Paddybags
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Paddybags
Kreativ und personalisiert
Einige Erwachsene wissen bereits im Kindesalter, dass ihr Hobby sie ihr ganzes Leben begleiten wird. Bei Petra „Paddy“ und Dirk Weber sieht es ganz anders aus. Sie haben ihr gemeinsames „Regenwetter-Hobby“ erst vor kurzem entdeckt. Bei schönem Wetter fahren sie Mountainbike, bei schlechtem Wetter stellen sie unterschiedliche Taschen aus Püttstoff her.
Ihr Hobby entwickelte sich Ende März 2020, als Petra mit ihren Freundinnen zurück von den Malediven kam. „Als wir in Deutschland landeten, waren wir mitten in der Pandemie, in einer für uns urplötzlich völlig anderen Welt.“
Da anfangs auf die Schnelle kein Mund-Nasen-Schutz verfügbar war, nähte sie für ihre Familie die begehrten Schutzmasken. „Ohne jegliche Näherfahrung saß ich richtig lange an einer Maske, aber es wurde von Mal zu Mal besser. Und ich bekam Spaß am Nähen“, erinnert sich die empathische Holsterhausenerin.
Foto oben rechts: Petra (Paddy) und Dirk Weber nähen Taschen aus Püttstoff
Bald darauf nähte sie einige Kleidchen für die Mädchen der Familie und wurde immer sicher im Umgang mit Nadel, Faden und Nähmaschine. „Als Nächstes versuchte ich mich an einer Umhängetasche, um die mein Schwager nach seiner Schulter-OP bat. Auch die bekam ich richtig gut hin. Mutig geworden wagten Dirk und ich uns anschließend mit meiner neuen Nähmaschine an ein 5 x 6 Meter großes Sonnensegel für unsere Terrasse. Hier musste allerdings meine Mutter mithelfen, die Stoffmasse zu bändigen.“
Und dann kam sie, die Geburtsstunde der Paggybags. „Dirk opferte seinen alten Grubenanzug und ich machte mich an meine erste ‚Kumpeltasche‘“, erzählt mir Petra. Auch Dirk, der mittlerweile Spaß an ihrem „Regenwetter-Hobby“, wie die beiden es nennen, gefunden hat, half bei der Herstellung der ersten Taschen mit. Sie wurden jedoch so lange verschenkt, bis die beiden so professionell in der Herstellung waren, dass sie sie guten Gewissens verkaufen konnten. Das Paar ließ den Namen Paddybag als Markennamen eintragen und der Siegeszug der Gedönsbeutel, Gezähe- und weiterer Pütttaschen begann.
Foto oben rechts: Auch bei Frauen ist der Rucksack aus Püttstoff begehrt
„Wir sicherten uns so viele der weißen Gruben- und orangefarbenen Feuerwehranzüge wie möglich, denn es wird irgendwann keine mehr geben“, erzählt Dirk und zeigt mir seine Anzugsammlung im Keller. Hier werden die Stoffe sortiert und auseinandergeschnitten. Auch die typischen blau-weißen Hemden und Handtücher werden hier gesammelt und später verarbeitet. „Wir versuchen möglichst nahtfrei zu arbeiten, aber das gelingt nicht immer. Es gibt Stoffe, die sind so verschmutzt oder mit Löchern versehen, dass wir sie leider nicht mehr verwenden können“, bedauert er.
Foto oben rechts: Hier im Keller sortiert Dirk die Anzüge
Bevor sie Paddy aber zum Nähen bekommt, setzt Dirk erst noch seine Kreativität am PC ein. Begonnen mit Zechen- und Ruhrpottsprüchen entwirft der sympathische Ex-Bergmann nun komplette Zechenmotive, die er auf die Stoffe plottet, presst oder stickt. Die so veredelten Stoffe verarbeitet Petra zu den begehrten Taschen, die deutschlandweit, aber auch ins Ausland verkauft werden.
Viele Kunden, oft ehemalige Bergleute, besuchen die beiden Holsterhausener Zuhause in ihrer Kumpeltaschen-Schmiede, um sich ihre Tasche zu entwerfen und sie mit ihrer ehemaligen Reviernummer oder einem persönlichen Foto gestalten zu lassen. „Manche Ideen lassen sich leider nicht umsetzen“, bedauert Dirk, „aber viele Gespräche über alte Zechenzeiten entschädigen dafür.“ Immer auf den Rucksäcken, Sporttaschen, Brustbeuteln oder auch auf den Wickeltaschen oder den pinkfarbenen Damentaschen zu finden, sind das Logo der beiden sowie eine Ansicht des Förderturmes mit dem Emblem „Original Püttstoff“.
Besonders stolz ist Dirk auf das von ihm entworfene Logo für die Taucherstaffel der Gelsenkirchener Feuerwehr, das nicht nur ihre Taschen und Anzüge ziert, sondern auch sichtbar auf dem Feuerwehrauto prangt.
Die Taschen sind so begehrt, dass die zukünftigen Besitzer lange auf ihre Taschen warten müssen. Da aber jeden Monat eine Tasche für den Förderverein der Zeche Hugo versteigert wird, besteht hier noch die Möglichkeit, schneller an eine der begehrten Paddybags zu kommen. Trotz des großen Erfolges und der zahlreichen Vorbestellungen soll das Nähen für Petra und Dirk weiterhin ein Hobby bleiben. „Hätten wir den Druck dabei, dann würde es uns sicher nicht mehr so einen Spaß machen und auch unsere Kreativität würde leiden“, sind sich beide einig.
https://www.facebook.com/Paddybag.Deutschland/photos_by
Foto oben rechts: Auch Sporttaschen mit dem Zechenemblem stellen Petra und Dirk her
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak