Wirtschaftsgespräch
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Wirtschaftsgespräch
Gelungene Premiere für ein neues Format im Wechsel mit dem Wirtschaftsempfang, Verabschiedung von Josef Hadick als WINDOR- und DWG-Geschäftsführer
Gelungene Premiere: Mit dem “Wirtschaftsgespräch” bot Dorstens Wirtschaftsförderung WINDOR gemeinsam mit der Stadt Dorsten am Donnerstagabend im Paul Spiegel Berufskolleg eine neue, kleinere Form der Zusammenkunft für Unternehmer_innen an, die künftig im zweijährigen Wechsel mit dem größeren Wirtschaftsempfang stattfinden wird. Neben einem faktenreichen und nachdenklich stimmenden Vortrag zum Strukturwandel stand an diesem Abend die offizielle Verabschiedung von Josef Hadick im Mittelpunkt. Der WINDOR- und DWG-Geschäftsführer war bereits vor einigen Monaten coronabedingt “still” in den Ruhestand getreten.
Rund 90 Dorstener Unternehmer_innen waren zu diesem Abend eingeladen worden, die in den letzten fünf Jahren besondere wirtschaftliche Kontakte zu Hadick hatten. Der Lembecker habe, so Bürgermeister Tobias Stockhoff, neue Komponenten in die Dorstener Wirtschaftsförderung gebracht: Er sei "weltoffen und zugleich bodenständig”. In seinen fünf Jahren in Diensten der Stadt habe er “ein maßgebliches Kapitel unserer Wirtschaftsgeschichte geschrieben”. Diese fünf Jahre waren die letzte Phase des Strukturwandels nach dem Aus von Zeche, Betonwerk Stewing, Maschinenfabrik und vielen Zulieferern, die von diesen großen Arbeitgebern abhängig waren. Im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends gab es in Dorsten 4700 Arbeitslose und nur 13 500 sozialversicherungspflichtige Jobs. Am Ende von Josef Hadicks Dienstzeit waren noch 2750 Menschen ohne Arbeit und die Zahl der sozialversicherten Jobs lag bei über 20 000.
Der erfolgreiche Strukturwandel spiegelt sich auch in der Stadtkasse: 2016 nahm die Stadt noch 13 Millionen Euro Gewerbesteuer ein. 2021 steuert Dorsten auf eine neue Rekordeinnahme von über 30 Millionen Euro zu, konnte Stockhoff berichten.
Dieser Erfolg, so der Bürgermeister, sei letztlich eine Teamleistung: Das Team der Wirtschaftsförderung um Josef Hadick habe gute Arbeit geleistet, die Politik die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt – etwa durch die Ausweisung von neuen Gewerbeflächen – und die Unternehmen in Dorsten hätten Mut und in Krisen auch Durchhaltevermögen bewiesen.
Dass Josef Hadick auch im Ruhestand noch begonnene Projekte bis zum Ende begleitet und sich auch ehrenamtlich weiter für das Jüdische Museum oder die Lebenshilfe engagiert, zeige, dass sein Dienst für die Stadt nicht nur Beruf, sondern auch Berufung war, so Bürgermeister Stockhoff.
Josef Hadick betonte, dass Wirtschaftsförderung immer eine Mannschaftsleistung sei: Von seinem Team bei WINDOR, von der Politik, von der Verwaltung. Und natürlich der Unternehmen. Beispielhaft nannte Hadick das Lembecker Ingenieur-Büro Cosanne, in dem er vor 48 Jahren seine erste Lehre absolvierte und in der Senior-Chef Egon Cosanne sein erster Lehrmeister war. Das Unternehmen zählt heute zu den größten Ingenieur-Büros der Region. Hadick: “Ich nenne solche Firmen immer Understatement-Unternehmen: Wenig bekannt, immer ein bisschen hinter dem Vorhang, aber national und international sehr erfolgreich. Diese Unternehmen tragen dazu bei, dass es unserer Stadt gut geht.”
Im Sinne der Betriebe und der Stadt appellierte Josef Hadick zum Ende seiner Dienstzeit an Politik und Verwaltung, die Bereitstellung von Gewerbe- und Industrieflächen nicht aus dem Blick zu verlieren: “Wir müssen neue Flächen schaffen für Neuansiedlungen und Betriebserweiterungen, damit der Schwung der letzten Jahre nicht verloren geht.” Dorsten stehe dabei eher in Konkurrenz mit den Städten und Gemeinden im Münsterland als mit dem Ruhrgebiet: “Der Wettbewerb findet im Norden statt. Da schläft keiner. Und die bewegen sich im gleichen Rechtsrahmen, wie wir.”
Von den Gästen erhielt Josef Hadick stehenden Applaus.
Eröffnet wurde das Wirtschaftsgespräch von Markus Funk, dem neuen Geschäftsführer von WINDOR und DWG. Dass die meisten Gäste der Einladung gefolgt seien, zeige nach anderthalb Jahren Corona: “Der persönliche Austausch bleibt wichtig.” Das Wirtschaftsgespräch sei die erste Veranstaltung der Wirtschaftsförderung nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie und es sei ihm eine Ehre, diese als neuer Geschäftsführer von WINDOR eröffnen zu dürfen.
Begrüßt wurden die Gäste außerdem von Nicola Michels, der neuen Rektorin des Paul-Spiegel-Berufskollegs und Hausherrin an diesem Abend: Weil die Schule auch den Bereich Wirtschaft und Verwaltung anbiete, passe das neue Format gut in die Räume des Kollegs.
Als thematischen Impuls gab es einen Vortrag von Dr. Vera Demary, beim Institut der Deutschen Wirtschaft (DIW) in Köln Leiterin des Kompetenzfeldes Digitalisierung, Strukturwandel und Wettbewerb. Sie benannte vier “D” als wesentliche Herausforderungen der deutschen Wirtschaft:
- Digitalisierung: Infrastruktur ausbauen und mehr Rechtssicherheit schaffen.
- Demografie: Um die heute über 45-Jährigen in der Wirtschaft zu ersetzen, fehlen in den jüngeren Generationen 8,5 Millionen Menschen, allein in Dorsten werden dies rund 5000 sein. Schlussfolgerung: Mehr in Bildung investieren, keine jungen Menschen verlieren. Und: Einen vernünftigen Rahmen setzen für Zuwanderung von Fachkräften.
- Dekarbonisierung: Die Abkehr von Kohlenstoff und fossiler Verbrennung im Kampf gegen den Klimawandel stellt viele Branchen vor besondere Herausforderungen. Das DIW fordert mehr Investitionen in den Transport und die Speicherung von alternativen Energien sowie staatliche Anreize für richtige Investitionen.
- Deglobalisierung: Gegen den jüngsten Trend zur Abschottung von nationalen Wirtschaftsräumen müssen die Staaten Märkte offen halten und fairen Wettbewerb untereinander gewährleisten.
Der Abend klang aus mit der Gelegenheit zu Gesprächen und Austausch, die von den Dorstener Unternehmern und Unternehmerinnen gerne genutzt wurde.
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Foto oben rechts: (v. l) Susanna Schönrock-Klenner (Moderatorin des Abends), Markus Funk (WINDOR-Geschäftsführer), Waltraud und Josef Hadick, Gastrednerin Dr. Vera Demary vom Institut der Deutschen Wirtschaft und Bürgermeister Tobias Stockhoff
Text und Foto Stadt Dorsten