Bürgerstiftung Haltern

von Ulf Steinböhmer

Haltern. Nach zweijähriger Corona-bedingten Pause trafen sich jetzt wieder im Schloss Sythen Stifter, Zeitstifter, Spender und Förderer der Bürgerstiftung Halterner für Halterner zum Stifterforum. Die Freude, dass der persönliche Austausch an Informationen und die Diskussion darüber in geselliger Runde wieder stattfinden konnten, prägte die Stimmung.
Die künftige Arbeit wird von vier jüngeren Gremienmitgliedern mitgestaltet, wie Petra Giewald, stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates, vorstellte: Maik Schrief (43), wirkt im Stiftungsvorstand mit, der Stiftungsrat kann auf Impulse und Mitarbeit von Anne Buschkamp (48), Christian Schiwek (42) und Dr. Philipp Schulte-Mecklenbeck (37) setzen. Aus persönlichen Gründen hatten sich der bisherige stellvertretende Vorstandsvorsitzende Franz-Josef Berheide, sowie die Ratsmitglieder Regine Schröder und Dr. Frank Borchert nicht wieder zur Wahl gestellt. Sie bleiben aber – wie übrigens bislang alle ehemaligen Gremienmitglieder - der Bürgerstiftung verbunden und boten ihre weitere Mithilfe an, wenn diese gefragt ist. Das Angebot wurde gerne angenommen.

Die Vorstandsvorsitzende, Dr. Reinhild Tuschewitzki, zeigte auf, dass Corona die Arbeit in den letzten beiden Jahren einerseits gelähmt, andererseits Neues erforderlich gemacht hat. Die Lese- und Lernpaten konnten nicht in die Schulen. Andererseits kam ein Hilferuf von der Halterner Tafel. „Ein sprunghafter Anstieg der Kundenzahlen um mehr als 40 %, die steigenden Energie- und Spritkosten sowie der Rückgang von Lebensmittelspenden aus dem Handel führten zur Geldknappheit und Versorgungsengpässen. Die Bürgerstiftung – und weitere Geld- und Sachspender – halfen, dass der Aufnahmestopp beendet werden konnte“.

Die Preisentwicklung mache ja schon denjenigen zu schaffen, die in eigentlich wirtschaftlich stabilen Verhältnissen leben, „wie viel mehr wirkt sich das Problemgemenge bei Mitbürgern aus, die schon vorher in finanziell schwierigen Situationen lebten?“ Wer bisher so einigermaßen über die Runden gekommen sei, werde unter die Armutsgrenze rutschen. „Bereits im November 2021 lebten in Haltern laut Schuldnerberater Christian Overmann von der Diakonie 3.906 Personen in prekären finanziellen Verhältnissen. Unter Einbeziehen der Dunkelziffer ging er schon damals von 4.260 Personen aus. Und: Gerade in Haltern seien viele Mittelständler insolvenzgefährdet.“
Der Staat versuche mit seinen Hilfspaketen zu unterstützen, werde aber nicht alles auffangen können. „Da ist es gut, dass Haltern eine Bürgerstiftung hat, die sich der ärgsten Nöte der Mitbürger unbürokratisch und rasch annehmen kann“, so Reinhild Tuschewitzki.

Franz-Josef Berheide (r.) schied aus dem Vorstand aus, stellte sich mit den bisherigen und neuen Vorstands- und Ratskollegen zum Foto. Darauf fehlen die Ratsmitglieder Willi Grave und Dr. Philipp Schulte-Mecklenbeck. Fotos: Bürgerstiftung

Bild oben: Franz-Josef Berheide (r.) schied aus dem Vorstand aus, stellte sich mit den bisherigen und neuen Vorstands- und Ratskollegen zum Foto. Darauf fehlen die Ratsmitglieder Willi Grave und Dr. Philipp Schulte-Mecklenbeck. Fotos: Bürgerstiftung

Die Bürgerstiftung erhalte mehr und mehr Anfragen nach Hilfen. „Betroffen sind vor allem jüngere Leute, junge Familien, Alleinerziehende, körperlich und/oder psychisch erkrankte Menschen.“ Da kann jemand den Eigenanteil von 78 Euro für Orthopädische Schuhe nicht zahlen, da muss jemand in eine Reha, hat aber keine geeignete Kleidung. Da kann ein Jugendlicher nicht mit auf Klassenfahrt, weil die Eltern nur die Hälfte der Kosten tragen können. Da kommen Kinder mit billigsten Schulmaterialien in die Klassen, können schon deshalb keine guten Arbeiten abgeben, verlieren die Lernfreude. Hier stellt die Bürgerstiftung den Schulen Lernmaterial („selbstverständlich gekauft in Haltern!“) zur Verfügung, das die Lehrer diskret austauschen können. Ebenso sorgt die Bürgerstiftung dafür, dass auch Kinder aus Familien, deren Einkommen knapp über der Beitragsfreiheits-Grenze liegt, nicht vom gemeinsamen Schul-Mittagessen ausgeschlossen werden oder dass sie nach dem Wechsel von der Grund- auf weiterführende Schulen Anschluss an die Klassen halten können.

Darüber hinaus wirkt die Bürgerstiftung im Netzwerk „Ukrainehilfe“ mit, das in Haltern ankommenden Flüchtlingen schnell und unproblematisch zur Seite steht, ebenso im „Netzwerk Kindeswohl“ der Stadt, bei Pro Anima, das sich um Kinder mit psychisch- oder suchtkranken Eltern kümmert.
Neues plant sie auch. Beispielsweise soll nach den Herbstferien die Miniphänomenta auf alle Halterner Grundschulen ausgeweitet werden. Diese wurde seit 2012 auf Initiative der Bürgerstiftung an den Grundschulen Sythen/Lavesum von begeisterten Schülern (und Lehrern) genutzt. Hier können Schüler an Stationen spielerisch naturwissenschaftliche und technische Zusammenhänge im wahrsten Sinne des Wortes „begreifen“.
Dr. Tuschewitzki betonte: „So viel Gutes – und noch viel mehr – konnten wir hier in Haltern am See dank Ihrer Stiftungsgelder, Geld- und Zeitspenden, Ihres Verzichtes auf Geschenke oder auf Blumen bei Beerdigungen stiften. Dafür sagen wir herzlichen Dank“.

Bürgerstiftung Halterner für Halterner mit den Namensfonds Berghilfe, Alexander-Lebenstein- und Flatau-Stiftung in Zahlen:

2016 gegründet von 83 Stiftern, die 250.000 Euro zusammentrugen.
2021 getragen von 168 Stiftern mit insgesamt 988.034 Euro Kapital.

Den Kapital-Anstieg verdankt die Bürgerstiftung zu einem großen Teil dem Erbe einer Halternerin. „Auf diese Weise hat sie gesichert, dass ihr Wunsch und der ihres zuvor verstorbenen Ehemannes über ihren Tod hinaus erfüllt wird: Menschen in Haltern am See zu helfen, die Unterstützung benötigen“, so Reinhild Tuschewitzki. Und fügte hinzu: „Für diesen Teil des Erbes muss auch keine Erbschaftssteuer gezahlt werden. Es lohnt sich also unter Umständen, an diese Form des Vererbens zu denken…“.

Ausgaben für Stiftungszwecke
seit Gründung: 431.111 Euro.
im Jahr 2021: 39.687 Euro

Hinzu kommt der ganz erhebliche Wert an rein ehrenamtlicher Arbeit.

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