Stadtgeschichte
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Stadtgeschichte
Das Urteil gegen Menschenfresser Franz Wahmann gehört zu den gruseligen Kapiteln der Dorstener Geschichte.
Das Jahr 1699 hat in der Geschichte der Stadt Dorsten einen bis heute bekannten Kriminalfall hinterlassen: Der Menschenfresser Franz Wahmann wurde seiner gruseligen Verbrechen überführt, verurteilt und grausam hingerichtet. Das schriftliche Urteil gegen Wahmann – als Original erhalten im Stadtarchiv Dorsten – wurde nun vom Archivamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe restauriert und damit dauerhaft als bedeutendes Dokument gesichert.
Friederike Nithack, stellvertretende Leiterin der Restaurierungswerkstatt im LWL-Archivamt, war fasziniert, als sie das kostbare Dokument auf den Tisch bekam:
„Wer sich mit dem Inhalt des Dokuments befasst und das Urteil gegen Franz Wahmann, besser
bekannt als der Menschenfresser von Dorsten, liest, fragt sich, ob es sich um einen historischen
Thriller handelt: Der Menschenfresser tötete seine Opfer, darunter Kinder, zerhackte und aß sie.
Ähnlich grausam wie die Verbrechen, so liest sich auch der Urteilsspruch: an einen Pfahl gestellt, mit
glühenden Zangen malträtiert, auf ein Rad gelegt und geschlagen und anschließend zum Tode durch
den Strang verurteilt. Definitiv wurde hier ein Exempel statuiert“, so die Restauratorin.
Martin Köcher, Leiter des Stadtarchivs Dorsten, hat unlängst für das Buch „Dorsten – eine Zeitreise“ einen umfassenden Artikel über Wahmann und das Urteil geschrieben. Dabei ist ihm aufgefallen, dass sich dieses für Dorsten wichtige zeitgeschichtliche Dokument in einem schlechten Erhaltungszustand befindet. Er hat die „Chronik der Stadt- und Bürgermeisterey Dorsten 1. Periode bis 1806“, in der sich das Urteil befindet, daher in die Restaurierungswerkstatt des LWL-Archivamtes gegeben. Das Wahmann-Urteil, so die Fachleute dort, sei „ein bedeutendes Stück und Zeugnis historischer Rechtsprechung – nicht nur für die Stadtgeschichte Dorstens“.
Restauratorin Friederike Nithack fand das Urteil und auch die Arbeit an diesem historischen Dokument so spannend, dass sie darüber einen lesenswerten Artikel für den Blog des Archivamtes geschrieben hat. Neben der Geschichte selbst schildert sie darin, in welchem Zustand sie die Chronik erhalten hat und wie das Blatt zu Wahmann aufgearbeitet wurde: Sie hat das Blatt sorgfältig aus dem Folianten gelöst, mit speziellen Verfahren gereinigt, Tintenfraß gestoppt, Risse und Fehlstellen stabilisiert, Säurebestandteile ausgespült und das Urteil anschließend archivgerecht verpackt. „Nach der Restaurierung präsentiert sich das Urteilsdokument nun einem stabilisierten und benutzbaren Zustand“, so Nithack abschließend.
Martin Köcher ist froh, das nun zukunftsfest gesicherte Dokument wieder im Dorstener Stadtarchiv zu wissen. Und ist auch ein wenig stolz auf die Bedeutung, die die Experten des Landschaftsverbandes dem Dorstener Dokument zumessen.
Der Blogbeitrag von Friederike Nithack ist hier zu finden: https://archivamt.hypotheses.org/20216
Der Originaltext des Urteils kann auf der Seite des Stadtarchivs nachgelesen werden: https://www.vhsundkultur-dorsten.de/stadtarchiv/aktuelles
Mehr Infos zur Restaurierungswerkstatt des LWL-Archivamtes finden Interessierte hier: https://www.lwl-archivamt.de/de/bestandserhaltung_notfaelle/konservierung_restaurierung/
Foto oben rechts: Urteil Menschenfresser Franz Wahmann restauriert
Foto: LWL-Archivamt für Westfalen / Friederike Nithack
Text: Stadt Dorsten