Die Franziskaner in Dorsten

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Die Franziskaner in Dorsten

Ein Leben in Armut und Gehorsam

Bruder Arnold heißt Christian Sklenak und mich im Franziskanerkloster herzlich willkommen und führt uns durchs Haus. Eine wohltuende Stille umfängt uns. Wir sind mitten in der Stadt und dennoch in einer anderen Welt. „Wir sind ein Haus für ältere Brüder, ein Seniorenkloster, aber kein Altersheim“, betont der Stellvertreter des Guardians Bruder Tobias. „Wir versorgen uns hier abgesehen vom Mittagessen selbst und gehen auch noch seelsorgerischen Aufgaben nach“, fährt er fort.

Dass der 78-jährige Vikar dem Franziskanerorden angehört, ist an seiner Kleidung ersichtlich. Die braune Kutte, der Habit, wird mit einem weißen Strick zusammengehalten. Die drei Knoten am Ende der Kordel, symbolisieren die drei Säulen Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam, zu denen sich die Brüder verpflichten.
Die Franziskaner gehören zur Bruderschaft, die der Heilige Franziskus von Assisi Anfang des 13. Jahrhunderts gründete. Er erhielt mit elf seiner Gefährten im Jahre 1209 den Segen durch Papst Innozenz III., vier Jahre später erkannte Papst Honorius III. die Regeln des Ordens an. Die Bruderschaft weitete sich schnell auch in Deutschland aus. Die ersten Franziskanerklöster entstanden und im Laufe der Geschichte kam es zu mehreren Erneuerungsbewegungen.
Franziskaner sind keine Mönche, die in Einsamkeit für Gott leben und sich an ein Kloster binden. Sie sind Mitglieder einer Bruderschaft, die sehr bescheiden leben und in früheren Zeiten als Wanderprediger oder Missionare den Kontakt zur Bevölkerung suchten. Nach den Benediktinern sind sie die zweitstärkste Ordensgemeinschaft in Deutschland mit bis dato knapp 260 Mitgliedern. Ihr Alltag ist geprägt vom religiösen Leben, der Arbeit sowie dem Leben in der Gemeinschaft. Sie selbst haben kein persönliches Eigentum, sondern teilen mit Menschen in Not.

Foto oben rechts: Bruder Arnold, Franziskaner im Dorstener Kloster

„Wir wollen in Gemeinschaft mit Gott in der Welt für alle Menschen da sein“, bringt Bruder Arnold das Ziel des Ordens auf den Punkt und erzählt vom Klosterbau in Dorsten, der auf einen blutigen Streit zwischen Ritter Goswin von Raesfeld und der Stadt Dorsten zurückging. Der Bruder des Ritters, Franziskanerpater Antonius, schlichtete ihn und bekam dafür die Zusage für den Neubau eines Klosters, das 1448 gebaut und 1493 fertiggestellt wurde. Seitdem sind die „Paters“ ein Teil des kulturellen und religiösen Geschehens in Dorsten. „Das Kloster mit seinem großen Garten bedeckte damals eine Fläche doppelt so groß wie das heutige Klosterareal und reichte vom Drubbel bis hin zum Westgraben bzw. Westwall“, weiß Bruder Arnold aus zahlreichen Berichten und Fotos.

Foto oben rechts: Die Dorstener Innenstadt Mitte des 17. Jahrhunderts

Während des Dreißigjährigen Krieges diente das Kloster als Festung und Waffenlager der kaiserlichen Artillerie. Die Hessen vertrieben die Franziskaner kurzfristig aus der Stadt, sie kamen jedoch zurück und erbauten 1642 zusammen mit der Stadt Dorsten neben dem Kloster das Jungengymnasium Petrinum, das sie bis 1837 leiteten. Kloster und Kirche wurden am Ende des Zweiten Weltkrieges komplett zerstört, aber die Franziskaner bauten es zusammen mit Dorstener Bürgern und mit viel Herzblut an gleicher Stelle wieder auf, sodass beide Gebäude 1952 fertiggestellt und geweiht werden konnten.
Unter anderem auch bedingt durch die beiden Pfarreien St. Nikolaus und St. Johannes, die am Rand der Altstadt entstanden, sank die Anzahl der Kirchenbesucher. Kirche und Klostergarten wurden zu groß und unrentabel für die Franziskaner. Sie verkauften eine Hälfte ihres Grundstückes an die Kaufhauskette Woolworth und bauten Mitte der 70-er Jahre Kloster und Kirche zum dritten Mal wieder auf. Noch heute sind die Straßennamen „Klosterstraße" und „Patersgasse“ Zeugen des alten Standortes.

