Ein Leben aus dem Koffer zu unserem Schutz

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Ein Leben aus dem Koffer zu unserem Schutz

Sandra Kalesse ist eine von 1.150 IFS-Auditoren weltweit

Dank Sandra Kalesse können wir unbesorgt Brot oder Süßwaren in den Geschäften kaufen und genießen. Die Diplom-Oecotrophologin überprüft, ob der IFS-Standard (International Feature Standard) eingehalten wird.

„Ich mache alle meine Jobs super gerne und bin dankbar, dass alles so gekommen ist“, bringt Sandra Kalesse ihre Zufriedenheit mit ihrem Beruf auf den Punkt. Um die Arbeit der sympathischen Dorstenerin zu verstehen, muss ich etwas ausholen.

Im Jahre 2003 einigte sich der deutsche Lebensmittelhandel auf einen Qualitäts- und Lebensmittelsicherheitsstandard für Eigenmarken des Handels. Dieser International Featured Standard (IFS) ist ein anerkannter Sicherheitsstandard und ein Muss für die Industrie, um den Handel beliefern zu dürfen. Die Standards sind unterteilt in zehn sogenannte Scoops, die Spezifikationen aller Bereiche der Lebensmittelverarbeitung wie beispielsweise Einkauf, Produktion, Lagerung oder Verpackung beinhalten. Damit gibt es ein einheitliches Bewertungssystem, das Vertrauen schafft und Transparenz zeigt.

Dass, beziehungsweise ob, diese Standards auch eingehalten werden, kontrolliert Sandra Kalesse. Zu ihrem jetzigen Tätigkeitsfeld kam sie eher durch Zufall. An ihre Ausbildung zur Industriekauffrau hängte sie ein Studium der Ernährungswissenschaft in Münster an. Nach einer zweijährigen Tätigkeit als Leiterin der Abteilung Klüh Catering bekam sie bei der Firma Tempelmann in Holsterhausen das Angebot das Qualitätsmanagement zu überwachen. „Nach einigen Jahren wollte ich jedoch auch einmal auf der ‚anderen‘ Seite stehen und selbst prüfen, statt überprüft zu werden“, erinnert sich Sandra an den Wendepunkt in ihrem Berufsleben. Sie machte sich als Beraterin in Sachen Qualitätsmanagement selbstständig und bereitete sich parallel auf die schwere Auditorenprüfung in Berlin vor. Danach konnte sie sich IFS-Auditorin nennen und gehört damit zum kleinen Kreis ihrer weltweit 1.150 Kollegen. Um sich auch weiterhin dazu zählen zu können, muss sie sich regelmäßig umfassend weiterbilden.

Foto oben rechts: In der Checkliste werden alle Ergebnisse von Sandra Kalesse festgehalten

Wie der Zufall es so wollte, bekam sie Kontakt zum Prüflabor „SGS Institut Fresenius“. In deren Auftrag führt sie seitdem unangemeldete Hygienechecks auf freiwilliger Basis im Handel und in der Industrie durch. Der Sinn dahinter: Am Ende der Prüfung soll der Verbraucher ein sicheres Produkt in den Händen halten.

Sandra ist Produktscoop für Back- und Süßwaren, sowie Trockenprodukte. Ihre Tätigkeit erklärt sie mir anhand eines Beispiels. „Ich greife mir wahllos einen abgepackten Christstollen aus dem Regal eines Lebensmittelhändlers und lasse mir beim Hersteller lückenlos den Weg und die Behandlung der einzelnen Rohstoffe bescheinigen. So müssen Informationen über Herkunft und Verpackung der verwendeten Rosinen aus der Türkei ebenso vorliegen wie für das Mehl aus der Region. „Eine Prüfung kann daher schon mal ein paar Tage dauern“, berichtet die Dorstener Auditorin. „Die Firmen legen mir dabei sämtliche Dokumente offen, angefangen von der Verfahrensdokumentation über die Produktentwicklung bis hin zur Nachhaltigkeit. Die komplette Prozesskette muss lückenlos belegt sein, erst dann erhält der Betrieb das Zertifikat“, fährt sie fort.

„Ich habe während dieser Zeit unfassbar viel gelernt“, erinnert sich die 43-Jährige. „Mein Bereich wurde recht schnell erweitert, es kamen nun auch Hotels dazu, bei denen ich nach einem festgelegten Bewertungssystem Küche, Zimmer, Restaurant und Bar teste. Ich vergebe jedoch keine Sterne, sondern Zertifikate, die für Qualität und Hygiene in diesem Hotel stehen“, erklärt Sandra Kalesse das System.

Nun stehen seit einigen Jahren auch die weltweit verteilten Robinson-Clubs auf ihrem beruflichen Programm. Dort, wo andere Urlaub machen, achtet Sandra Kalesse darauf, dass die Gäste ihre schönste Zeit im Jahr unbeschadet genießen können. „17 der zurzeit weltweit 24 Robinson-Clubs habe ich bereits getestet und ich freue mich darauf, die restlichen Anlagen auch noch zu besuchen.“

Foto oben rechts: Sandra Kalesse nimmt eine Lebensmittelprobe

Innerhalb dieser Clubs gibt es einen einheitlichen Standard hinsichtlich Housekeeping, Küche, Restaurant sowie Fitness- oder Wellnessbereich. Dieser Standard wurde gemeinsam mit dem Institut Fresenius ausgearbeitet. Urlauber im Westen können sich darauf verlassen dieselben hygienischen und technischen Bedingungen wie im Norden vorzufinden. Neben hygienischen Überprüfungen gehören auch Probenahmen zu Sandra Kalesses Aufgaben. So kontrolliert sie neben der Einhaltung der Lebensmittelvorschriften auch die Qualität des Poolwassers. Auch wenn das Leben in diesen Ferienanlagen angenehm ist, so trennt Sandra Kalesse strikt Job und Freizeit. „Schnaps ist Schnaps und Arbeit ist Arbeit“, ist ihr Motto.

Daran, dass ihre Arbeit auch schon mal unangenehm sein kann, um es vorsichtig auszudrücken, erinnert sich die empathische Dorstenerin mit Schrecken: „Bei der Ausreise aus Ägypten glaubten mir die Zöllner nicht, dass sich in den Probenfläschchen nur Poolwasser befindet, das im Labor vom Institut Fresenius untersucht werden sollte. Ich musste daher zum Beweis aus allen Proben einen Schluck abtrinken“, schüttelt sie sich immer noch bei dem Gedanken daran.

Da Sandra reiselustig ist und die Abwechslung liebt, ist sie zudem noch als Bereichsleiterin bei der Sander Gruppe in Wiebelsheim nahe Koblenz und weiterhin als selbstständige Beraterin in der internationalen Qualitätsprüfung tätig.

Langweilig wird es in ihrem Leben sicher nicht.

Foto oben rechts: Neben dem Trinkwasser wird in Hotels auch das Wasser aus den Sanitärbereichen sowie aus den Pools auf mögliche Keimbelastungen überprüft

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak

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