Unser beweglichstes Gelenk

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Unser beweglichstes Gelenk

Nehmen Sie Schulterbeschwerden nicht auf die leichte Schulter

Das Schultergelenk verbindet den Oberarm und das Schulterblatt miteinander und ermöglicht uns Tag für Tag, unsere Arme in fast jede Stellung zu bringen. Aber wir beachten unsere Schulter im Alltag kaum. Erst, wenn wir Schmerzen verspüren oder einige Bewegungen nicht mehr ausführen können, fällt sie uns wirklich auf. Zeit, das Schultergelenk ein wenig genauer anzusehen. Dazu traf ich Priv.-Doz. Dr. med. Mike H. Baums, Chefarzt der Klinik für Chirurgie, Fachbereich Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie im St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten zum Interview.

Martina Jansen: Besten Dank, Herr Dr. Baums, dass Sie sich die Zeit nehmen, mit mir über das Symptom Schulterschmerzen zu sprechen.
Dr. Baums: Gerne Frau Jansen. Viele Patienten nehmen Schulterprobleme als gegeben hin, dabei gibt es vielversprechende Behandlungsmöglichkeiten.

Martina Jansen: Was sind denn die häufigsten orthopädischen Beschwerden?
Dr. Baums: Bei den jüngeren Patienten sind es oft Unfälle oder abrupte Bewegungen, die die Sehnen der Rotatorenmanschette (an-)reißen lassen, die älteren Menschen klagen dagegen eher über Schulterschmerzen aufgrund einer Arthrose.

Martina Jansen: Wie machen sich diese Schmerzen denn bemerkbar, beziehungsweise woher weiß ich, dass meine Beschwerden ein Fall für den Orthopäden und nicht für den Hausarzt sind?
Dr. Baums: Das spürt der Patient oft selbst. Schmerzt nur der Muskel und die Beschwerden bessern sich von Tag zu Tag, dann ist es eher kein Fall für uns. Haben Sie jedoch Schmerzen, die bis zum Ellenbogen ausstrahlen, können den Arm nicht mehr heben, seitlich drehen, haben keine Kraft mehr beim Heben oder es knirscht und knackt im Gelenk, dann sind Sie bei uns an der richtigen Adresse. Um die Diagnose aber final abzusichern, ist immer ein MRT oder ein Röntgenbild angebracht.

Martina Jansen: Und darauf folgt dann die OP?
Dr. Baums: Nicht zwangsläufig, bei einem Riss der Rotatorenmanschette schon, denn da sollte der Patient nicht so lange warten, bis wir die Sehne nicht mehr annähen können. Bei arthrosebedingten Beschwerden stehen vor der Operation zunächst einmal konservative, also nicht-operative, physikalische Anwendungen wie Stoßwellen, Akupunktur oder eine medikamentöse Behandlung in Form von Kortisonspritzen oder Tabletten an. In diesem Fall läuft uns die Operation ja nicht weg.

Martina Jansen: Und wenn doch eine OP notwendig ist?
Dr. Baums lacht: Dann kommen Sie am besten zu uns. Den Riss behandeln wir minimalinvasiv, mit der sogenannten Schlüssellochtechnik, das heißt mit möglichst kleiner Einschnittstelle, den Wechsel des Schultergelenks natürlich nicht. Aber nicht immer ist ein Ersatz des komplizierten Kugelgelenkes möglich. Hier kommt es auf den Zustand der umgebenden Muskeln und Weichteile an. Im Falle einer OP können Sie das Krankenhaus bereits nach circa sieben bis zehn Tagen verlassen, die Sehne nähen wir hier im Hause ambulant wieder an.

Foto oben rechts: Priv.-Doz. Dr. med. Mike H. Baums, Chefarzt der Klinik für Chirurgie, Fachbereich Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie im St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten

Martina Jansen: Sie sind zertifiziert für Schulteroperationen?
Dr. Baums: Ja, sind wir, seit November 2022. Und wir sind zu recht stolz darauf, die Einzigen im Landkreis zu sein. Allerdings bin nicht nur ich durch zwei anerkannte medizinische Fachgesellschaften zertifiziert, sondern auch weitere Hauptoperateure in meinem Team.
Martina Jansen: Und welchen Vorteil hat das für mich als Patient?
Dr. Baums: Sie können sicher sein, dass sich alle unsere Operateure strikt an die vorgegebenen Maßnahmen halten. Sowohl vor als auch während und nach der Operation. Alle Schritte sind genau festgelegt und werden auch dokumentiert. So werden mögliche, auftretende Probleme gering gehalten und können auch sofort beseitigt werden.
Martina Jansen: Also ein Qualitätshandbuch für mich als Patienten, quasi so wie der TÜV fürs Auto?
Dr. Baums lacht wieder: Ja genau, so können Sie es auch ausdrücken. Es ist jederzeit nachvollziehbar, ob eine geplante Operation medizinisch notwendig oder eventuell unnötig ist.

Martina Jansen: Und was hat es denn mit der Brille auf sich?
Dr. Baums: Mit dieser Virtual-Reality-Brille kann ich anhand der persönlichen Patientendaten individuell mit der passenden Software ein passendes Gelenk am Computer anfertigen lassen und die komplette OP dreidimensional im Voraus planen und mir anzeigen lassen. Ich kann sogar die anschließende Beweglichkeit der Schulter anhand der Simulation testen.
Martina Jansen: Tragen Sie diese Brille dann auch während der OP?
Dr. Baums: Nein, nicht ständig, aber ich überprüfe damit, ob ich eventuell von den Vorgaben abweiche.
Martina Jansen: Wenn die Vorgaben also deckungsgleich mit Ihrer Arbeit sind, dann haben Sie sehr gute Arbeit geleistet?
Dr. Baums: Genau so. Sie haben es mit Ihren Worten exakt auf den Punkt gebracht!

Martina Jansen: Aber Sie operieren doch noch selbst, oder?
Dr. Baums: Die Frage ist berechtigt, denn in den 90er-Jahren haben Computer einige OPs übernommen. Aber wir haben festgestellt, dass Handarbeit immer noch das bessere Ergebnis, auch im Heilungsprozess gewährleistet.

Martina Jansen: Besten Dank für die ausführlichen und verständlichen Erklärungen, Herr Dr. Baums. Ich denke, dass jetzt einige unserer Leserinnen und Leser soweit aufgeklärt sind, dass sie eine Behandlung ihrer Schulter in Angriff nehmen.
Dr. Baums: Sehr gerne und wenn unser Gespräch dazu beiträgt, dass Schulterschmerzen nicht als gegeben hingenommen werden, dann haben wir ja unser Ziel erreicht.

Foto oben rechts: Mit dieser Virtual-Reality-Brille kontrolliert Dr. Baums seine Arbeit direkt während der Operation

Text: Martina Jansen
Fotos: KKRN

Kontakt:
St. Elisabeth-Krankenhaus Dorsten
Klinik für Chirurgie, Fachbereich Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie
Chefarzt: PD Dr. Mike H. Baums
Sekretariat Telefon: 02362 29-53202
E-Mail: ou.dorsten@kkrn.de

 

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