Foto oben rechts: Innenansicht der 1945 zerstörten Klosterkirche

Bis auf Bruder Tobias sind die weiteren sechs Patres, die alle im Seniorenkloster leben, bereits aus dem aktiven Berufsleben ausgeschieden. Sie waren als Pfarrer sowie im Missionar- oder Schuldienst beschäftigt, so auch Bruder Arnold, der am Petrinum Religion und Englisch unterrichtete. „Im Januar werden zwei weitere Brüder bei uns einziehen“, freut sich der Vikar. „Dadurch, dass unser Kloster seniorengerecht gebaut wurde und wir Älteren die Möglichkeit haben, hier selbstbestimmt zu leben, wurde unser Kloster zum Glück noch nicht geschlossen“, fährt er fort.
Wer nun jedoch davon ausgeht, dass die Brüder keinen festen Tagesablauf haben, der irrt. Ihr Alltag im Seniorenkloster wird bestimmt durch Beten, Arbeitszeit, Freizeit und Mahlzeiten. Zwei Abende in der Woche verbringen sie beim gemütlichen Zusammensein. „Wir treffen uns vor dem Frühstück um 8:30 Uhr zum ersten Gebet des Tages, anschließend ist um 10:00 Uhr die Messe in der Klosterkirche. Um 12:00 Uhr finden wir uns ein zum Mittagsgebet, essen im Anschluss daran wieder gemeinsam und gehen bis zum Chorgebet um 18:30 Uhr unseren seelsorgerischen Tätigkeiten nach“, zählt Bruder Arnold mit freundlicher, ruhiger Stimme die Regeln des Zusammenlebens in der Bruderschaft auf.

Foto oben rechts: Der stigmatisierte Heilige Franziskus

Auch heute noch sind die Franziskanerbrüder im Auftrag der christlichen Nächstenliebe aktiv. So besteht jeden Morgen für Bedürftige und Nichtsesshafte die Möglichkeit zu einem Frühstück, ein Angebot, das regelmäßig von etwa 10 Personen dankend angenommen wird. Dafür wird das Kloster auch durch Spenden unterstützt. Auch wenn die Klosterkirche keine Pfarrkirche ist, so gehen die Brüder dennoch seelsorgerischen Aufgaben nach. Dazu gehören die täglichen Messen in der Klosterkirche, Messen im Krankenhaus, dem Ursulinenkloster, im Seniorenheim St. Anna sowie Aushilfen in den Dorstener Gemeinden. Besuche und Krankensalbungen im Krankenhaus nehmen die Brüder ebenso wahr wie Begleitungen bei Hochzeiten oder Beerdigungen. Die Franziskanerbrüder bieten zudem Angebote zum Seelsorgsgespräch und zur Beichte in der Klosterkirche. Sie ist offen alle, die an den Gottesdiensten teilnehmen oder sie für ein stilles Gebet aufsuchen möchten und  täglich von 8:00 Uhr bis 18:00 Uhr geöffnet.

Foto oben rechts: Das Gnadenbild von Neviges hängt in der Marienkapelle

Der Franziskanerorden hat Nachwuchssorgen, die Brüder haben fast alle das Rentenalter erreicht. Vier der sieben Brüder in Dorsten sind bereits über 80 Jahre alt, Bruder Tobias ist als Mittfünfziger der Jüngste. Dadurch fehlt den Brüdern natürlich die Arbeitskraft, das Kloster wird daher von der Ordensprovinz unterstützt. Um weiterhin Menschen in Not zumindest morgens mit Essen und Trinken zu versorgen, freut sich der Orden über Spenden. Wenn Sie die Brüder dabei finanziell unterstützen möchten, dann ist Ihre Hilfe gerne gesehen.

Spendenkonto Franziskanerkloster
DE62 4246 1435 0169 6960 00
BIC : GENOLDEM1KIH
Stichwort: “Frühstück”

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und privat

 

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