Nutzgarten und Gartenapotheke

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Nutzgarten und Gartenapotheke

Erinnerungen an die Gärten unserer Großmütter

Auch Gärten gehen mit der Mode. So sahen die Gärten unserer Groß- und Urgroßmütter völlig anders aus als die grünen Paradiese in der heutigen Zeit. Es gab stets zahlreiche Gemüsebeete, aber für Feuerschalen oder Zierteiche, also Schnickschnack, wie Oma es nannte, wurde kein Stück Land geopfert.

Ein Blick zurück:
Gepflanzt wird in Reih‘ und Glied all das, was Oma für „Vatis“ Eintopf braucht: Kartoffeln, Möhren, Lauch und Zwiebeln. Wie der Name schon verrät, in einem Nutzgarten wird nicht entspannt, dafür fährt die Familie sonntags zum Kanal. Hier hinterm Haus gilt die Devise: Kann ich es essen, verschenken oder hat es einen anderen Nutzen für mich, dann kommt es in den Garten. Ein kleines Beet mit Dahlien, Zinnien oder Stockrosen ist das einzige Zugeständnis, da diese Blumen schnell als Mitbringsel bei einer Einladung zum Nachmittagskaffee abgeschnitten werden können.
Haben Sie, liebe Leserin, lieber Leser, nun auch das Bild von einer Oma im Kopf, in dem sie, gekleidet in der obligatorischen Blumenschürze und in Gummistiefeln, forsch mit einem Spaten die Beete umgräbt? Das ist heutzutage zwar längst überholt, da feststeht, dass damit die Lebewesen in Erdschichten befördert wurden, in denen sie nicht überleben können, aber für Oma war es damals gang und gäbe.

Jede freie Minute verbringt die Herrin des Hauses neben Hausputz und Kochen im Garten und sät, gießt oder erntet. Käfer und Schnecken sammelt sie per Hand ein, Läuse streift sie von den Blättern. Dünger wird natürlich nicht gekauft. Ihn erhält sie in Form von Pferdeäpfeln vom Bauern ein paar Straßen weiter. Ob dieser froh ist, sie loszuwerden, ist nicht überliefert, aber Oma packt sie mit gutem Gewissen auf ihre Beete. Unkraut jäten entfällt oftmals, denn schnell wuchernde Stauden wie beispielsweise der Sonnenhut sorgen dafür, dass Unkräuter, die heute Beikräuter heißen, unterdrückt werden. Alternativ sorgen die Haus- und Hofhühner dafür, dass dort, wo sie scharren, im wahrsten Sinne des Wortes kein Gras mehr wächst. Und dort, wo sie nicht hindürfen, streut Oma kurzerhand Pfeffer aus und das Federvieh meidet diese Beete. Es legt täglich frische Eier, wobei die Eierschalen noch als hervorragender Dünger verwendet werden, und liefert hervorragenden Mist. Als „Dank“ landet das Huhn dann irgendwann im Suppentopf. Hühner sind keine Haustiere, ähnlich wie Kaninchen oder das Schwein, das sich manche Familie in einem Stall hält, sondern sie gelten als Nutztiere, die mit (gekochten) Gemüseabfällen und Kleie gefüttert werden, denn weggeworfen wird nichts. Heutzutage sind sowohl die Einstellung als auch diese Haltung zum Glück aus Tierschutzgründen nicht mehr denkbar.

Obwohl Omas Garten nicht zur Zierde angelegt ist, so wirkt er doch alles andere als farblos. Die Frucht- und Blütenstände der Erbsen und Feuerbohnen, Kartoffeln oder Gurken und auch der heutzutage wiederentdeckte Topinambur, können durchaus in Konkurrenz zu Sommerblumen treten. Zwischen den Gemüsepflanzen gesetzte Kapuzinerkresse oder Ringelblumen lassen das Beet nicht nur fröhlich in Sommerfarben leuchten, mit ihnen hat Oma auch gleich einen Kapernersatz sowie ihre eigene Gartenapotheke bei Verletzungen der Haut oder Entzündungen griffbereit. Lavendel oder Vergissmeinnicht pflanzt sie dagegen weniger aus optischen als aus biologischen Pflanzenschutzgründen. Sie bringen zwar zusätzlich Farbe ins Beet, locken aber hauptsächlich Nützlinge an oder vertreiben Schädlinge. Sowohl das Wissen um diese Lockmittel als auch das Wissen um die Mischkultur verhindern, dass eine komplette Gemüseernte misslingt. Die wohl bekannteste und sehr gelungene Kombination, obwohl es hier ausschließlich um Pflanzen fürs Auge geht, ist wohl die aus Rosen und Lavendel. Sie ist Lockmittel für Nützlinge, die für eine üppige Blüte sorgt und Ameisen fernhält.
Wegwerfen kennt Oma nicht, selbst das heiße Kartoffelwasser schüttet sie auf den Gartenweg, um damit das Unkraut in Schach zu halten. Erst das, was dann letztendlich übrigbleibt, landet auf dem Kompost, der nach einiger Zeit für gute, humusreiche Erde sorgt. Brennnesseln in einer Ecke am Kompost sorgen ebenso wie Kürbisse auf ihm nicht nur für Schatten, sie sind auch wie Teeblätter oder Kaffeesatz ein sehr guter Naturdünger und wirken als Jauche zubereitet auf natürliche Weise gegen Blattläuse.
Oma verschwendet nichts und ist damit unbewusst äußerst fortschrittlich, auch wenn es ihr dabei nicht um den Umweltschutz, sondern eher um den eigenen Geldbeutel geht. Nehmen wir uns dennoch ein Beispiel an ihr!

Text: Martina Jansen
Fotos: pexels

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