Stefan Breuer – Spiele sind seine Leidenschaft
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Mit Prototypen in Zigarrenkisten zum Wettbewerb
Wie bei vielen anderen Familien, lag auch beim jungen Stefan Breuer jedes Jahr zu Weihnachten das „Spiel des Jahres“ unter dem Baum. „Wir haben die Spiele natürlich nicht nur ausgepackt, sondern alle ausgiebig gespielt“, schmunzelt er. Doch einfach nur zu spielen, das war dem Dorstener Leiter des Amtes für Familie und Jugend irgendwann zu wenig. Seitdem erfindet er eigene Spiele.
„Ich habe immer schon gerne gespielt“, erzählt Stefan Breuer, „aber so richtig mit dem Thema habe ich mich erst beschäftigt, als ich auf einer Spielemesse einen Sack mit den unterschiedlichsten Spielsteinen kaufte. Ich suchte mir Enten, eine Spielfigur und ein paar Spielsteine heraus und zäumte so quasi das Pferd von hinten auf, indem ich die Spielidee rund um die Spielsteine erfand.“ Zusätzliche Spielsteine sägte er damals aus einem Besenstiel und strich sie farbig an.
Foto oben rechts: Spieleerfinder Stefan Breuer
Mit seinem Prototyp bewarb sich Stefan Breuer beim Hippodice-Autorenwettbewerb 2009 und erreichte auf Anhieb den ersten Platz beim besten Kinderspiel. Das Spiel „Ententeich“ wurde von der Idee und Gestaltung her fast 1 : 1 vom Noris-Spiele-Verlag übernommen. „Das beflügelt natürlich und so entwarf ich immer mehr Spiele“, bemerkt der Lembecker.
Von der ersten Idee bis zum spielbaren Entwurf vergeht mindestens ein halbes Jahr, erst dann kann es getestet werden. „Meine größten Kritiker waren und sind dabei stets meine Frau und meine vier Kinder. Auf ihr Urteil legte ich auch heute noch viel Wert“, betont der Tüftler. Bevor er sich mit einem neuen Brett- oder auch Kartenspiel bewirbt, wird es getestet, geändert, weiterentwickelt und wieder getestet. Erst wenn alle Familienmitglieder und Freunde, und natürlich auch der Erfinder selbst, zufrieden sind, erst dann reicht Stefan Breuer das Spiel bei einem Wettbewerb oder einem Verlag ein. „Bei dieser Vorgehensweise muss ich schon kritikfähig sein und prüfen, ob meine Grundidee vielleicht verändert werden muss.“
Der studierte Sozialarbeiter begann seine berufliche Karriere 1996 beim Dorstener Jugendamt, übernahm Anfang 2009 im Jugendamt Oberhausen die Leitung des Kinderbüros und später die Abteilungsleitung „Jugendförderung“. Am 1. April 2017 kehrte der heute 49-Jährige als Amtsleiter für Familie und Jugend nach Dorsten zurück. „Aufgrund meines Berufes war es für mich selbstverständlich, zwei meiner entworfenen Spiele zur Abwechslung in der Corona-Pandemie auf die Webseite der Stadt Dorsten zum kostenlosen Download einzustellen“, erwähnt der Amtsleiter. Diese beiden Spiele kann er nun natürlich nicht mehr auf Wettbewerben einreichen, „aber mir sagte mein großes Herz, dass sich das richtig anfühlt.“
Foto oben rechts: "Mit Ententeich" erreichte Stefan Breuer den ersten Preis
Auch ohne diese beiden Spiele, ist Stefan Breuers Fundus an eigenen Spielen groß. 42 sind es mittlerweile. Einige davon hat er bei Wettbewerben oder Verlagen eingereicht, viele aber nicht. Von der Idee bis zur Veröffentlichung haben es bisher fünf seiner Spiele geschafft. „Damals kannte ich noch jeden deutschen und europäischen Verlag und zahlreiche Redakteure persönlich und war auch mit weiteren Spielerfindern gut vernetzt. Zudem war ich bei Ravensburger als Spieletester bekannt, aber aus Zeitgründen habe ich in letzter Zeit weniger Kontakte pflegen können“, bedauert der Lembecker.
2011 erschien sein zweites Spiel im Gemeiner-Verlag. „Dreck am Stecken“ heißt nun sein Kartenspiel mit dem Ursprungstitel „Jazzclub“. 2018 kam ein internationaler Erfolg dazu: der zweite Platz mit „Drifting Lands“ inklusive Einladung zur Preisübergabe in Shanghai. Die englischsprachige Ausgabe sollte ursprünglich vom Erfinder selbst auf der Spielemesse im Oktober in Essen promotet werden, doch auch sie fiel der Coronakrise zum Opfer.
„Ich könnte mich tagelang mit den Spielen beschäftigen, aber neben dem zeitintensiven Job, meiner Familie, Haus und Garten bin ich auch noch ehrenamtlich wie beispielsweise der ‚Porte Lembeck‘ tätig, sodass mir dazu leider die Zeit fehlt.“ Einmal im Jahr nimmt er sie sich jedoch, auch als schönen Ausgleich zu seinem manchmal stressigen Beruf, und veranstaltet in Lembeck ein Spielewochenende, auf dem viele seiner mehr als 610 gesammelten Spiele zum Einsatz kommen.
Foto oben rechts: Preisübergabe in Shanghai an Stefan Breuer (2. v. r.) für den zweiten Preis im Wettbewerb
Sein Markenzeichen, mit denen Stefan Breuer seine Prototypen einreicht, sind die Zigarrenkisten der Marke Ludwig Erhard, von denen er einige bei seinem Schwiegervater vor einem Ende im Kamin retten konnte. Falls Sie liebe Leserin, lieber Leser, diese Holzkisten abzugeben haben, wüsste ich jemanden, der sich darüber sehr freuen würde.
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und privat