmäßig mit ihrem Vater in „ihr“ Baumhaus und trug stets Mengen an „Lesefutter“ nach Hause. Das Baumhaus blieb so in ihrem Gedächtnis, dass es auch in ihren Romanen eine Rolle spielt. Was lag da näher, als diesen Ort nach ihr zu benennen. Natürlich war Cornelia Funke von dieser Idee begeistert und ist seit dem Botschafterin des Baumhauses.
Neben dem Schwerpunkt der Lese- und Schreibförderung sollte hier jedoch auch Theater gespielt werden. Ludger Heyming erklärt: „Lesen heißt nicht unbedingt auch, dass man den Text verstanden hat. Beim Theater muss man das Gelesene auch umsetzen. Dazu muss man den Inhalt auch verstanden haben.“
Nach einem kurzen Aufruf in der Presse meldeten sich 70 interessierte Jugendliche, die gerne Theater spielen wollten. Mit so einem Andrang hat natürlich niemand gerechnet, aber zum Glück waren beim ersten Treffen auch Männer und Frauen dabei, die die Gruppen leiten konnten. Einer der ersten Regisseure war der Schauspieler und ehemaliger Dorstener Rainer Kleinespel, in dessen Theatergruppe „Die wilden Hühner“ auch unser Kolumnist Fritz Schaefer seine ersten Schritte in die Öffentlichkeit wagte. „Ich erinnere mich noch genau an unser ‚Eigengewächs‘ Fritz“, zeigt Ludger Heyming auf Fotos von früher. „Er half anderen Gruppen gerne, in dem er die Geräusche für sie einspielte oder sogar Musik komponierte.“ Sein Talent war damals also schon erkennbar.
Aber nicht nur die „wilden Hühner“, auch die „Eselsohren“, die „Zauberzungen“, das integrative Theaterprojekt mit deutschen und ausländischen Kindern, sowie die Marionettenspieler wollen alle während der Proben betreut werden. Die jungen Schauspieler wissen natürlich, dass „ihr“ Ludger immer Getränke und Kekse für sie hat, die er auch gerne verteilt. Aber damit nicht genug. Ludger Heyming kümmert sich zusammen mit den Theaterleitern und den Kindern auch um die Erstellung von Bühnenbildern oder übt Texte und Szenen mit den Schauspielern. Last but not least ist er auch noch Co-Regisseur der Jugendtheatergruppe „Die Schatten“. Trotz der vielen Stunden Ehrenamt, die der 74-Jährige hier leistet, ist er bescheiden geblieben. „Ich möchte meine Arbeit nicht so in den Mittelpunkt stellen, denn wir alle, die wir hier ehrenamtlich arbeiten, haben unseren Schwerpunkt. Als Team funktionieren wir sehr gut und das, was sich in den sieben Jahren entwickelt hat, kann sich durchaus sehen lassen.“
Foto oben rechts: Ludger Heyming inmitten Schüler der Pestalozzi-Schule, die zu Gast im Baumhaus waren
Ab 2018 werden neue Stücke einstudiert, neue Mitspieler sind dann gern gesehen. Meldet Euch doch bitte direkt im Baumhaus, wenn Ihr Interesse am Schauspiel habt.
Aber auch Schulen oder Schulklassen als Partner sind herzlich willkommen.
Das neue Programm zum zweiten Halbjahr 2017 mit weiteren Angeboten von Workshops und Lesungen bis hin zu Konzerten erscheint zum Ende der Sommerferien und ist auf www.cornelia-funke-baumhaus.de einzusehen, liegt aber auch an vielen Stellen aus.
Text: Martina Jansen
Fotos: privat