Ministerpräsident Hendrik Wüst besucht das Jüdische Museum Westfalen

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Ministerpräsident Hendrik Wüst besucht das Jüdische Museum Westfalen

Auch Bischof Dr. Felix Genn und Zwi Rappoport folgen der Einladung nach Dorsten

Ministerpräsident Hendrik Wüst MdL hat am Mittwoch (13. April) das Jüdische Museum Westfalen in Dorsten besucht - gemeinsam mit Dr. Felix Genn, Bischof von Münster, und Zwi Rappoport, dem Vorsitzenden des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Westfalen-Lippe. Dr. Annette Kurschus, die EKD-Ratsvorsitzende und Präses, musste ihre Teilnahme leider kurzfristig absagen, weil sie auf der Fahrt nach Dorsten in eine Vollsperrung auf der A2 geraten war. Ihr Besuch soll jedoch nach Ostern nachgeholt werden.

Anlass für den Besuch ist das Festjahr „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland“, das eigentlich bereits 2021 gefeiert, aber bis 31. Juli 2022 verlängert wurde, damit Corona-bedingt ausgefallene Veranstaltungen nachgeholt werden können.

Ministerpräsident Hendrik Wüst ist mit dem Besuch in Dorsten einer Einladung gefolgt, die gemeinsam ausgesprochen wurde von Dr. Kathrin Pieren (Leiterin des Museums), Dr. Mark Gutkin (Vorsitzender der Jüdischen Kultusgemeinde Recklinghausen), Steffen Riesenberg (Superintendent des Ev. Kirchenkreises Gladbeck-Bottrop-Dorsten), Dr. Stephan Rüdiger (Dechant des kath. Dekanats Dorsten) und Bürgermeister Tobias Stockhoff.

Nach einem gemeinsamen Foto vor dem Haupteingang des Jüdischen Museum trug sich Ministerpräsident Hendrik Wüst zunächst im Beisein der Ehrengäste sowie Vertreterinnen und Vertretern des Rates der Stadt Dorsten in das Goldene Buch der Stadt ein.

Dr. Norbert Reichling begrüßte die Ehrengäste und die rund 40 Gäste in Vertretung für die erkrankte Museumsleiterin Dr. Kathrin Pieren. Der Vorsitzende des Trägervereins Jüdisches Museum stellte die Museumsgeschichte vor, sprach über das Konzept und die vielfältigen Aktivitäten. „Neben der Forschung und unserer Ausstellung sind Bildungsarbeit und Bildungsprojekte für alle Altersgruppen ein wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Wir sind nicht nur ein Museum, sondern auch ein Lehrhaus“, sagte er.

Bürgermeister Tobias Stockhoff bezeichnete das Jüdische Museum Westfalen in seiner kurzen Begrüßung als einen Ort der Demokratie, des Miteinanders, aber auch als Ort der Gewissensschärfung. Besonders stolz ist der Bürgermeister darauf, dass das Dorstener Museum ein bürgerschaftlich entstandenes und seit nun schon 30 Jahren maßgeblich bürgerschaftlich getragenes Haus ist. „Das Museum ist nicht etwa durch einen Ratsbeschluss entstanden, sondern es haben sich in unserer Stadt Menschen zusammengefunden, die die jüdische Geschichte darstellen und aufarbeiten möchten. Deshalb ist diese Entwicklung umso bemerkenswerter“, sagte er.

Nach dem Rundgang durch die Dauer- und die Wanderausstellung hatte der Ministerpräsident das Wort. Hendrik Wüst zeigte sich von der „Vielfältigkeit der Facetten des Museums“ beeindruckt, gratulierte herzlich zum 30-jährigen Jubiläum und dankte auch den ehren- und hauptamtlich tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für einen großartigen Beitrag für die Gesellschaft.

