Bernd Sauerwein-Fox, Leiter der VHS Dorsten

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Bernd Sauerwein-Fox, den Leiter der VHS Dorsten

Frischer Wind in der VHS Dorsten – Makramee war vorgestern

Ein äußerst sympathischer Mann begrüßt mich und bittet mich in sein Büro. Das ist also die Schaltzentrale der Volkshochschule: Hell, luftig und übersichtlich. Der Mann, der hier die Fäden in der Hand hält, hat einen wohltuenden Klang in seiner Stimme und scheint in sich zu ruhen. Bernd Sauerwein-Fox spricht besonnen, ruhig, aber absolut nicht langweilend und so erfahre ich, dass er, bevor er 1988 hier in der VHS anfing, sechs Jahre lang als Deutsch- und Sportlehrer arbeitete. Okay, Sportlehrer wundert mich jetzt nicht bei der sportlichen Figur, aber dass er als Deutschlehrer unterrichtete, das irritiert mich dann doch etwas. Da sind meine Erinnerungen an Deutschlehrer meiner Schulzeit komplett anders.

Da seine Frau in Witten als Lehrerin beschäftigt ist, entschied sich die Familie, in Bochum wohnen zu bleiben. „Ich nehme jeden Morgen die Fahrt von Bochum nach Dorsten gerne auf mich“, erzählt mir der Leiter der VHS. „Da ich nicht an feste Zeiten gebunden bin, fahre ich morgens los, wenn der Büroverkehr vorbei ist und komme abends ja selten vor 21:00 Uhr zurück.“
2008 hat der 62-Jährige die Stelle als Leiter der VHS angenommen und kommt immer noch gerne jeden Tag in sein Büro. „Die Arbeit ist sehr umfangreich und wird nicht langweilig, da immer wieder neue Anforderungen auf mich und meine Mitarbeiter zukommen.“

Foto oben rechts: Bernd Sauerwein-Fox ist Leiter der VHS Dorsten

Die Zeiten, als ich die VHS hauptsächlich mit Englischkursen, dem Nachholen des Hauptschulabschlusses und mit Häkeln, Klöppeln und Makramee verbunden habe, sind eindeutig vorbei. Das wird mir bewusst, als mir Bernd Sauerwein-Fox das neue Programm vorstellt. Etwa 600 Kurse pro Jahr mit 9000 Belegungen bietet die VHS an. Da sie ein kommunales Weiterbildungszentrum ist, muss sie viele verschiedene Bereiche abdecken. So finden neben altbewährten Sprachkursen auch Kurse in Arabisch für die ehrenamtlichen Helfer bei der Flüchtlingshilfe statt. Die seit 2005 vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorgeschriebenen Integrationskurse werden hier ebenfalls abgehalten. Seit 2015 bietet die VHS zusätzlich Deutschkurse mit geringem Einstiegsniveau unabhängig von Nation und Sprache an. In diesen Flüchtlingskursen sollen zumindest geringe Deutschkenntnisse vermittelt werden, auch wenn kaum Bleiberecht bei den Kursteilnehmern besteht.

„Bei diesen zusätzlich vorgeschriebenen Aufgaben durch das BAMF muss ich mit meinen Mitarbeitern einen Spagat schaffen, um einerseits die Anforderungen zu erfüllen, ohne auf der anderen Seite bestehende Kurse darunter leiden zu lassen“, so Bernd Sauerwein-Fox. „Leicht ist das gewiss nicht immer, aber dank meiner motivierten Mitarbeiter und der etwa 200 Dozenten haben wir es bis jetzt immer geschafft.“

Die größte Nachfrage besteht mit 3500 Belegungen pro Jahr im Bereich Gesundheit und Umwelt, erfahre ich durch meinen Gesprächspartner, der seit 1988 selbst Fitnesskurse hier im Haus leitet. „Ich arbeite gerne im gesundheitlichen Bereich und habe Spaß daran, mit Menschen zusammen zu sein. Das ist ein hervorragender Ausgleich zum Büroalltag, der viel Planung beinhaltet. Etwa 20 Prozent unserer Angebote sind in jedem Semester neu“, teilt mir der VHS-Chef weiter mit. „Wir müssen den Markt beobachten und am Puls der Zeit bleiben.“
Die Chance, auf dem zweiten Bildungsweg staatliche Schulabschlüsse nachzuholen, nutzen immer mehr Menschen zwischen 17 und 45 Jahren, die Bernd Sauerwein-Fox auch persönlich betreut. „Wir haben hier eine völlig andere Situation als in der Schule und damit auch eine deutlich entspanntere Lernatmosphäre, da die Kursteilnehmer freiwillig und selbstbestimmt teilnehmen. Zudem sind alle Kursleiter für den zweiten Bildungsweg ausgebildete Lehrkräfte, die überdurchschnittlich motiviert sind“, erzählt Bernd Sauerwein-Fox weiter.

