Angststörungen

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Wenn die Angst ständiger Begleiter ist

Nahezu jeder Mensch hat hin und wieder Ängste und das ist auch von der Natur so gewollt. Angst schützt uns vor Gefahr, ist sie vorbei, entspannen wir uns wieder. Begleitet Sie die Angst jedoch ständig durch den Tag und steht in keinem Verhältnis zu der möglichen Gefahr, so könnte es sich um eine Angststörung handeln.

Es gibt Angststörungen oder Phobien, die als „normal“ angesehen werden, wie beispielsweise die Höhenangst oder die Spinnenphobie. Diese Ängste können wir noch verstehen. Anders sieht es dagegen mit Angststörungen aus, die viele Menschen so gar nicht nachvollziehen können. Eine Betroffene, ich nenne sie Petra Müller, gewährt mir einen ehrlichen Eindruck in ihren Alltag.
„Menschen mit Angststörungen sieht man ihre Erkrankung nicht an. Ich habe ja nicht auf der Stirn stehen, dass ich Panikattacken bekomme, wenn ich beispielsweise ins Geschäft gehen muss“, erzählt sie mir. „Auch wenn ich mich dadurch bloßgestellt fühlen würde, wäre so doch einiges einfacher für mich. Ich müsste der Angestellten im Discounter nicht erklären, warum ich fünfmal hintereinander das Geschäft betrete und es wieder verlasse, ohne etwas zu kaufen“, fährt die Dorstenerin fort.

Foto oben rechts: Angstörungen begleiten Betroffene ständig durch ihren Alltag
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Ursachen für Angststörungen können Erkrankungen der Leber oder der Schilddrüse sein, aber auch ein Vitamin-B1-Mangel oder ein gestörter Kalziumhaushalt. Auch Stress oder zu hohe Ansprüche an sich selbst können der Auslöser sein. So war es bei Petra Müller. Ihre schwierige Kindheit war geprägt von Verlustängsten und fehlender Stabilität. „Aufgrund meiner schwierigen Geburt mit Atemnot fehlt mir zudem das Urvertrauen, meint mein Psychologe.“
Petra Müller war als Kind zwar sehr zurückhaltend, aber in der KiTa und der Grundschule war ihr Verhalten noch normal. Erst als Jugendliche wurde der Druck, gute Leistungen zu bringen, immer größer. „Meine Angststörung fing harmlos damit an, dass ich zunächst Angst vor dem Fliegen und Reisen generell hatte. Ich studierte dennoch, aber meine ständige Sorge vor Kontrollverlust bestimmte mein Leben“, blickt sie zurück. „Als ich dann dauernde Schmerzen durch eine Nervenschädigung im Gesicht bekam, war ich ständig so angespannt, dass ich meinen Beruf schließlich aufgeben musste.“

Lange wollte Petra Müller sich nicht eingestehen, dass sie Hilfe brauchte. „Aber dann sah ich ein, dass ich mein Leben alleine nicht mehr bewältigen konnte. Ich habe mich immer mehr zurückgezogen und mich ständig im Alltag eingeschränkt und versucht viele mir angst machende Situationen zu vermeiden“, reflektiert sie ehrlich ihre damalige Situation und fährt fort: „Vor einem halben Jahr war ich dann so weit und konnte die Unterstützung durch Katja Gerber annehmen. Dieser Schritt fiel mir zwar schwer, aber ich bin froh, hingegangen zu sein. Denn die Unterstützung ist für mich eine echte Hilfe und ich merke bereits jetzt nach wenigen Treffen, dass ich vorankomme.“

Katja Gerber begleitet ihre Klientin als Mitarbeiterin des „Ambulant  Unterstützten Wohnens“ (AUW) der Lebenshilfe Dorsten. Sie beschreibt treffend, wie sich Menschen mit Angststörungen fühlen, wenn sie das Haus nicht verlassen können. „Stellen Sie sich vor, Sie können nicht vor die Tür, da Sie glauben, der Regen wäre sauer und gesundheitsschädigend für Sie.“ Petra Müller nickt. „Der Gedanke, das Haus verlassen oder ein Geschäft betreten zu müssen, verursacht mir aus heiterem Himmel Kreislaufbeschwerden, Herzrasen und Schweißausbrüche. Katja steht mir zum Glück bei meinen Ängsten zur Seite und gibt mir Sicherheit, falls mein Kreislauf versagt. Dennoch muss ich auch täglich alleine üben, manche Situationen ohne Katja auszuhalten, wie beispielsweise das anfangs erwähnte Einkaufen, auch wenn es mir schwerfällt. Ich möchte meine Probleme möglichst ohne Medikamente lösen.“ Und so hat Petra Müller für sich beschlossen, sich von ihren Ängsten bald nicht mehr vom „normalen“ Alltag abhalten zu lassen.

Foto oben rechts: Katja Gerber begleitet Petra Müller als Mitarbeiterin des „Ambulant  Unterstützten Wohnens“ (AUW) der Lebenshilfe Dorsten

„Wir sind keine Therapeuten, sondern geschulte Begleiter im Alltag für Menschen mit einer psychischen Behinderung. Wir unterstützen beispielsweise im Haushalt, begleiten die Klienten zu Ärzten und führen auch entlastende Gespräche“, erklärt Marc Kühnast Er leitet gemeinsam mit Oliver Gellenbeck das AUW und führt u. a. die Erstgespräche. „Unsere Klienten müssen sich nicht erklären, wir nehmen sie so an, wie sie sind. Wir können sie oftmals besser unterstützen als Freunde oder die Familie, die es gut meinen, aber oft über den Kopf der Betroffenen hinweg „helfen“.

Ambulant Unterstütztes Wohnen
AUW@lebenshilfe-dorsten.de
Telefon: 02362 201045

Foto oben rechts: Marc Kühnast, Co-Leiter des AUW

Text: Martina Jansen
Fotos: Chrisian Sklenak

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