Es war einmal…

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Es war einmal…

Ehrenamtliche Märchenerzähler für Demenzkranke

Wie lese ich Märchen spannend vor? Wie betone ich die einzelnen Worte richtig? Wann mache ich eine Erzählpause? Und wie ziehe ich die Zuhörer in meinen Bann? Maria-Magdalena Besten bekam Mitte des Jahres Antworten auf all diese Fragen. „Ich empfinde es als ein wunderbares Geschenk älteren Menschen für eine kurze Zeit zum Geburtstag, in geselliger Runde oder gar als letzten Wunsch ein wenig Freude zu bereiten“, nennt die Erzieherin und Entspannungspädagogin ihren Grund, an dem Kurs für ehrenamtliche Vorleser teilzunehmen.

Eingeladen zu diesem Workshop hatten Petra Kuschnerenko, Demografiebeauftragte der Stadt Dorsten sowie Marion Werk von der Agentur für Ehrenamt in Dorsten. Der Fokus lag dabei auf den ehrenamtlichen Erzählern, die älteren, oft an Demenz erkrankten Menschen, ihren teilweise tristen Alltag etwas bereichern wollten. Rolf Peter Kleinen von der europäischen Märchengesellschaft leitete den Kurs, in dem Magdalena Besten erlernte, wie sie ihre Stimme einsetzen und variieren kann.
„Grimms Märchen sind den meisten Senioren bekannt und eignen sich daher besonders gut zum Vorlesen. Märchen, die starke Bilder erzeugen wie „Tischlein deck dich“, oder Lieder enthalten, die mitgesungen werden können, sind ebenso beliebt bei Senioren“, weiß die Holsterhausenerin und fährt fort: „Wir haben gelernt Gegenstände, die einen Bezug zum Märchen vermitteln, zu nutzen, um damit das Interesse bei den Zuhörern zu erhöhen. Und mit dem wohltuenden, beruhigenden Ton der Klangschalen können wir uns und unsere Zuhörer gut auf die Wohlfühlstunde einstimmen.“

Finanziert wurde das Projekt vom Lions-Club Dorsten. „Schwerpunkte unserer Unterstützung sind Kinder und Jugendliche sowie Senioren. Im Alter sind die Menschen oft alleine, Vorlesen ist daher eine besondere Art der Kommunikation. Die alten Menschen können in der Geselligkeit dem Alltag entfliehen und gleichzeitig die positive Botschaft der Märchen für sich mitnehmen“, erklärt Rainer Dinges, damaliger Präsident des Lions-Clubs Dorsten, warum sie diese Aktion unterstützten und finanzierten. „Es ist auch unsere Anerkennung der ehrenamtlichen Vorleser, die durch ihre Tätigkeit den Senioren Freude bereiten“, fährt er fort.

Foto oben rechts: Magdalena Besten, ehrenamtliche Märchenerzählerin

„Alles, was den Senioren direkt ins Herz geht oder einen Wiedererkennungswert hat, holt gerade Demenzkranke aus ihrer Welt und lässt sie noch einmal kurz die unbeschwerte Zeit ihrer Jugend oder Nichterkrankung erleben“, weiß Magdalena von den Berichten ihrer ehrenamtlichen Mitstreiter, die in Senioreneinrichtungen vorlesen. Während einige Kursteilnehmer bereits kostenlos durch das Seniorenbüro der Agentur für Ehrenamt „An der Vehme 1“ vermittelt wurden und in Senioreneinrichtungen oder -gruppen vorlesen, ergab sich diese Gelegenheit bei Magdalena erst durch den Fototermin mit Christian Sklenak für die Lokallust. In der Nähe des privat geführten Alten- und Pflegeheimes „Haus Keller“ in Holsterhausen kam Magdalena mit der Geschäftsführerin Uta Keller ins Gespräch und nahm die Einladung den Bewohnern dort demnächst vorzulesen sehr gerne an.

Nach Beendigung des ersten Märchenerzähl-Kurses wollte die frisch gebackene Märchenerzählerin ihr Können weiter vertiefen und besuchte daher auf eigene Kosten einen Kurs im Bochumer Figurentheater. Im Hinterkopf hatte sie dabei ihre Erzählung, die sie bereits 2016 zu schreiben begann und nun professionell auf CDs pressen lassen wollte.

„Das magische Zauberherz mit der beflügelten Schöpferkraft lässt grüßen“ lautet der Titel der drei CDs, die die 59-Jährige auch zum Kauf anbietet. Zum Leben erweckte Steine symbolisieren den Menschen und seinen langen Lebensweg durch Höhen und Tiefen. Die Autorin liest gerne gegen eine kleine Spende in christlichen oder spirituellen Bereichen wie beispielsweise der KFD, Kirchen- oder Meditationsgruppen. Nach der Lesung würde Magdalena Besten gerne noch mit den Zuhörern zu Fragen nach dem Sinn des Lebens ins Gespräch kommen. Anfragen gerne bei Maria-Magdalena Besten unter Lichtspur59@gmx.de.

Foto oben rechts: Magdalena Besten freut sich schon darauf, das Erlernte beim Vorlesen auch umzusetzen

Drei Fragen an Seniorenbetreuerin Andrea Schüller

Was bedeutet „Demenz“?
Andrea Schüller: „Demenz kann mit „Nachlassen des Verstandes“ übersetzt werden. Das Kurzzeitgedächtnis lässt nach, die Sprache verändert sich, die Motorik funktioniert nicht mehr wie gewohnt und die Persönlichkeit ändert sich.“

Wie gehe ich mit Menschen mit Demenz um?
Andrea Schüller: „Durch meine Arbeit weiß ich, dass Menschen mit Demenz oft Angst haben. Erst die Angst vor dem, was die Krankheit mit sich bringt, später die Angst vor dem, was gerade passiert und nicht verstanden wird. Die Menschen im Umfeld werden nicht mehr erkannt, oft wird die eigene Wohnung fremd, man findet sich nicht mehr zurecht. Sie erinnern sich nicht mehr an Namen oder das Verhältnis zueinander, aber sie spüren, wer es gut mit ihnen meint.“

Wo finden Betroffene und Angehörige Hilfe?
Andrea Schüller: „In Dorsten ist die erste Anlaufstelle das „Beratungs- und Infocenter Pflege“ (BIP), im Internet zu finden unter der Seite www.dorsten.de, telefonisch zu erreichen unter der Nummer 02362 664299.“
Andrea Schüller, 02362 2828435, www.seniorenserviceblauersee.de

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und privat

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