Heute treffe ich Marion Taube, Anstifterin und Kuratorin
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Heute treffe ich Marion Taube, Anstifterin und Kuratorin
„Marion Taube? Sie hat doch den Polder-Park geschaffen!“
„Marion Taube? Hatte die Frau nicht auch was mit der Anstiftung zur Stadtentdeckung zu tun?“
„Marion Taube macht doch jetzt auch den neuen Stadtpark, oder?“
Den Namen Marion Taube kennen die Dorstener. Manch einer weiß sogar, wie sie aussieht. Aber wer ist diese Frau? Wer ist Marion Taube?
Ich traf Marion Taube bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung der Idee des Bürger-Stadtparks und erlebte eine Frau, die für ihr Projekt brannte. Mit ihr bekam eine „trockene“ Pressekonferenz Unterhaltungswert. Da lag es nahe, diese enthusiastische Frau zu fragen, ob sie mir für die Heute-treffe-ich-Geschichte zur Verfügung stehen würde.
Die 54-Jährige lud mich daraufhin zu Tee und Kaffee in ihren „Taubenschlag“, wie sie ihr Haus am Waldrand liebevoll bezeichnet, und erst nach drei Stunden verließ ich es wieder. Marion Taube hat viel zu erzählen. Sehr viel! Und sie erzählt es so lebendig, dass ich ihr sehr gerne zugehört habe.
Dabei sprach sie kaum nur von sich, sondern immer von dem Team, mit und in dem sie gearbeitet hat. Sie sprach von den verschiedenen Menschen um sie herum und von der Dankbarkeit, dass sie dies alles erleben durfte. Und sie sprach von den Anfängen ihrer beruflichen Karriere.
Die junge „Taube“ war damals schon anders. Sie lebte Anfang der Achtziger Jahre mit einer Freundin in einer der ersten Frauen-WGs Dorstens. Dennoch wollte sie raus. Raus in die weite Welt. Dorthin, wo die Künstler waren. Dorthin, wo sie sich austauschen konnte. Dorthin, wo sie Möglichkeiten hatte, Kunst zu studieren: Marion Taube wollte nach Hamburg.
Heute benötigen Abiturienten einen Tastenklick und sie bekommen die Infos der Universitäten, die sie brauchen. Das war damals natürlich noch nicht so. So trampte die 20-Jährige nach Hamburg und hielt sich drei Tage mit 50 DM über Wasser. „Ich bin heute noch Marion Sartory dafür dankbar, dass sie es mir ermöglichte, bei der Starfriseurin Marlies Möller Haarmodel sein zu dürfen. Ich hatte dann zwar eine Dauerwelle, aber dafür auch Geld in der Tasche.“
Drei Tage brauchte die Abiturientin in Hamburg, danach stand für sie fest: „Ich werde Kunstgeschichte, Politikwissenschaft und Sinologie, die Chinawissenschaft, studieren.“ Der Katholikin gefiel – und gefällt immer noch - die asiatische Kultur und Philosophie, die sich auf die Schönheit der einfachen Dinge beschränkt.
Das ganze Studium über jobbte sie beim NDR als Redaktionsassistentin. Tagesthemen und Tagesschau waren ihre Bereiche und ihr erster „großer Meister“ war Hanns Joachim „Hajo“ Friederichs. „Es war einfach wunderbar ihn getroffen zu haben“, schwärmt Marion Taube noch heute von dem Journalisten und Moderator.
Die Studienzeit ging vorbei, der Abschluss war in der Tasche, Marion Taube kehrte nach Dorsten zurück und hielt die Augen offen. Als Fügung sah die frisch gebackene Kunsthistorikerin die Internationale Bauausstellung Emscher Park im Jahre 1989. „Industriekultur“ war damals noch ein Fremdwort, als Geschäftsführer Karl Ganser Marion Taube zu sich als Referentin für Presse und Öffentlichkeitsarbeit holte und ihr zur IBA-Halbzeit später die Leitung des für sie neugegründeten Bereiches Kunst und Kultur übertrug. Bei Karl Ganser, ihrem zweiten „Meister„ habe sie gelernt: „Nein‘ zu jedem Mittelmaß zu sagen und stattdessen Fragen zu stellen nach den besten Alternativen!
Nach diesen zehn Jahren hieß es für die mittlerweile zweifache Mutter erst einmal: Durchatmen mit Mann und Kindern damals noch im Revier lebend. Jedoch nicht lange. Bereits nach einem Monat wurde aus dem bewussten Durchatmen eine kurzfristige „Schnappatmung“, wie die Lembeckerin es bezeichnet. Das Telefon klingelte und kein Geringerer als Karl-Heinrich Müller, Gründer der Museumsinsel Hombroich in Neuss, begrüßte sie am Telefon, lud sie zu sich ein und bot ihr den Posten als Geschäftsführerin an.
