Woher kommt mein Frühstücksei?
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Woher kommt mein Frühstücksei?
Besuch eines Hühnermobils mit glücklichen Hennen
Mobile Hühnerställe sind gerade sehr angesagt und zum Glück gibt es auch in Dorsten einige „Eierbauern“, die auf artgerechte Tierhaltung setzen. Auch Andreas Vortmann aus Altendorf-Ulfkotte hat auf seinen Wiesen einige der größten mobilen Hühnerställe Europas stehen. Ich bin heute zu Besuch bei ihm auf einem der ältesten Bauernhöfe in Dorsten.
Der Hofladen von Dorothee und Andreas Vortmann ist gut besucht, fast jeder Kunde kommt mit Eiern heraus. Die Eierproduzenten konnten sie bereits bei der Anfahrt zum Hof sehen. Die zahlreichen Legehennen haben sich auf der Wiese verteilt und fressen gesundes Grünfutter. Und das wirkt sich natürlich auch auf den Geschmack der Eier aus.
„Ein Huhn braucht gar nicht so viel, um glücklich zu sein“, erklärt der Landwirt. „Frische Luft, Auslauf und gutes Futter, viel mehr benötigen sie nicht. Das alles bieten wir ihnen natürlich, denn wir möchten unseren Tieren ein gutes Leben mit optimalen Lebensbedingungen ermöglichen.“ Auf dem Weg zu einem seiner mobilen Hühnerställe erklärt mir Andreas Vortmann, woran ich das Ei eines gesunden Huhnes erkenne. „Der Dotter hat ein sattes Goldgelb, die Schale ist fest und das Eiweiß hat eine gute Konsistenz.“
Foto oben rechts: Andreas Vortmann vor einem seiner mobilen Hühnerställe
Bald darauf stehen wir im Vorraum des Hühnerstalls. Zu sehen ist von den Junghennen noch nichts, aber sie machen sich bereits lautstark bemerkbar. Mir springt sofort die Technik ins Auge. „Hier wird nichts dem Zufall überlassen, wir haben alles im Blick“, zeigt Andreas Vortmann stolz auf die computergesteuerte Anlage.
Der Produktionsbetrieb hier ist der tägliche Arbeitsplatz seines Sohnes Johannes. Der Landwirtschaftsmeister zeigt mir die Möglichkeiten, die die moderne Technik bietet. Luftzufuhr, Lichtstärke und Temperatur sind die Faktoren, die ständig überwacht und eventuell nachgeregelt werden. „Wir erfassen aber viel mehr Werte. So können wir beispielsweise anhand des Verhältnisses von Wasser und Futter, das verbraucht wurde, oder auch anhand des durchschnittlichen Gewichtes der Hennen frühzeitig erkennen, ob die Herde gesund ist. Fressen sie beispielsweise zehn Prozent weniger Futter, trinken aber zehn Prozent mehr, so bahnt sich eventuell eine Krankheit an. Trinken sie weniger, fressen aber die gleiche Menge, dann werden sich die Hühner ihren Durst wohl auf den Wiesenpfützen gestillt haben.“ Johannes‘ Vater ergänzt: „In diesem Fall müssen wir natürlich darauf achten, ob wir Wildgänse sehen, die sich aus derselben Tränke bedienen. Hier ist die Gefahr der Übertragung der Geflügelpest sonst zu hoch.“
Foto oben rechts: Landwirtschaſtsmeister Johannes Vortmann betreibt mit seinem Vater Andreas den Hühnerhof in Altendorf-Ulfkotte
Er öffnet die Tür zum eigentlichen Stall. Der Geruch, die Wärme und das Gackern sind erst einmal ungewohnt für meine Nase, Augen und Ohren, aber daran gewöhne ich mich sehr schnell. Die 2500 Junghennen in diesem Stall interessieren sich nicht für uns, haben aber auch keine Angst vor uns. Noch bleiben sie im Stall, denn sie müssen erst lernen, wohin sie ihre Eier legen sollen. Diese fallen hinter dem Huhn von der Legekammer aufs Fließband und werden per Knopfdruck direkt in den Vorraum gefördert. Bevor sich das Huhn umdrehen würde, wäre das Ei also schon weg.
Die Eier werden zur Sortierhalle gefahren, wo sie gewogen, mit den Daten des Hofes „gestempelt“ und abgepackt werden. Von hier aus gehen sie dann entweder in den Handel, in den Hofladen oder nach Marbeck, wo sie auch außerhalb der Osterzeit gefärbt werden. Gewaschen werden die Eier nicht, das würde die Schutzschicht der Schale zerstören und die Eier würden schneller altern. „Wir überlegen noch, was wir am sinnvollsten mit dem Ausschuss machen können“, so der Dorstener Landwirt. „Ein warmes Frühstücksei gehört für mich zwar zu einem Sonntagmorgen, aber so viele Eier können wir auch nicht essen, um sie selbst zu verbrauchen.“
Foto oben rechts: Über die Hühnerleiter des Wintergartens gelangen die Hennen ins Freie
Ab der 20. Lebenswoche dürfen die jungen Hennen endlich durch den angebauten Wintergarten, dem sogenannten Scharr-Raum, hinaus auf die Wiese. Hier bleiben sie bis abends, bis sie freiwillig wieder ihre Sitzstangen im Stall aufsuchen. Nach knapp zwei Jahren werden alle Hühner, samt des einzigen Hahnes in der Hühnerschar, ausgetauscht. „Das hat den Vorteil, dass wir nach dem Desinfizieren komplett bei null anfangen und so auch keine Krankheiten eingeschleppt werden. Auch das Versetzen der mobilen Ställe trägt dazu bei, dass die Hühner nicht nur ständig frisches Gras erhalten, der Boden ist somit auch nicht durch Krankheitserreger vorheriger Hühner verschmutzt.“
Auf diese Weise sind ständig sieben Hühnerherden jeden Alters auf dem Hof anzutreffen. Die Freilandhaltung hat natürlich auch einen Nachteil: „Durch die Füchse und den Habicht haben wir etwa dreimal so viel Ausfall wie bei der reinen Stallhaltung“, bedauert Andreas Vortmann. „Dennoch bleiben wir bei dieser Art der Tierhaltung. Zudem überlegen wir auch, die Tiere hier am Hof durch mobile Schlachthöfe selbst zu vermarkten, anstatt sie stundenlang durch die Gegend zu fahren. Dafür haben Johannes und ich kürzlich einen Sachkundenachweis fürs Geflügelschlachten abgelegt. Der erste Kurs in Westfalen-Lippe fand übrigens bei uns auf dem Hof statt.“
Foto oben rechts: Zu zweit antreten und durchzählen, ob alle Hühner noch da sind, das ist bei 2500 Hühnern natürlich nicht mehr möglich, auch wenn es auf dem Foto so aussieht
Um Tiere artgerecht zu halten, ist nicht nur viel (Hand-) Arbeit nötig. Ich persönlich würde mir daher wünschen, wenn viel mehr Verbraucher bereit wären, statt neun Cent für ein Massenhaltungs-Hühnerei aus dem Discounter einen angemessenen fairen Preis zu zahlen.
Wissenswertes um Huhn und Ei
Je frischer das Ei, umso fester die Schale.
Die Farbe der Eier liegt an den Pigmenten der Kalkschale und wird bestimmt durch die Gene der verschiedenen Rassen.
Hühner stammen von Dinosauriern ab.
Ein Huhn ist nicht dumm, sondern sehr sozial.
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak