Kreisrunder Haarausfall

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Kreisrunder Haarausfall

Ein persönlicher Rückblick auf eine haarlose Zeit

Die Haare sind der schönste Schmuck der Frau, heißt es allgemein. Ich bin jedoch eher der Meinung, es ist ihr Lächeln. Fallen die Haare aus, so sind Reaktionen von Verzweiflung bis Gleichgültigkeit, von „Ich muss zum Psychiater“ bis „Dann ist das eben so“ möglich und auch erlaubt.

Ich gehöre eher zu den Pragmatikern und habe meinen kreisrunden
Haarausfall vor fast 32 Jahren mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen, als meine Friseurin die runde haarlose Stelle an meinem Kopf bemerkte. Keine Woche später fielen mir neben dem Haupthaar auch Wimpern und Augenbrauen aus. Das war für mich das Zeichen, den Rasierer zu holen und zur Tat zu schreiten.
Nur etwa zwei Prozent aller Menschen erkranken am kreisrunden Haarausfall und von ihnen sind wiederum etwa zwei Prozent vom kompletten Haarausfall am ganzen Körper betroffen. Bei dieser Autoimmunerkrankung, die Frauen, Männer und auch Kinder betreffen kann, bekämpft der Körper sich selbst und greift die Zellen der Haarwurzeln an. Dort entstehen Entzündungen, die Haare fallen aus. Die Ursache ist unklar, möglicherweise begünstigt Stress die Erkrankung.
Der Haarausfall beginnt mit kleinen runden Stellen, die sich vergrößern,
zusammenwachsen und schließlich den ganzen Kopf oder auch den kompletten Körper betreffen können. So wie es bei mir aussah, habe ich beim kreisrunden Haarausfall nicht nur „hier“ geschrien, sondern dieses offensichtlich auch noch ganz besonders laut. Denn ich bekam die extremste Form, die Alopecia areata universalis, bei dem sämtliche Körperbehaarung ausfällt.
Ob Hausmittel oder neu entwickelte Wirkstoffe: Die Behandlungserfolge sind ähnlich. Mal helfen sie, mal helfen sie aber auch nicht. Dennoch fuhr ich in die spezielle Haarsprechstunde einer Uniklinik. Dort habe ich mich allerdings stark gewundert, wie viele der jungen Haarspezialisten deutlich sichtbaren, zurückgehendem Haaransatz oder bereits kahle Stellen auf ihrem Kopf hatten. Vertrauenerweckend erschien mir das gerade nicht. Da ich nicht das Versuchskaninchen spielen wollte, blieb es sowohl bei einer einzigen Spritze als auch bei meinem einzigen Besuch der Haarklinik.

Foto oben rechts: Beim Blick im Spiegel fallen die kahlen Stellen zunächst nicht auf
Foto: kostenloses Foto, Pexels, Karolina Grabowska

Es gibt Frauen, denen steht eine Glatze hervorragend. Ich gehörte jedoch definitiv nicht zu ihnen. Da die Technik der Zweithaare im letzten Jahrhundert noch nicht so sehr weit fortgeschritten war, sah man natürlich sofort, dass es nicht die eigene Mähne war. „Dann erst recht!“, war meine Einstellung und ich kaufte mir gleich dreimal unterschiedlichen Haarersatz: einen schwarzen Bob, einen roten Pagenschnitt und eine halblange lockige Perücke in Straßenköterfarbe. Darf ich „Köter“ in der heutigen Zeit eigentlich noch sagen?
Ganz selbstbewusst ging ich also mit täglich wechselnden Haarfarben und -schnitten zur Arbeit. Das Einzige, was mich störte, war der automatische Griff zum Kopf, ob noch alles am Platz sitzt, wenn Wind aufkam oder ich mich bücken musste.
Obwohl die Medizin stets Fortschritte machte und weiterhin macht, so brauchen Betroffene manchmal einfach nur Geduld und die Haare wachsen alleine nach. Und so wuchs auch bei mir nach kurzer Zeit ein butterweicher, weißer, kaum sichtbarer Flaum. Er war kaum spürbar, aber dennoch strich ich ständig darüber. Kurz darauf wechselte der weiße Flaum kurzzeitig zu schwarzen winzigen Löckchen und dann war meine ganze Pracht zum Glück wieder da.
Wenn Sie von der Alopecia betroffen sind und nichts auf Ihrem Kopf, ein Tuch oder eine Perücke tragen möchten, das entscheiden Sie alleine. Wichtig ist nur, dass Sie sich wohlfühlen. Sollten Sie jedoch stark an den Folgen des kreisrunden Haarausfalls leiden, so finden Sie in Selbsthilfegruppen psychologische Hilfe.

Etwa jeder zehnte an Morbus Crohn, Rheuma oder auch kreisrundem Haarausfall Immunerkrankte entwickelt nach der Impfung zum Schutz gegen Covid-19 nicht genug Antikörper. Eine Blutuntersuchung bei Ihrem Hausarzt gibt Ihnen Gewissheit.

Foto oben rechts: Martina Jansen freut sich, dass sie ihre Haarpracht bis heute behalten hat
Foto: privat

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