Badeunfälle bei Kindern
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Badeunfälle bei Kindern
Stilles, trockenes und sekundäres Ertrinken
Sommerzeit ist Badezeit. Sommerzeit ist aber auch die Zeit der damit verbundenen Unfälle. Ertrinkende Kinder rufen nicht laut nach Hilfe und sie können auch im Bett ertrinken. Zwei Fakten, die Sie noch nicht kannten? Dann ergeht es Ihnen wie vielen anderen Eltern auch, denn Ertrinken wird meistens nicht als Ertrinken erkannt. Daher möchte ich Sie gerade jetzt zur kommenden Badesaison auf die Anzeichen der drei verschiedenen Arten des Ertrinkens aufmerksam machen. Als Gesprächspartner steht mir dazu Christian Krause, Betriebsleiter und Meister für Bäderbetriebe im Dorstener Freizeitbad Atlantis, zur Seite.
Ihre Tochter, ihr Sohn, hat mit Erfolg das „Seepferdchen“ bestanden, sie haben es am See beim Schwimmen im Blick und merken trotzdem nicht, dass ihr Kind dabei ist zu ertrinken? „Wie das?“, mögen Sie sich jetzt vielleicht denken? „Es ist ein Irrglaube, dass ertrinkende Kinder wild stampeln, mit den Armen wedeln oder laut um Hilfe rufen. Sie ertrinken leider leise und unbemerkt“, weiß Christian Krause. Ertrinken ist bei Kleinkindern die häufigste Unfallursache in Deutschland. Zum Glück ist der einzige Fall, bei dem ein Kind im „Atlantis“ reanimiert werden musste, glimpflich ausgegangen. „Das liegt aber auch zum großen Teil an der sehr guten Ausbildung, die unsere Badefachkräfte haben“, ergänzt der ausgebildete Rettungssanitäter. Mit der Zeit erkennen sie die Situation sehr schnell und wissen, wen sie besonders im Blick haben müssen. So bemerkt auch Badefachkraft Rene-Pascal Kort durch Erfahrung, Gefühl und Konzentration sehr schnell, ob sich ein Schwimmer in Not befindet. „Der Beruf ist zwar manchmal sehr anstrengend, vor allem, wenn Eltern ihre kleinen Kinder unbeaufsichtigt lassen, aber ich mache ihn immer wieder gerne“.
Das stille Ertrinken
Macht eine Person im Wasser mit Rufen oder Winken auf sich aufmerksam, so ertrinkt sie nicht, befindet sich aber dennoch in einer Notsituation, in der ihr geholfen werden muss. Ertrinkende Kinder dagegen können nicht mehr rufend um Hilfe bitten. Ihr Körper konzentriert sich in der Zeit, in der sich der Kopf über Wasser befindet, aufs Atmen. Da ein ertrinkendes Kind seine Arme reflexartig seitlich aufs Wasser drückt, kann es sie daher nicht zum Winken benutzen. Auch Haare, die vor den Augen hängen, können nun nicht mehr zurückgeschoben werden. Weitere entscheidende Details, die Sie erkennen lassen, ob ein Kind gerade im Wasser ums Überleben kämpft, sind beispielsweise glasige, leere oder geschlossene Augen, der Versuch sich auf den Rücken zu drehen oder das Schnappen nach Luft. „Bei uns im Atlantis haben die Schwimmmeister unsere Badegäste natürlich stets im Blick“, betont Christian Krause und fährt fort: „Wenn Sie aber am Meer sind und sehen, dass ein Kind zu ertrinken droht, dann kommt es auf Sie an. Sie haben nun weniger als eine Minute Zeit, zu reagieren. Rufen Sie daher bitte SOFORT den Rettungsdienst. Erst danach können Sie versuchen, das Mädchen oder den Jungen zu retten, falls Sie es sich zutrauen. Prüfen Sie anschließend am Strand Atmung und Puls und bringen Sie das Kind in die stabile Seitenlage, falls es bewusstlos ist. Atmet es nicht, beginnen sie sofort mit der Herzdruckmassage.“
Das Trockene Ertrinken
Für Kleinkinder können auch geringe Wassertiefen unter fünf Zentimetern, wie beispielsweise in Badewannen oder größeren Wasserschalen zur Todesfalle werden. Der „Totstellreflex“verschließt die Stimmritze, sodass kein Wasser in seine Lunge geatmet werden kann. Löst sich dieser Verschluss jedoch nicht rechtzeitig, so wird der kleinen Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, das Kind droht zu ersticken. Sichtbare Anzeichen dafür, dass es sich um einen Stimmritzenkrampf handelt, sind Atemschwierigkeiten oder Husten. Hier gilt es jetzt schnell den Notarzt zu verständigen.
Das sekundäre Ertrinken
Selbst nach einigen Tagen kann ein Kind leider noch versterben, wenn es geringe Wassermengen beim Toben im Wasser eingeatmet hat, da sie in der Lunge Entzündungen verursachen können. Stellen Sie bei Ihrem Kind daher noch Tage nach dem Badeunfall Symptome wie Hustenanfälle, eine ungewöhnliche Atmung, blaue Lippen, Brustschmerzen, Teilnahmslosigkeit, Unruhe oder Durchfall und Übelkeit fest, die sich nicht bessern, dann verständigen Sie unbedingt einen Kinderarzt.
Gewöhnen Sie Ihre Kinder möglichst früh ans Wasser, um ihnen die Angst davor zu nehmen. Mit einem absolvierten Rettungskurs bei der DLRG oder einem Erste-Hilfe-Kurs für Kleinkinder können Siedie Badezeit mit ihrer Familie am Strand sorgloser genießen. Seien Sie aber bitte trotzdem immer wachsam. Kein Buch kann so spannend sein, keine SMS so wichtig, um seine Kinder aus den Augen zu verlieren.
Foto oben rechts: Christian Krause, Betriebsleiter und Meister für Bäderbetriebe im Freizeitbad Atlantis
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und adobestock/JenkoAtaman