Mein Garten zieht um
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Gemeinsam nachhaltig
Bei uns Frauen ist es irgendwann nicht mehr mit „Spitzen schneiden“ getan, ein neuer Schnitt muss her, eine neue Haarfarbe oder gleich ein neuer Look. Auch ein Garten kommt in die Jahre und braucht irgendwann dringend eine Verjüngungskur. Während ich für mich einen Termin beim Friseur oder gleich das komplette Schönheitsprogramm bei der Kosmetikerin meines Vertrauens buchen könnte, so kommt stattdessen bei meinem alten Garten großes Gerät an den Start.
Ich liebe meinen pflegeleichten Garten, aber es kommt zwangsläufig der Zeitpunkt, an dem die Natur nicht mehr zu bändigen ist. Aus einem naturnahen Garten ist „plötzlich“ ein Dschungel entstanden. Der Gedanke, den alten Strauch-, Baum und Staudenbestand zu entfernen, tat mir in der Seele weh, aber nachdem ich eine gute Lösung gefunden habe, ging es mir besser. Getreu dem Motto „Sprechenden Leuten kann geholfen werden“, habe ich bei jeder passenden und vielleicht auch unpassenden Gelegenheit nachgefragt, wer ein paar Pflanzen für seinen Garten haben möchte. Und siehe da, neben ein paar Freunden hat auch Bianca Gawollek, die Leiterin der Dorstener Familienbildungsstätte, bei einem gemütlichen Kaffeetrinken mit Uta Heye sofort Interesse an den Pflanzen für die neue Wiese an der Beethovenstraße bekundet. Schnell waren wir uns einig, dass aus der Baumverpflanzaktion ein kleines Event werden soll. Ich werde also an dem Tag den Grill anwerfen, Salate, Dips und Kuchen bringen meine Gartenfreunde mit.
Foto oben rechts: Viele Hände, schnelles Ende
Samstag, der Morgen, an dem meine Wildnis gelichtet wird, ist da. Auf den heutigen Tag habe ich mich sehr gefreut, es ist quasi der Sommerschlussverkauf meiner gesamten einheimischen Pflanzen nach dem Motto: „Alles in zweiter Reihe vom Zaun und alles, das frei im Garten steht, in gute Hände abzugeben.“ Zahlreiche Stauden habe ich bereits vorher in Töpfe gepflanzt und sie stehen bereit, eingepackt zu werden. „Die Idee, die Pflanzen aus dem Garten nicht einfach zu entsorgen, sondern sie zu verschenken, ist ein toller Beitrag zur Nachhaltigkeit“, freut sich Bianca. „Wir sind froh, dass Martina da an uns gedacht hat. Da wir geplant haben, die Rasenflächen der FBS etwas ökologischer und für Insekten und Vögel wertvoller zu gestalten, freuen wir uns den Pflanzen bei uns ein neues Zuhause geben zu können.“
Sie blickt auf die „Pflanzenretter“, die mit Grabegabel und Spaten bereit zum Einsatz sind und darauf warten, dass die Agrarwissenschaftlerin und Mitarbeiterin der FBS Dorothea Thierry erklärt, welche Pflanze wie beschnitten und ausgegraben werden muss. Kurz darauf herrscht im Nu ein buntes Treiben in meinem Garten. Der ursprüngliche Dschungel wandelt sich immer mehr zu einer Baustelle, Männer, Frauen und auch der zehnjährige Lucas graben, schneiden, topfen ein und bringen die Schätze zu den Autos. Im Nu füllen sich die beiden Transporter mit Blumenkästen, Wannen und Töpfen. Und irgendwo dazwischen finden sich auch noch Plätze für die Büsche.
Foto oben rechts: Ernst Heye bringt die Balkonkästen mit den eingepflanzten Gewächsen zu den Transportern
Und so verschwindet der ursprüngliche Charme meines Gartens gefühlt von Minute zu Minute mehr, aber ich sehe es wie Uta, die im nächsten Jahr in der FamilienbildungsstätteKurse über Wildpflanzen anbieten wird. „Es freut mich, dass diese Pflanzen jetzt an einem anderen Ort weiterleben und wachsen dürfen und nicht entsorgt werden, sondern noch wichtige ökologische Aufgaben erfüllen“, betont sie. Allerdings blutet ein klein wenig ihr Pflanzenherz, da meine Zaubernuss zu groß zum Umpflanzen ist. „Die Hamamelis hätte ich so gerne noch mitgenommen“, bedauert sie.
Es war eine schöne Gemeinschaftsaktion für die Umwelt und sogar das Wetter hat fast die gesamte Zeit mitgespielt. Das Grünzeug bei mir wird sich wieder zu neuer Pracht entwickeln und die ausgegrabenen Büsche werden auf der Wiese an der FBS wieder eingepflanzt. Hoffen wir, dass sie dort angehen und im nächsten Jahr der heimischen Fauna weiterhin Unterschlupf und Nahrung bieten. So werden sicherlich die Schlehen wieder ihre blauen Früchte tragen, die Haselnüsse ihre Nüsse für die Tierwelt bereithalten, Buschrosen im Herbst mit roten Hagebutten locken und Malven und Clematis die Besucher mit ihren lilafarbigen und weißen Blüten erfreuen. Auch eine Etage tiefer wird sich sicher durch die Frühjahrsblüher eine neue Blütenpracht entfalten und Blutweiderich, Mädesüß und Storchschnabel werden für weitere Farbtupfer an der Familienbildungsstätte sorgen. Und selbst in der kalten Jahreszeit wird der Winterjasmin mit seinen kleinen gelben Blüten ein wenig Farbe in die Natur bringen.
Foto oben rechts: Gemeinsam graben Dorothea Thierry (links) und Bianca Gawollek verschiedene Büsche aus
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak