Vera Konieczka, Dorsten Gleichstellungsbeauftragte
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Vera Konieczka, Dorsten Gleichstellungsbeauftragte
Ein Leben lang die Rechte der Frauen im Blick
Als die Dorstener Gleichstellungsbeauftragte Vera Konieczka in unserem Gespräch erwähnte, dass sie sich in ihrem Ruhestand weiterhin mit der Geschichte und den Rechten der Frauen beschäftigen wird, wird mir klar: Diese Frau hat genau den richtigen Beruf ergriffen. Aber der Reihe nach, ihr Ruhestand ist ja noch eine Zeitlang hin.
Wahrscheinlich verbinden viele unserer Leserinnen und Leser den Namen Vera Konieczka mit den Frauenkulturtagen. Das ist auch richtig, aber die Organisation dieser Veranstaltungen ist nur ein kleiner Teil ihres Aufgabengebietes. Die Hauptaufgabe der Gleichstellungsbeauftragten in der Dorstener Stadtverwaltung ist es, darauf zu achten, dass die Rechte der Frauen und Männer gewahrt werden. So wirkt sie in allen Personalmaßnahmen mit, die die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern berühren, einschließlich organisatorischen und sozialen Fragen. Vera Konieczka entscheidet mit über die Auswahl der Bewerber, die zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden, schreibt Unternehmen hinsichtlich der „Girls-and-Boys-Days“ an oder organisiert, wie in der Öffentlichkeit vor allem wahrgenommen wird, die Frauenkulturtage anlässlich des internationalen Frauentages. Seit 34 Jahren laufen hierfür die Fäden bei ihr zusammen. In Kooperation mit zahlreichen Dorstener Frauengruppen und Initiativen stellt sie Jahr für Jahr ein ansprechendes Programm auf die Beine, in dem Frauen auf ihre Fähigkeiten und ihr kreatives Potenzial hinweisen. „Die erste Woche der diesjährigen Frauenkulturtage war sehr erfolgreich, leider fielen ab der zweiten Woche alle Veranstaltungen dem Corona-Virus zum Opfer“, bedauert Vera Konieczka. „Aber das ist meiner Meinung nach der richtige Weg, um die Infektionen zu verlangsamen“, fährt sie fort.
Foto oben rechts: Vera Konieczka achtet in der Dorstener Stadtverwaltung darauf, dass die Rechte der Frauen und Männer gewahrt werden
Gerne führt die humorvolle und interessante Dorstenerin seit vielen Jahren frauengeschichtliche Stadtrundgänge durch. „Jedoch auf keinen Fall mehr, wenn das Derby S04 gegen BVB ansteht, dann ist die Stadt leer. Die Männer und auch die Frauen sind dann entweder im Stadion oder sehen sich das Spiel im Fernsehen an. Am Rundgang nimmt dann kaum jemand teil“, so Vera Konieczka weiter. „Ich habe mich bis ich Gleichstellungsbeauftragte wurde nicht mit Fußball beschäftigt und mein Herz schlägt ausgewogen, auch wenn einige Dorstener aufgrund der langjährigen schwarz-gelben Farben in den Flyern der Frauenkulturtage anderes meinten. Aber die langjährigen Farben waren wirklich nur der Druckerei geschuldet“, schmunzelt die gebürtige Dortmunderin. „Seit ich im Oktober 1986 nach Dorsten gezogen bin, habe ich bemerkt, welche Bedeutung diese beiden Vereine hier haben“, so Vera Konieczka weiter. Nun schaut sich die Dorstener Gleichstellungsbeauftragte erst die Spieltermine an, bevor sie Veranstaltungen plant.
Vera Konieczka ist aber nicht nur für die kulturelle Seite der Frauenrechte zuständig. So führt sie Einstiegsberatungen durch und berät als Mitglied im Bündnis für Teilzeitberufsausbildung in der Region Emscher-Lippe auch zu den Möglichkeiten einer Teilzeitberufsausbildung. Es ist eine Chance insbesondere für Frauen, die ihre Ausbildung abbrechen mussten, weil sie ein Kind bekamen oder Angehörige pflegten oder vor diesem Hintergrund keine Ausbildung in Vollzeit absolvieren können.
Die 64-Jährige studierte Geschichte und Sozialwissenschaft in Münster und interessierte sich schon früh für die Frauen in der Geschichte. Dies war in den 70-er Jahren noch nicht populär und sie ernte dafür viel Kritik von ihrem damaligen Professor. Doch die junge Studentin ließ sich nicht beirren, war weiterhin Mitglied einer „feministischen Kampfszene“, wurde Pressereferentin im Asta, dem Allgemeinen Studierendenausschuss der Universität Münster, und später stellvertretende Bundesvorsitzende eines politischen Jugendverbandes. „Dadurch hatte ich keine Zeit, meine angefangene Doktorarbeit zu beenden. Dennoch bekomme ich noch späte Genugtuung, wenn ich in Aufsätzen zum Thema ‚Prostitution oder Sexualität im 19. Jahrhundert‘ auch international zitiert werde.“
Vera Konieczka trat 1986 ihre Stelle bei der Stadt Dorsten an und machte seitdem auch beruflich, was ihr so sehr am Herzen lag. „Gleichstellung fasziniert mich immer noch und ich sehe schnell, was ich durchsetze und schaffe. Anfangs war ich allerdings etwas blauäugig. Ich dachte, ich müsste nur kundtun, was ich denke, und schon habe ich die Mehrheit hinter mir. Stattdessen musste ich mit Witz und Argumentationsfreudigkeit überzeugen.“
Wenn im nächsten Jahr im August für die Gleichstellungsbeauftragte ihre Arbeit in der Stadtverwaltung endet, wird sie sich jedoch nicht ganz zurückziehen. „Die Stadtrundgänge möchte ich weiter durchführen und auch meiner Nachfolgerin mit Tipps zur Seite stehen, wenn sie es wünscht. Zudem kann ich mich mehr der Geschichte der Frauen widmen und Frauenpolitik auch wieder etwas frecher formulieren. Jetzt darf ich es ja“, lacht sie.
Vielleicht lesen wir dann wieder Satiren von Vera Konieczka unter ihren Pseudonymen „Maria Ballermann“ oder „Undine Schmetterling“.
Foto oben rechts: Vera Konieczka geht frohgelaunt durchs Leben
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak