Heute treffe ich Pfarrer Franke
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Heute treffe ich Pfarrer Franke
„Was fühlst du, wenn du Kirche trägst?“
„Ich möchte Feuerwehrmann werden.“
„Ich werde später Polizist.“
„Und ich Astronaut.“
Das sind wohl mit die meistgenannten Berufswünsche kleiner Jungen. Ulrich Franke dagegen wollte immer Priester werden.
Ich treffe Pfarrer Ulrich Franke in seinem Pfarrhaus an der Vehme in Dorsten. Hier arbeitet und wohnt er, hier empfängt er Freunde oder Ratsuchende. „Ich lese sehr gerne“, so Pfarrer Franke mit einem Blick auf die Bücherwand. Und tatsächlich sind die Regale hinter ihm in seinem Büro, das eher an ein Wohnzimmer erinnert, voll mit Büchern.
Pfarrer Franke ist ein sehr angenehmer Gesprächspartner, der genau zuhört. Seine Antworten sind keine Floskeln oder Standardantworten und so unterhalten wir uns im wahrsten Sinne des Wortes über „Gott und die Welt“: über die Kirche an sich, über die Akzeptanz (-krise) des Christentums, übers Zölibat, über die Zusammenlegung Dorstener Pfarreien, über die Bezeichnung Pfarrer und Pastor, aber auch über die Person Ulrich Franke.
Ulrich Franke wurde 1958 in Münster geboren und studierte dort nach seinem Abitur katholische Theologie. Anschließend wurde er im Dom zu Münster zum Priester geweiht – die Voraussetzung, eine Pfarrei leiten zu dürfen.
„Während des Studiums wohnte ich mit weiteren zukünftigen Priestern im Priesterseminar in Wohngemeinschaften. Dort konnten wir uns auf unser zukünftiges Leben als Geistliche vorbereiten, beteten zusammen und unterstütz8en uns“, erinnert sich Pfarrer Franke. Natürlich haben sie trotzdem am Studentenleben teilgenommen. „Man hat uns ja nicht eingeschlossen. Wir sind ja Weltpriester, keine Ordensbrüder“, erklärt Pfarrer Franke.
Nach einigen Berufsjahren in Dinslaken und Bottrop kam Pfarrer Franke 1994 nach Dorsten und leitet seitdem die Pfarrei „St. Agatha“. Leitet auch die Pfarrei „St. Agatha“, müsste es heißen, denn 2009 wurden vier Pfarreien aufgrund des Personalmangels zu einer zusammengelegt. Für die vier Gemeinden „St. Agatha“, „St. Johannes“, „St. Nikolaus“ und „Heilig Kreuz“ in Altendorf-Ulfkotte“ ist Pfarrer Franke nun zusammen mit einem rumänischen und einem litauischen Priester, zwei Pastoralreferenten und zwei Diakonen mit Zivilberuf zuständig. „Durch die Größe der zusammengeschlossenen Pfarreien leidet leider der persönliche Kontakt zu den einzelnen Gemeindemitgliedern“, bedauert mein Gesprächspartner.
Um zu erfahren, wie die Gemeindemitglieder zur Kirche stehen, wurde anlässlich des Patronatsfests die Kirche in die Hände vieler Dorstener gegeben. „Was fühlst du, wenn du Kirche trägst?“ Diese Frage konnte wörtlich genommen werden, denn die Dorstener trugen die Holzkirche der Heiligen Agatha, geschnitzt von Tisa von Schulenburg, tatsächlich in ihrer Hand. „Die Antworten, die wir auf die Frage bekamen, waren sehr ehrlich und daher auch oft erstaunlich“, so Pfarrer Franke.
Ich habe den Eindruck, Pfarrer Franke ist ein moderner Geistlicher, er selbst hält sich aber eher für traditionell. „Ich fühle mich schon sehr katholisch und verbunden mit der katholischen Kirche.“ Pfarrer Franke lebt natürlich das Zölibat, aber auch die Lebensform der Partnerschaft und Ehe hat für ihn durchaus seinen Wert. „Wenn ich kein Priester geworden wäre, dann hätte ich jetzt sicherlich eine Familie.“
Der 59-Jährige ist gerne mit Menschen zusammen, ist kein Verwalter der Gemeinde und sucht daher auch den Kontakt zu seinen „Schäfchen“. Sei es durch Kontaktstunden in der Schule zur zusätzlichen Begleitung zur Erstkommunion, bei kirchlichen Exkursionen, bei Schulgottesdiensten in der St. Agatha Schule oder auch auf der Palliativstation des St. Elisabeth-Krankenhauses.
„Katholisch“ ist griechisch und bedeutet „allumfassend“ und so sehe ich mich auch als Seelsorger. Ich versuche immer die Zeitumstände und die Menschen zu verstehen, muss aber nicht alles akzeptieren. Ich versuche jedoch immer eine gelungene Mischung zu finden zwischen Tradition und dem aktuellen Zeitgeist.“
Pfarrer Franke ist natürlich nicht nur Geistlicher. So hat auch er Hobbys wie das (Berg-) Wandern („Das macht den Kopf frei“), das Hören klassischer Musik („mit Gefühl, nicht nur mit dem Kopf“) oder die Besuche zeitgenössischer Kunstausstellungen.
Mein Blick fällt auf seine Gitarre. „Leider habe ich sie in letzter Zeit sehr vernachlässigt“, bedauert mein Gesprächspartner. „Auch das Singen, das mir früher im Kinder-, Schul- und Studentenchor sehr viel Freude bereitete, ist weniger geworden. Jetzt singe ich fast nur noch während der Messfeiern. Aber dann schwingt nicht nur meine Seele, sondern mein ganzer Körper mit.“
So fühlt Pfarrer Franke Kirche.
Foto oben rechts: Ab und an nimmt Herr Pfarrer die Gitarre doch noch zur Hand und dann zeigt sich: Er hat das Spielen nicht verlernt
Die St. Agatha Kirche ist offen für Marktmusik, für Konzerte mit dem Kirchenchor und auch für Kunstausstellungen, die in einen Dialog mit dem Kirchenraum treten. Sollten also Ihre Werke, liebe Leserin, lieber Leser, zum Thema „Kirche“ passen und Sie möchten sie gerne der Gemeinde zeigen, dann nehmen Sie doch bitte Kontakt zu Pfarrer Franke auf.
(0 23 62) 1201413
www.agatha-dorsten.de
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak