Brigitte Wischerhoff mischt noch immer mit

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Brigitte Wischerhoff mischt noch immer mit

Von ahornrot bis zitrusgelb „frei aus der Hüfte“ im Eimer angerührt

„Ich wusste wirklich nicht, Leim von Kleister zu unterscheiden.“ Wenn Brigitte Wischerhoff an die Anfänge ihrer Verkaufskarriere im Malerbetrieb Wischerhoff zurückdenkt, huscht ein Schmunzeln über ihr Gesicht. Seit nunmehr 56 Jahren (!) klebt die heute 78-jährige Geschäftsfrau Tag für Tag so verlässlich am Verkaufstresen wie die Raufaser an der Wand. Ihr Markenzeichen: Weißer Kittel, freundliches Gesicht und stets ein offenes Ohr für ihre Kunden. Die Hardter kennen ihre Frau Wischerhoff, und sie kennt ihre Hardter. Doch auch über die Stadtteilgrenze hinaus ist sie wohlbekannt als „Frau Mischerhoff“, kann sie doch wie keine Zweite die Farbwünsche von ahornrot bis zitrusgelb „frei aus der Hüfte“ im Eimer anrühren. Wie das ohne Computerprogramm möglich ist, erklärt die Fachfrau so: „Man muss eine gute Waage und ein Herz dazu haben.“
Doch zurück zum Anfang: Wie kam eine ausgebildete junge Damenschneiderin aus Holsterhausen-Dorf dazu, die Nähmaschine gegen den Farbtopf zu tauschen? Da muss sie wohl einem Mann auf den Leim gegangen sein, meinen Sie? Richtig. Und das sogar gerne und ganz freiwillig. Der Mann heißt Klaus Wischerhoff und er arbeitete damals in dem Anstreicherbetrieb seiner Eltern Erwin und Maria in der Storchsbaumstraße. Man schrieb das Jahr 1966, als beim Tanzen zu den Klängen von Dieter Wölkes Swing-Band im Saal Kleinespel der berühmte Funke übersprang, und schon bald darauf fand sich die junge Schneiderin als frischgebackene Ehefrau zwischen Pinseln und Tapetenrollen im Laden Wischerhoff wieder.
„Meine Schwiegermutter hat mir viel beigebracht“, berichtet Brigitte Wischerhoff. Als dann der Schwiegervater früh starb, wurden die jungen Eheleute mit der Führung des Geschäfts quasi ins kalte Wasser geworfen. 1973 vergrößerten sie den Betrieb und bezogen das Wohn- und Geschäftshaus an der Klosterstraße 49, wo sie auch heute noch mit Sohn und Nachfolger Rainer, Schwiegertochter Karla und den beiden Enkelkindern leben und arbeiten. Den zweitgeborenen Sohn Markus hat es in Deutschlands Norden gezogen.

Foto oben rechts: Brigitte Wischerhoff

Morgens um 5.45 Uhr aufstehen, sich um Mann und Kinder kümmern, Verwandte bekochen und pflegen, im Geschäft arbeiten und abends noch die Buchhaltung – wie schafft man das alles? „Wenn man es gerne macht. Der gute Kontakt zu den Kunden macht mir bis heute viel Spaß; aber auch für die Familie bin ich immer dagewesen“, betont Brigitte Wischerhoff. Erst im Laden mit dem Stöckchen Farbe anrühren, dann in der angrenzenden Küche den Kochlöffel durch den Eintopf schwenken – kein Problem im Hause Wischerhoff. Und manchmal saß auch ein ausgebüxtes Nachbarkind mit am Tisch und ließ sich mit vollen Backen die herrliche Spitzkohl-Speise schmecken.

Zu der Jugend hat Brigitte Wischerhoff einen besonderen Draht: „Ich kenne ja alle von klein an. Jeder hat sich bei mir mal einen Kirschlolli geholt.“ Auch heute noch schauen die mittlerweile groß gewordenen Hardter „Rotznasen“ gern vorbei, zur Plauderei beim Pinselkauf oder manchmal auch, um sich Sorgen von der Seele zu reden. So ist der Laden viel mehr als nur ein Fachgeschäft. Er ist auch ein Hardter Treffpunkt, eine Austauschbörse, Beratungsstelle und „Notambulanz“ für dringende Nachbarschaftsfälle: „Wir gießen Blumen und stellen die Mülltonnen raus, wenn Nachbarn in Urlaub sind, verwahren Zweitschlüssel und nehmen Päckchen an. Und manchmal sind wir auch Schlüsseldienst“, weiß das eingespielte Ehepaar, dass ein kräftiger Hammerschlag wahre Wunder wirken kann.

Nach 56 Dienstjahren darf man schon mal kürzertreten: „Mittlerweile gönne ich mir ein Stündchen Mittagspause“, gesteht die rüstige Seniorin.  Sie ist froh und dankbar, ihre Schwiegertochter Karla an ihrer Seite zu haben: „Karla erledigt den Schriftkram am Computer. Da trau ich mich in meinem Alter nicht mehr ran.“ Aufhören – das ist für Brigitte Wischerhoff zurzeit noch kein Thema. Und wer die fitte Geschäftsfrau live erlebt, der weiß auch warum - wie sagt man noch im Fachjargon: Der Lack ist noch lange nicht ab!

Foto oben rechts: Sie weiß, wie man Farbe ins Leben bringt: Seit 56 Jahren berät Brigitte Wischerhoff ihre Kundschaſt

Text: Anke Klapsing-Reich
Fotos: Christian Sklenak

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