Dreimal Kanada und zurück

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Dreimal Kanada und zurück

Ein Leben zwischen Forschung und Konsulat

Veränderung ist offensichtlich eine große Konstante im Leben des Dr. Michael Oelck. Insbesondere sein beruflicher Werdegang reicht mindestens für ein zweites Leben.
Nach dem frühen Tod des Vaters zog der in Münster geborene Michael zurück mit seiner Mutter in deren Elternhaus an der Bismarkstraße im Marienviertel. Seine Kindheit unterschied sich nicht allzu viel von der anderer Dorstener Kinder und Jugendlicher: Kindergarten, Grundschule und später das Petrinum. Allerdings war er schon immer naturbegeistert. Er half seiner Mutter ein botanisches Herbarium anzulegen und sammelte Molche und Lurche für sein großes Terrarium, das er schreinerte. „Zum landwirtschaftlichen Studium zog es mich dann zur Uni nach Bonn“, berichtet Dr. Oelck. „Während meines Studiums gründete ich eine Ortsgruppe des Malteser-Hilfsdienstes in Dorsten und arbeitete dort jeden zweiten Sonntag als Freiwilliger im Pflegedienst des Dorstener Krankenhauses“, fährt er fort. Später fuhr er Rettungswagen für die Malteser. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass Arzt nicht sein Traumberuf sein würde und so setzte er sein Studium fort.
„Ich arbeitete danach zunächst am Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln mit dem Ziel, Pflanzenzüchter zu werden. Als ich jedoch das Angebot von Hoechst in Frankfurt bekam, als Laborleiter in der neuen Abteilung Pflanzenschutz-Biochemie zu arbeiten, sagte ich natürlich zu.“ Gentransfer, in diesem Fall die Forschung auf dem Gebiet der herbizidtoleranten Pflanzen, war damals eine neue Technologie, die in Deutschland auf starken Gegenwind stieß. „Da die Kanadier auf diesem Gebiet viel aufgeschlossener waren, entschied ich mich für die Firma in Kanada weiterzuarbeiten und zog mit meiner Familie um. „Zehn Jahre lang arbeiteten wir in Labor und Gewächshaus und führten viele Feldversuche zur Umwelt- und Nahrungssicherheit durch. Dann brachte meine Firma endlich den ersten herbizidtoleranten Raps mit Zulassung als Sorte und als Food auf den kanadischen Markt. Und da Öl keine Gene und keine Proteine enthält, wird kanadisches Rapsöl ebenfalls in Deutschland als gesündestes Fett zum Braten verwendet.“
Damit war Dr. Oelcks Aufgabe in Kanada beendet. „Wir brachen in Kanada unsere Zelte ab und flogen mit unseren vier Kindern wieder zurück nach Deutschland. Als landwirtschaftlicher Experte hielt ich hier für die Firma Hoechst AG über 300 öffentliche Vorträge über meine Arbeit in Kanada, bis ich mich nach sechs Jahren mit einer wissenschaftlichen Beratungsfirma selbstständig machte. Einer meiner Kunden war die Firma Hoechst, doch als 2000 Bayer die Sparte Landwirtschaft aufkaufte, fassten meine Frau und ich zum zweiten Mal den Entschluss nach Kanada zu gehen. So flogen wir mit unseren beiden kleineren Kindern, unsere zwei Älteren waren bereits flügge, auf eigene Kosten und auf eigenes Risiko nach Nordamerika.“ In Ottawa gründete der Dorstener mit einem kanadischen Freund die Firma Saponin, um Saponine für Arzneimittel herzustellen.

Bis zur Wirtschaftskrise 2008 lief alles sehr gut, doch dann verspekulierte sich unser Investor. Er zog sein Geld aus der Firma und wir waren von heute auf morgen pleite“, denkt der heute 67-Jährige an diese Zeit zurück.
Aufgrund kanadischer Vorschriften durfte er für die nächsten drei Jahre nicht in diesem Bereich tätig werden. Daher arbeitete er drei Jahre lang als Food Analyst in einem Start-up, das aus Stroh Alkohol als Beimischung für Benzin herstellte.
„Dann starb leider meine Frau Elke und wir trafen uns alle in Deutschland wieder. Erneut musste ich mein Leben neu organisieren und so entschied ich mich, mit meinen kleineren Kindern 2012 wieder in Kanada zu leben. Ich gründete mit einem Freund die Firma Carnation Bioproducts. Dort stellen wir aus einer Seifenpflanze neue, nachhaltige und unbegrenzt zur Verfügung stehende Trägerstoffe für Impfstoffe her.“
2014 wurde Dr. Michael Oelck von der Botschaft in Kanada als Deutscher Honorarkonsul vorgeschlagen. Bis ihn 2016 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Honorarkonsul im kanadischen Saskatoon ernennen konnte, wurde der Dorstener in einem zweijährigen Auswahlprozess auf Herz und Nieren geprüft. „Bei der Vereidigung wurden beide Nationalhymnen gespielt. Das war schon sehr feierlich und ergreifend“, erinnert er sich. Ein Konsul hilft in Zusammenarbeit mit der Polizei und der Botschaft, wenn Touristen des Heimatlandes im Gastland in Notsituationen geraten. Die Hauptaufgaben sind jedoch die Annahme von Passanträgen und Namensänderungen sowie die Ausstellung von Beglaubigungen.
„Ab März lebe ich wieder in Dorsten und arbeite von hier aus weiter in meiner Firma. Ich möchte zudem aber auch ehrenamtlich tätig werden. Immigrationsfragen interessieren mich dabei ebenso sehr, wie auch deutsche Kultur und landwirtschaftliche Raumplanung.“

Foto: pexels, Thirdmann

Text: Martina Jansen
Foto: Christian Sklenak

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