Qigong im Sitzen

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Qigong im Sitzen

Der Input vom Kopf kommt in den Beinen an

„Die sanft ausgeführten Bewegungen und Körperhaltungen des Qigong wurzeln in der traditionellen chinesischen Medizin. Sie machen den Körper geschmeidig, vertiefen den Atem und schulen die Vorstellungskraft. Durch regelmäßiges Üben regen sie die Selbstheilungskräfte des Körpers an.“ So zu lesen im Einleitungstext des VHS-Kurses.

Wer kann diesem Text besser zustimmen als Edith de Vries, die seit 2001 in der Dorstener VHS Qigong und Tai-Chi auch im Sitzen anbietet? Seit zwei Jahren sitzt die Kursleiterin nach einigen Bandscheibenoperationen und den dadurch aufgetretenen Nervenschäden im Rollstuhl. Mit einer Orthese und Gehhilfen kann sie mittlerweile selbstständig stehen, hofft aber natürlich, dass sich ihre Lähmung weiterhin bessert. „Vor meiner Operation war ich immer fit und vital, war gefühlt nie krank und noch nie im Krankenhaus. Jetzt kann ich nachempfinden, wie sich meine wenigen Teilnehmer, die im Rollstuhl sitzen, fühlen.“
„Ich bekam mit der Zeit Depressionen, aber meine Frauen und Männer, die mir seit zehn Jahren in den Kursen treu geblieben sind, haben mich Zuhause und auch in der Reha besucht und wieder aufgerichtet“, erinnert sich die in Indonesien geborene Niederländerin und fährt fort: „Und so habe ich mich daraufhin auf das konzentriert, was ich kann.“ Was Edith de Vries damit meint, sind ihre Abschlüsse, Qualifikationen und Fortbildungen in Qigong, Tai-Chi und chinesischer Medizin bei verschiedenen Meistern, mit denen sie bereits 1991 begonnen hat.

Foto oben rechts: Edith de Vries (rechts) mit ihren Kursteilnehmern

Nach zweijähriger Pause setzte sie in diesem Jahr zwei ihrer Kurse in der VHS fort. „Gerade für Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder nicht lange stehen können, die nach einem Schlaganfall aus der Reha kommen oder im Seniorenheim wohnen, wären derartige Kurse ideal“, weiß sie. „Nicht nur, dass sie dadurch regelmäßig aus dem Haus kommen würden, die Qigong-Übungen bewirken Vernetzungen im Hirn und sind kleine Lichtstreifen am Horizont. Der Input vom Kopf kommt in den Beinen an.“ Die Kursleiterin fährt fort: „Nicht nur Rollstuhlfahrern fehlt es oft an Körpergefühl, daher aktivieren wir in Workshops auch durch Fingerspiele unsere Energieleitbahnen. So fühlen sich die Teilnehmer nach dem Unterricht lebendiger.“

Foto oben rechts: Edith de Vries

Mit Qigong-Übungen kann nahezu jeder, unabhängig von Alter und körperlicher Verfassung, beginnen. „Die fließenden Bewegungen sind ästhetisch, stärken die Aufmerksamkeit und die Beweglichkeit. Die Umwandlung von Yin zu Yang zu spüren, ist immer wieder spannend und lehrreich. Dies den Teilnehmern zu vermitteln, macht als Lehrerin auch nach vielen Jahren den Unterricht spannend. Es fordert mich auch raus, um allen Teilnehmern die Bedeutung der Bewegungen zu vermitteln und dabei den Fluss des Chis spüren zu lassen“, erklärt die Niederländerin.
Ihre Hoffnung auf Inklusion, auf Teilnehmer, die Probleme beim Stehen haben, hat sich leider nicht ganz erfüllt. So sind diese Teilnehmer bis jetzt noch in der Minderheit. Die Qigong-Lehrerin würde daher gerne mehr Kurse anbieten, ist jedoch immer abhängig davon, dass sie jemand fährt. Die Räume in der VHS bieten sich an, denn die Zugänge sind behindertengerecht, sprich barrierefrei, Edith de Vries freut sich aber auch auf Möglichkeiten, ihre Kurse in anderen Räumen innerhalb Dorstens anbieten zu können.

Foto oben rechts: Bettina konzentriert sich auf ihre Übungen

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak

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