„Ich liebte diese Arbeit. Hier wurde Kultur mit Natur in einem Atemzug gedacht, Schönheit als große Schlichtheit gelebt. Das war für mich wie der Eintritt in den Olymp“, schwärmt Marion Taube noch heute. Müller nennt sie ihren dritten und letzten „Meister“. Kurze Zeit später wurde sie Gründungs- und Museumsdirektorin der „Langen Foundation“.
„Hier und auf der ehemaligen Raketenstation Hombroich lernte ich großartige Menschen kennen. Noch heute leben und arbeiten hier Künstler, Literaten, Komponisten und Wissenschaftler aus verschiedenen Nationen und Kulturkreisen.“
Foto oben rechts: Suchen Sie sich doch auch, wie hier Marion Taube, Ihren Lieblingsbaum im neuen Stadtpark aus
Es gibt für alles eine Zeit. Eine Zeit zum Arbeiten und eine Zeit für die Familie. Und diese Zeit war für die Kuratorin 2005 gekommen. Sie drehte ihr Lebensmodell kurzerhand aus freien Stücken um: Kochen, Garten, Familie, das war nun der Mittelpunkt ihres Lebens. Bis zu dem Moment, als Marion Taube hörte, dass die alte Ursulinenklausur abgerissen werden sollte. Da erwachte in der „Freitaube“ wieder ihr Weg des zweiten Blicks und die Fähigkeit, in Alternativen zu denken. Im Jüdischen Museum fand sie ihren idealen Partner zur Öffnung der Sinne für Dorstens versteckte Schönheiten. Somit war 2013 die Anstiftung zur Stadtentdeckung geboren. Offene Gärten und offene Ateliers fanden Interesse bei den Dorstenern und zeigten von der Sehnsucht nach Gemeinsamkeit und Verbundenheit. Daraufhin entstand zwei Jahre später auf Initiative der „Anstifterin“ in Kooperation mit der Rotterdamer Künstlergruppe Het Observatorium und in Zusammenarbeit mit dem Lippeverband der PolderPark, der Stadtpark auf Zeit zwischen Kanal und Lippe. „Die Resonanz und Akzeptanz der Dorstener war überwältigend“, erinnert sich meine äußerst angenehme Gesprächspartnerin. „Damit haben wir nicht gerechnet. Und von Tag zu Tag entwickelte sich der Polderpark durch liebevolle Zuwendung der Bürger immer weiter.“
Zwei Jahre ließ Marion Taube das Erlebte sacken, jetzt steht ein neues Projekt an. Da sie nicht sucht, sondern findet, wie sie erzählt, fand sie noch immer unheimlich viel gute Energie unter den Dorstenern und eine unerfüllte Sehnsucht nach einem dauerhaften Stadtpark. So entstand die „Stadtkrone„ als Park, den die Bürger gestalten.
Das Zitat Joseph Beuys‘ „Jeder Mensch ein Künstler. Jeder Mensch ein Sonnenkönig“ änderte Marion Taube für sich passend um in „Jeder Mensch ein Bürger. Jeder Mensch ein Stadtjuwel.“
Und daher liegt es jetzt an uns allen, Ideen einzubringen und den Park zu unserem Park zu machen!
Marion Taube ist es wichtig, sich nicht selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sie möchte junge Talente fördern. Umso mehr freut sie sich daher, dass ihre Arbeit immer wieder Früchte trägt. So belebte Anike Joyce Sadiq 2013 das offene Atelier während der Stadtentdeckung. Kurz darauf erhielt sie das begehrte Villa Romana Stipendium in Florenz. Bernhard von Mies.TV, einer Wiener Architekturplattform, trifft sie aktuell für ein Porträt auf der Suche nach Kontext im Raum. „So ist auch Jonas Wansing, mein junger Sparringspartner und Grafikgenie, der alle Dorstener Freitaube-Projekte mitgeprägt hat, ein solches Pfund an Kreativität. Das ist genau das, was ich liebe - die Arbeit mit talentiertem Nachwuchs. Ich möchte jungen Menschen Mut machen, ihren eigenen Weg zu gehen. Trau dich und denke daran: ‚Man muss trachten seine Träume zu verwirklichen, um zu erkennen, was sie wirklich wert sind.‘“
Am 17. November findet auf dem Gelände des zukünftigen Stadtparks um 20 Uhr das erste Event statt. „Zauberlicht für Gänsehaut“ nennt Marion Taube den Abend, der die Dorstener mit strahlenden Augen wieder an den alten Ort führen soll. Diesen Termin sollten Sie sich liebe Leserin, lieber Leser, daher schon mal freihalten. Wir werden Sie darüber hinaus weiterhin – auch online unter www.lokllust.de - regelmäßig über weitere Veranstaltungen und den Fortschritt der Stadtkrone informieren.
Text: Martina Jansen
Fotos: Moritz Brilo