„Dieser Ort ist seit 30 Jahren mit dem Anspruch unterwegs, jüdische Geschichte und Gegenwart sichtbar zu machen, Neugier zu wecken auf jüdisches Leben, Dialog zu organisieren und Wissen zu vermitteln. All das hilft, Vorurteile, Beklemmungen und Unwissenheit abzubauen“, sagte der Ministerpräsident und ergänzte: „Nordrhein-Westfalen ist ein Land, das seine Stärke aus Vielfalt zieht, aus Weltoffenheit. Deswegen zeigen wir ganz klar: Wir stehen gemeinsam an der Seite der Jüdinnen und Juden in unserer Mitte. Wir wollen die Sichtbarkeit, wir wollen die Normalität jüdischen Lebens in unserem Land. Und wir sind stark, wenn wir daran gemeinsam arbeiten. Wir wissen um die Geschichte, aber auch mit einem klaren Blick nach vorne.“

Dr. Felix Genn, Bischof von Münster, richtete sich an alle jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger mit den Worten: „Wir sind Glaubensgeschwister.“ Dass es an vielen Stellen der Gesellschaft Antisemitismus gibt, schmerze ihn. „Dass es noch immer Polizeischutz vor Synagogen geben muss, ist ein Alarmzeichen, das uns Christen ganz besonders herausfordert“, sagte er und dankte dem Team des Jüdischen Museum ebenfalls herzlich: „Vielen Dank, dass Sie hier ein solches Museum ermöglichen. Bei Ihnen wird auch für junge Menschen handfest dargestellt, was die jüdische Glaubenstradition beinhaltet.“

Zwi Rappoport nahm als jüdischer Landesvorsitzender Bezug auf die Worte des Bischofs und stellte fest: „Aufklärung ist für uns die einzige Chance in einer Zeit, in der Desinformationen und Verschwörungstheorien Überhand nehmen und Hass und Zwietracht säen.“ Allen voran die Bildung junger Menschen sei wichtig. Zwi Rappoport kündigte an, schon bald wieder nach Dorsten kommen zu wollen, um das jüdische Museum mit Schulklassen zu besuchen. „Erinnern alleine genügt nicht“, sagte er. „Wir müssen Engagement und Haltung zeigen.“

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach nach dem Rundgang durch die Ausstellungsräume von „bleibenden Eindrücken“ und rief dazu auf, das Jüdische Museum unbedingt zu besuchen. „Hier erfährt man jüdisches Leben“, sagte sie. Als Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen will sie mit ihrer Arbeit dort anzusetzen, wo es in der Prävention Defizite gibt. „Antisemitismus sei nicht das Thema von Jüdinnen und Juden, sondern es ist das Thema unserer Gesellschaft“, sagte sie und ergänzte: „Und deshalb müssen wir dagegen gemeinsam angehen und gerade jungen Menschen bewusst machen: Auf Euch kommt es an.“

Ruth Schulhof-Walter ist Mitglied im dreiköpfigen Vorstandsteam des Vereins „1700 Jahre Jüdisches Leben in Deutschland.“ Ihr habe beim Rundgang durch das Museum vor allem die Ausstellung „Kinder auf der Flucht“ imponiert. Schließlich sei ihre Mutter als Kind mit einem solchen Kindertransport nach England gerettet worden, um vor den Nazis Schutz zu finden. „Hätte es die Kindertransporte nicht gegeben, wäre ich heute nicht hier“ sagte sie und äußerte den Wunsch: „Hoffen wir, dass der Ansatz, den wir alle haben, über das jüdische Leben hinaus in die Gesellschaft getragen wird, damit wir alle in Freiheit leben dürfen.“

Foto oben rechts: Vordere Reihe: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dr. Felix Genn, Ministerpräsident Hendrik Wüst, Zwi Rappoport, Sylvia Löhrmann (v. l:). Mittlere Reihe: Ruth Schulhof-Walter, Dr. Michael Schulte, Dr. Georg Lunemann, Dorothee Feller, Bodo Klimpel, Tobias Stockhoff (v.l.) Hintere Reihe: Michael Gerdes, Josef Hovenjürgen, Isaac Tourgman, Michael Breilmann, Dr. Mark Gutkin, Dr. Norbert Reichling, Dr. Stephan Rüdiger, Steffen Riesenberg, Friederike Zurhausen (v. l.)

Text und Foto: Stadt Dorsten

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