Die Dorstener Saxonettenfreunde
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Die Dorstener Saxonettenfreunde
26 Männer hegen und pflegen ihre „Schätzchen“
Sie tragen schwarze Vereinskluft, sie sind laut und treten zahlreich auf: Die Dorstener Saxonettenfreunde.
Wenn Sie jetzt aber denken, sie gehören einer Motoradgang an, dann liegen Sie falsch. Ebenso falsch liegen Sie aber auch, wenn Sie bei den Saxonettenfreunden an Saxofonspieler denken.
Die 26 Freunde haben sich aus einem Grund zusammengeschlossen: der Freude an Motorfahrrädern der Marke „Sachs“, den sogenannten Saxonetten. „Ich fuhr vor acht Jahren zum ersten Mal mit der Saxonette eines Freundes und war sofort begeistert“, erzählt Jürgen Fleiß und fährt fort: „Ich wollte aber nicht immer alleine unterwegs sein.“ Anfang April letzten Jahres rief er daher die Gruppe der „Saxonetten-Fahrer Dorsten“ ins Leben.
Ihr schloss sich schnell Alwin Willautzkat an, denn auch er fährt seit elf Jahren dieses Zweirad. „Die Saxonette ist ideal für die Fahrt zum Angeln, denn ich habe bisher den vollen Anhänger mit dem Hollandrad hinter mir hergezogen“, erzählt der 54-Jährige. „Wir Angler zelten ja immer gleich an Ort und Stelle“, lächelt er. „Da kommt schnell eine Menge zusammen, die mitgenommen werden muss.“
Im Nu wuchs die Gruppe auf 16 Mitglieder an, heute sind es sogar 26 Männer, die ungezwungen auf den Monatstouren mitfahren. „Wir sind kein Verein“, so Alwin Willautzkat, „wer mitfahren möchte, der kommt unangemeldet zum monatlichen Startpunkt, dem Hafencafé, und fährt mit.“
Essen und Trinken verstaut die Truppe im Anhänger, verhungern und verdursten muss also während der Tour niemand. „Da wir mittlerweile auch Mitglieder aus Oberhausen, Dinslaken, Heiden, Rhade und Schermbeck haben, plane ich die Touren so, dass einige Mitglieder später zu uns stoßen und wir dann gemeinsam weiter fahren können “, berichtet Jürgen Fleiß. „Unsere Touren gehen in alle Richtungen und dabei steuern wir immer wieder neue Ziele an. Wenn es geht, wählen wir immer Radwege, dort sieht uns die Polizei auch lieber als auf der B224“, so der Feldmarker weiter. „Oberste Regel in der Gemeinschaft lautet dabei: ‚Was macht mein Hintermann?‘ Wir werfen immer einen Blick in den Spiegel, so verlieren wir unterwegs niemanden.“
Die zweite Regel bei der Ausfahrt lautet: Beim Berghochfahren mittreten, Berg runter Gas wegnehmen, das schont den Motor. Maximal 100 Kilometer und 20 Kilometer pro Stunde können die Saxonetten-Freunde, abhängig vom Körpergewicht, zurücklegen, wenn sie nicht treten wollen. Wird der Verbrennungsmotor abgeschaltet, dann müssen sich die Männer beim Treten erheblich mehr anstrengen. Aufgrund seines Motors wiegt das Rad etwa 30 Kilo und das spüren die Biker wohl abends in den Waden.
Foto oben rechts: Von Hervest aus geht es zum Treffpunkt Hafencafé
Aber für alle Fälle ist im Anhänger neben Speis und Trank auch noch Platz für einen Benzinkanister, gefüllt mit fünf Liter Benzin und 50 Milliliter Zweitakt-Öl. „Seit wir Sax fahren, schlafen wir neben dem Benzinkanister“, wirft Michael Möke, Saxonettenfreund der ersten Stunde, lachend ein. Immer dabei natürlich Werkzeug und Ersatzteile, wie Schlauch und Anzugseil, denn gestartet wird das Rad nicht mit dem Motor, sondern mit einem Seil.
Die Touren dauern mit Pausen etwa acht Stunden und enden gegen 21:00 Uhr meistens mit einem Absacker in Jürgens oder Alwins Garten. Mehr als ein Bier gibt es jedoch für die Fahrer nicht, denn die Saxonette wird als Mofa eingestuft und daher gilt wie beim Auto die Alkoholgrenze von 0,5 Promille.
„Wichtig sind uns Gespräche untereinander und die Geselligkeit, aber natürlich tauschen wir uns auf den monatlichen Ausfahrten auch aus und erfahren dabei immer wieder neue Tricks und Kniffe beim Reparieren“, freut sich Alwin. „Wir sind ja schließlich eine Interessengemeinschaft zwischen 29 und 66 Jahren, die das Fahren und Schrauben an der Saxonette liebt“, ergänzt Jürgen. „Bei uns sind alle willkommen“, so der 55-Jährige, verbessert sich jedoch rasch: „Bei uns sind alle Männer willkommen. Wir sind ein reiner Männer-Klub und das soll auch wohl so bleiben“, sagt er schmunzelnd, aber doch bestimmt.
„Im Winter überholen wir unsere ‚Schätzchen‘, und wir helfen uns natürlich auch dabei“, so der Präsident des Klubs. Bezahlt wird die Hilfe in der Koloniewährung, der Flasche Bier, dasas Frisieren der Motorfahrräder ist hier jedoch ein absolutes Tabu. Neu gebaut werden die Zweiräder nicht mehr und Ersatzteile sind sehr rar. Daher fahren auch fast alle Männer zwei oder mehr Saxonetten und nutzen sie als fahrende Ersatzteillager.
Zwei große Touren sind in diesem Jahr bereits geplant: eine nach Münster, die andere ist eine Dreitagestour nach Bayern. In diesem Fall werden die Zweiräder mit einem LKW in den Süden gefahren und erst dort setzen sich die Dorstener Saxonettenfreunde auf den Sattel.
Neue Mitfahrer sind bei den Ausfahrten gerne gesehen. Wer keine Sax hat, bekommt ein Reserverad von einem Mitfahrer geliehen. Kontakt können Sie direkt bei Jürgen Fleiß unter der-duke63@gmx.de aufnehmen.
Foto oben rechts: Mit etwas handwerklichem Geschick läuft die Sax bald wieder
Text: Martina Jansen
Fotos: Martina Jansen und privat