Daumen drücken für Tokio

Für Christina Honsel beginnt die Qualifikation zu den olympischen Spielen

Sie ist jung. Sie ist bildhübsch. Und sie ist extrem sportlich: Christina Honsel, Hochspringerin aus Dorsten. Ein paar Entscheidungswettkämpfe bis Juni muss sie noch absolvieren, dann weiß sie, ob sie ins olympische Team darf.

Die Einladung zu den Leichtathletik-Weltmeisterschaften im letzten Jahr in Doha erhielt Christina, als sie eigentlich gar nicht mehr damit rechnete. „Ich stand auf Platz 27 der Weltrangliste“, erzählt sie „und damit wäre ich normalerweise qualifiziert. Da ich aber keine Einladung bekam und dementsprechend enttäuscht war, ging ich mit meinen Freundinnen in ein Fast Food Restaurant, um endlich mal wieder herzhaft in einen Burger beißen.“
Das schlechte Gewissen kam direkt nach dem ersten Bissen, denn just in diesem Moment rief ihre Trainerin an. „Ich konnte mein Glück kaum fassen“, freut sich Christina noch heute über den Anruf. „Natürlich habe ich sofort zugesagt, als sie mich fragte, ob ich mit möchte zu den Weltmeisterschaften.“ Und so flog die junge Sportlerin keine 30 Stunden später mit ihrem Team nach Belek in die Türkei zum Trainingslager. „Dort waren die Temperaturen noch gemäßigt, aber als wir dann kurz darauf in Katar landeten, herrschten dort Temperaturen von mehr als 40 Grad. Das war echt die Hölle“, erinnert sie sich.

Foto oben rechts: Christian Honsel zeigt stolz in Schweden die Deutsche Fahne
Foto: Brigitte Kurschilgen

Leider haben ihre Sprünge dann nicht für das Finale gereicht, aber damit rechnete die Hochspringerin auch nicht gar nicht. „Ich bin für eine Hochspringerin mit 1,80 Meter eher klein und auch nicht so dünn wie meine Konkurrentinnen. Ich muss daher auch jetzt wieder für meine mögliche Teilnahme an den Olympischen Spielen drei bis fünf Kilo abnehmen.“ Wer Christina sieht, der wird sich sicher fragen wo sie die abnehmen möchte, aber ihre Erklärung leuchtet ein. „Ein Kilo Gewichtsverlust entspricht etwa zwei Zentimeter Höhenunterschied beim Sprung.“

Foto oben rechts: Christina freute sich das Teamtrikot in Schweden tragen zu dürfen
Foto: privat

Christina Honsel kam relativ früh zum Hochsprung. Bis 2014 trainierte sie bei der LG Dorsten, zeitweise zusammen mit ihrer Schwester Julia, Weitsprung, Sprint und Crosslauf. Erst mit 13 kam sie zum Vierkampf, entschied sich dann aber drei Jahre später für den Hochsprung. 2015 wurde sie Deutsche Jugendmeisterin im Hochsprung und zog auch aufgrund ihres Studiums ein Jahr später von Dorsten nach Dortmund. Dort trainierte sie in ihrem neuen Verein auf Leistungssportebene, ein Ermüdungsbruch am Sprungfuß mit anschließender Operation zwang sie jedoch zu einer achtwöchigen Trainingspause.
„Bis dahin war ich bei meiner Bestleistung von 1,80 Meter angekommen und habe an mir gezweifelt, ob es überhaupt noch weiter geht“, gesteht die sympathische junge Frau. „Ich habe mich total eingeschränkt, keinen Alkohol getrunken, sechs Mal wöchentlich trainiert, war von freitags bis sonntags auf Wettkämpfen und konnte daher leider viele Einladungen nicht wahrnehmen, habe sehr auf meine Ernährung geachtet und, was für mich am schlimmsten war, fast komplett auf Schokolade verzichtet. Sollte das alles umsonst gewesen sein?“ Doch Christina puschte sich selbst und glaubte an sich und daran, dass sie höher springen kann. Und sie sprang höher!
Bei den Deutschen Meisterschaften im letzten Jahr in Leipzig übersprang Christina Honsel ihre magische Grenze von 1,90 Meter. Im Sommer qualifizierte sie sich dann für die EM U23, ihrem ersten internationalen Wettkampf. „Mit 1,92 Meter, die ich dort sprang, war es der beste Wettkampf meines Lebens“, strahlt sie. „Mich hatte niemand so wirklich auf dem Schirm, daher konnte ich ohne Druck starten.“

Foto oben rechts: Jubel über einen gelungenen Sprung
Foto: Iris Hensel

Nicht nur die Silbermedaille war der gebürtigen Dorstenerin damit sicher, sie hatte sich mit diesem Sprung eigentlich auch schon für die WM qualifiziert. Aber wie bereits erwähnt, ließ die Einladung dazu auf sich warten.
Auch in diesem Jahr muss sich Christina Honsel bis Juli gedulden, dann steht fest, wer das Deutsche Trikot tragen darf. „Ich würde schon sehr gerne zum Olympia-Team gehören“, verrät die herzliche 22-Jährige. „Olympia ist für mich etwas sehr Besonderes, die Atmosphäre wird noch etwas anders sein als bei der WM. Hier sind alle deutschen Athleten zusammen, das war in Katar leider nicht so.“
Was Christina aus Doha mitgebracht hat, ist die Erkenntnis, dass Siegen im Kopf beginnt. „Ich muss mein Ziel fest im Blick haben, wenn ich nach Tokio fliegen darf.“ Drücken wir der talentierten Sportlerin also fest die Daumen, dass sie die Einladung ins Olympia-Team erhält und wir sie dort sehen können.

Foto oben rechts: So strahlt eine Siegerin
Foto: Michael Stenerhag

Text: Martina Jansen