Ob er denn auch etwas über die weiteren Lebenswege seiner „Schüler“ erfährt, wollte ich gerne von ihm wissen. „Selten“, kommt etwas bedauernd die Antwort, „aber an ein Feedback kann ich mich noch gut erinnern: Der WDR drehte hier in der VHS einen Bericht über eine ehemalige Kursteilnehmerin, die hier bei uns die Fachhochschulreife auf dem zweiten Bildungsweg erlangte und mittlerweile Professorin geworden ist. Das zeigt mal wieder, dass es nie zu spät ist, sich weiterzubilden.“

Berufliche Weiterbildung wird jedoch nicht nur für Privatpersonen angeboten, auch Firmen können auf Bestellung Kurse belegen, die speziell auf ihre Firma zugeschnitten sind, wie zum Beispiel beim Thema EDV oder Mitarbeiterführung. Aber auch die Bewältigung von Alltagsproblemen für jedermann deckt das Programm ab. So wurde sowohl an die ältere Generation mit Kursen über den Umgang mit Smartphones und Computer, als auch an Kurse für Kinder bzw. Jugendliche gedacht. Kurse sollen Spaß machen, also zielen die Angebote auch genau darauf ab. Aber auch hier kommt die Bildung nicht zu kurz und so stehen Vorbereitungskurse zum Abitur und zur ZAP zur Verfügung. Damit dürfte das frühere Image der VHS, hauptsächlich eine Begegnungsstätte für ältere Leute zu sein, endgültig überholt sein.
„Auch wenn die viel zitierten Makrameekurse längst der Vergangenheit angehören, legen wir dennoch Wert auf Kreativität und bieten daher Kurse unter anderem im Bereich Malen, Zeichen und ganz aktuell und angesagt Schneidern ‚Aus alt mach neu‘ an“, stellt Bernd Sauerwein-Fox weiter das aktuelle Programm der Volkshochschule vor. „Aber auch die Kultur kommt nicht zu kurz. Dafür steht unser Kulturbus zur Verfügung. Die Themenvielfalt ist so groß, dass leider nicht jeder Kurs ausführlich vorgestellt werden kann. Aktuelle politische Themen wie „Amerika nach der Präsidentenwahl“ oder „Die Türkei, Generation Allah“ fehlen jedoch ebenso wenig wie Powerkräuter fürs Immunsystem, digitale Fotografie (auch als Bildungsurlaub), Social Media, Stärkung des Selbstbewusstseins, ein Kurs, der speziell nach den Vorfällen der Silvesternacht in Köln neu ins Programm aufgenommen wurde, sowie der Life-Kinetik-Kurs, bei dem das Gehirn durch Koordination und Bewegung geschult wird und nicht zu vergessen der Kulturrucksack NRW, der von der Landesregierung gesponsert wird und mit dem bei 10- bis 14-Jährigen das Interesse an Kulturangeboten geweckt werden soll – durch die Bank interessante Kursinhalte, die es wert sind, sich näher mit ihnen zu beschäftigen.

Auch medientechnisch ist die VHS auf dem neuesten Stand, so können mit der VHS App Kurse gebucht und die Termine dazu automatisch aufs Smartphone übertragen werden. Die Zeiten der langen Schlangen im Foyer am ersten Anmeldetag der achtziger Jahre sind zum Glück vorbei und damit auch die enttäuschten Gesichter, wenn nach stundenlangem Warten, auf der Tafel hinter dem Wunschkurs „belegt“ stand.

All das stemmt die VHS natürlich nicht alleine, sondern kooperiert mit vielen lokalen und (über)regionalen Einrichtungen, innerhalb Dorstens ist die VHS trotz ihrer Insellage zwischen Lippe und Kanal gut vernetzt. So zählen das Dorstener Krankenhaus mit Gesundheitswochen im Herbst, die Windor mit Fachvorträgen, das alte Rathaus, der Treffpunkt Altstadt, das LEO, der Lippeverband mit der Fotoexpedition Lippeland sowie Schulen zu ihren Kooperationspartnern.

Zwei Kurse interessieren mich persönlich am meisten: Zum einen „Lachen ist gesund“, Lachyoga, nach indischem Vorbild und zum anderen der Vortrag von Sky du Mont zum Thema Alter und Demenz: „Stehe ich jetzt unter Denkmalschutz? Älterwerden ist nichts für Spaßbremsen“. Ich werde jedoch trotzdem an diesen beiden Kurse nicht teilnehmen, erstens lache ich ohnehin schon genug und auch wenn ich zweitens Sky du Mont auch noch so toll finde – für dieses Thema bin ich noch nicht wirklich bereit.

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak

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