Es wird „elektrisch“ auf deutschen Straßen
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Es wird „elektrisch“ auf deutschen Straßen
Der Anteil von E-Autos hat sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt
Leise, kaum hörbar rollt der Kleinwagen von Anke Wittner aus dem Car-Port, auf dem Kennzeichen das charakteristische „E“. Gut 80 Kilometer legt die Halternerin täglich für die Hin- und Rückfahrt zu ihrem Arbeitsplatz zurück. „Da habe ich mit der Reichweite natürlich gar kein Problem, kann auch noch ein paar Umwege für Besorgungen einplanen“. An ihrer Arbeitsstelle hat sie leider keine Möglichkeit, ihren Renault Twingo zu laden, aber abends kommt er immer an die hauseigene Wallbox und hat damit jeden Morgen eine frisch geladene Batterie. Bevor sie sich vor gut einem Jahr zum Kauf eines „Stromers“ entschloss, hatte sie sich umfangreich informiert. „Reichweiten, Lademöglichkeiten oder Förderbedingungen waren plötzlich die Themen, mit denen ich mich beschäftigt habe. Das war bei den vorherigen Autokäufen etwas anders, da spielten Benzinverbrauch, Preis oder Farbe die entscheidende Rolle“, erinnert sich Anke Wittner. Bereut hat sie den Kauf bisher nicht. „Es macht einfach Spaß, mit dem Elektroauto zu fahren und das gute Gefühl, etwas für die Umwelt zu tun, kommt noch oben drauf“.
Symbolfoto oben rechts: adobestock.com/TheSupporter
Für den Kauf eines E-Autos oder Plug-in-Hybrid Fahrzeugs entscheiden sich inzwischen immer mehr potentielle Autokäuferinnen und Autokäufer. Allein 2021 hat sich, mit 355.961 Zulassungen, die Zahl der reinen Elektroautos im Vergleich zu 2020 fast verdoppelt. Zusammen mit den Plug-in-Hybride, das sind Fahrzeuge, die sowohl einen elektrischen Antrieb als auch einen Verbrenner-Motor haben, rollen in Deutschland mittlerweile über eine Million Fahrzeuge mit mehr oder minder alternativen Antrieben über die Straßen. Und aus Sicht der deutschen Bundesregierung dürfen die Zulassungszahlen auch gerne weiter steigen. Denn mehr als 20 Prozent des klimaschädlichen CO 2-Gases wird laut Bundesumweltministerium im Straßenverkehr erzeugt - und der überwiegende Anteil im Individualverkehr. Um die gesteckten Klimaziele zu erreichen, will man gerade hier zu einer deutlichen CO 2-Reduzierung kommen. Mit einer Reihe an Fördermaßnahmen soll Autofahrerinnen und Autofahrern der Kauf eines E-Autos schmackhaft gemacht werden.
Neben einer bis zu zehnjährigen Befreiung der KFZ-Steuer, bezogen auf die Erstzulassung, wird auch die Anschaffung subventioniert. Reine Elektroautos können mit bis zu 9.000 Euro gefördert werden. Bei den Plug-in-Hybriden sind es immerhin noch bis zu 6.750 Euro. Doch bei den Hybriden hat sich seit Jahresbeginn einiges geändert.
Foto oben rechts: adobestock.com/Petair
Förderung von Plug-in-Hybriden wird sich ändern
Viele Experten halten einen Teil dieser Fahrzeuge schlicht für eine Mogelpackung. Vor allem bei großvolumigen SUV bemängeln sie die bescheidene Reichweite von oft deutlich unter 50 Kilometern, die diese Autos rein elektrisch fahren können. Auswertungen von Service-Protokollen haben zudem ergeben, dass der elektrische Antrieb eher selten bis gar nicht genutzt wird. Gefördert werden seit 2022 somit nur noch jene Plug-in-Hybrid-Modelle, die entweder maximal 50 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen oder eine rein elektrische Reichweite von mindestens 60 Kilometern vorweisen können. Schon ab 2023 muss dann die Mindestreichweite 80 Kilometer betragen. Des weiteren gibt es Überlegungen, die Förderung von Plug-in-Hybriden über die wirklich elektrisch gefahrenen Kilometer zu berechnen.
Die geringe Reichweite, so ergeben Umfragen immer wieder, sei nach wie vor der Hauptgrund, sich gegen ein Elektroauto zu entscheiden. Wenn auch circa zwei Drittel aller zugelassenen PKWs statistisch gesehen pro Tag selten mehr als 50 Kilometer gefahren werden, scheint es Autofahrerinnen und Autofahren wichtig zu sein, auch längere Strecken problemlos ohne Einplanung von Ladestopps jederzeit spontan bewältigen zu können - und wenn es nur ein oder zwei Mal im Jahr ist. Fragt man bei Autohändlern nach, wird das bestätigt. Die Reichweite sei eins der entscheidenen Kaufkriterien.
Dabei hat sich die Reichweite im Vergleich zu den ersten Generationen von Elektroautos schon deutlich verbessert, 400 bis 500 Kilometer sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Mit den 1.000 Kilometern und mehr von beispielsweise sparsamen Dieselmotoren können die Stromer natürlich nicht mithalten und Fachleute sind sich einig, dass dies auch in absehbarer Zeit nicht der Fall sein wird. Um so wichtiger ist es daher, das E-Mobilisten unterwegs problemlos und schnell nachladen können. Und da bewegt sich einiges.
Immer mehr öffentliche Ladestationen in den Innenstädten
Konnte man noch vor Jahren die öffentlichen Ladestationen an einer Hand abzählen, sind sie heute schon ein gewohntes Bild in den Innenstädten. Mehr als 40.000 öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte von Energieunternehmen, Parkhaus- und Parkplatzbetreibern, Supermärkten und Hotels sind alleine beim BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) gelistet, circa 15 Prozent davon sind Schnellladestationen. Es ist aber davon auszugehen, dass es bundesweit noch deutlich mehr Ladepunkte gibt, denn nicht alle sind beim BDEW gemeldet. Bis zu 300 Stationen kommen laut Bundesnetzagentur wöchentlich dazu. Gut 40 öffentliche Ladestationen befinden sich im Stadtgebiet von Haltern und Dorsten.
Über den Ausbau der öffentlichen Ladepunkte werden sich vor allem E-Auto-Besitzer freuen, die zur Miete wohnen. Denn nicht immer ist es möglich, dort private Ladestationen zu installieren. Eigenheimbesitzer haben es da etwas leichter. Mit der sogenannten Wallbox haben sie dann ihre eigene Ladestation in der Garage oder im Car-Port. Bis Ende letzten Jahres wurde die Box auch noch mit bis zu 900 Euro gefördert. Ob die Förderung nochmal aufgenommen wird, ist nicht sicher.
Foto oben rechts: Volvo
Ist Wasserstoff der Treibstoff der Zukunft?
Diese Frage könnte man mit „Im Prinzip Ja, aber...“ beantworten.
Was unterscheidet zunächst einmal das Wasserstoffauto vom reinen E-Auto? Nicht viel: Wasserstoff-Autos - oder technisch richtig gesagt Brennstoffzellen-Autos - ähneln einem E-Auto. Sie haben ebenso eine Batterie, die ist aber nicht so groß wie die im E-Auto. Die Batterie speichert zum Beispiel Bremsenergie und dient als Puffer. Ansonsten erzeugen Wasserstoff-Autos ihren Strom selbst. Ihr Herzstück ist die Brennstoffzelle. Sie erzeugt Strom und der wiederum kann dann die Batterie laden oder den Elektromotor antreiben. Doch dazu benötigt die Zelle Wasserstoff.
Der Antrieb ist also mit dem eines klassischen Elektroautos vergleichbar, aber der Wirkungsgrad ist der entscheidende Punkt. Der Wirkungsgrad beschreibt, wie viel Energie der Motor benötigt, um die gleiche Leistung zu erzielen – zum Beispiel, um ein Auto 100 Kilometer weit zu bewegen. Beim E-Auto ist der Weg vom Strom bis zum Fahren des Fahrzeugs in wenigen Schritten erklärt: Der Strom lädt die Batterie, die Batterie betreibt den Motor. Der Wirkungsgrad beträgt etwa 69 Prozent.
Bei der Brennstoffzelle sind das mehr Schritte: Mit Strom wird eine Elektrolyse-Anlage betrieben, um Wasserstoff zu erzeugen. Der muss von dort zur Tankstelle transportiert, getankt und dann wieder zurück zu Strom umgewandelt werden. Erst dann fährt das Auto. Von jeder Kilowattstunde Energie zur Herstellung von Wasserstoff bleiben nur noch ungefähr 26 Prozent für die Fahrleistung übrig. Das Wirkungsgrad ist demnach deutlich geringer als bei einem klassischen Stromer.
Fazit: Brennstoffzellen-Fahrzeuge können eine sinnvolle Ergänzung im Bereich der alternativen Antriebsformen sein. Der Vorteil ist, dass der Wasserstoff genau wie konventionelle Kraftstoffe problemlos jederzeit nachgetankt werden könnte, Ladezeiten entfallen. Auch für die Möglichkeit elektrisch betriebener LKW sehen Experten hier Vorteile, da man dann auf die enorm schweren Batterien verzichten könnte, die einen konventionellen E-Betrieb unwirtschaftlich machen. Brennstoffzellen-Fahrzeuge machen aber erst dann Sinn, wenn der Strom für die Erzeugung des Wasserstoffs zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie kommt – was aber auch für den Betrieb von reinen E-Autos als Argument nicht außen vor bleiben sollte.
Text: Hans-Jürgen Abenath