Die Dialyse: Warten auf ein Spenderorgan
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Uns erreichte eine Nachricht von Guido, die uns alle aus der Redaktion erfreut: Ganz überraschend bekam Guido von der Uni Essen den Anruf, dass es für ihn eine Spenderniere gibt. Ein paar Stunden später wurde er direkt operiert und „fühlt sich zwar wie vom LKW überrollt“, wie er uns mitteilte, aber ansonsten geht es ihm den Umständen entsprechend gut. Wir wünschen Guido hiermit von Herzen gute Besserung!
Ein Leben mit eiserner Disziplin
Überlegen Sie, lieber Leserin, lieber Leser, momentan vielleicht, ob Sie Organ- oder Gewebespender werden möchten? Sie würden damit Tausenden Mitmenschen zu einem schmerzfreien Leben mit wieder höherer Lebensqualität verhelfen. Vielleicht fällt Ihnen die Entscheidung etwas leichter, wenn ich Ihnen Brigitte Scharikow und Guido Bludau vorstelle, die beide die Dialyse benötigen, da ihre Nieren nicht mehr funktionieren.
„Die Dialyse und das Warten auf ein Spenderorgan sind oft sehr anstrengend“, weiß Guido Bludau, der bereits im Jahre 2005 auf seine erste Blutwäsche angewiesen war. Zum einen möchte er ungern im Mittelpunkt stehen, zum anderen ist es aber wichtig für ihn, unsere Leserinnen und Leser für die Organspende zu sensibilisieren. Daher erklärt er sich bereit, mir als Gesprächspartner zur Verfügung zu stehen.
Foto oben rechts: Guido Bludau muss jeden zweiten Tag an die Dialyse Bludau muss jeden zweiten Tag an die Dialyse
Guido Bludau muss jeden zweiten Tag an die Dialyse
Neben einer Nierenentzündung mit einer kompletten Schädigung beider Nieren musste seine eigene eingeblutete Niere in einer echten Not-OP entfernt werden. Die transplantierte Spenderniere seiner Mutter funktionierte leider nur vier Jahre lang, sodass nun beide Nieren in seinem Körper ohne Funktion sind. „Seit 2013 bin ich daher erneut an der Dialyse, stehe auch wieder auf der Warteliste für ein Spender-Organ, habe aber leider noch keine passende Niere angeboten bekommen.“ Sein Alltag als auch der seiner Familie wird daher bestimmt durch seine Krankheit sowie dem zeitlichen Rhythmus, den der 49-jährige Wulfener bei seiner Blutwäsche einhalten muss. „Ich muss jeden zweiten Tag für jeweils rund fünf Stunden an die Maschine, da mein Körper nicht entgiftet und kein Wasser ausscheidet“, erzählt mir Guido und fährt fort: „Zum Glück sind meine Frau und meine Mutter im Umgang mit dem Dialysegerät geschult, sonst wäre es nicht möglich, dass ich zu Hause an die Dialyse kann. Auf ihren Schultern liegt eine große Verantwortung, denn beispielsweise bei einer Maschinenstörung oder einem Stromausfall muss mein Blut ja wieder zurück in meinen Körper, daher muss einer der beiden immer anwesend sein.“
Guido ist dankbar für die Möglichkeit der Heimdialyse. „Diese Möglichkeit macht in meinem Leben vieles einfacher und hilft mir, den Tagesablauf bestmöglich zu organisieren.“
Foto oben rechts: Es kostet schon Überwindung die dicke Nadel durch die Haut zu stechen
Während Guido mich zum KfH, dem Nierenzentrum in Marl, begleitet, betont er, dass es ihm den Umständen entsprechend und im Vergleich zu anderen Patienten noch gut geht. Im Zentrum treffe ich Brigitte Scharikow bei ihrer Dialyse an. „Nach einigen missglückten Operationen vor vier Jahren lief bei mir leider alles aus dem Ruder“, erinnert sich die 55-Jährige. „Meine Organe versagten nach und nach, beide Nieren sind trocken gelaufen und durch die 65 Blutkonserven, die ich bekam, passte die Niere meines Mannes, die er mir spenden wollte, nicht mehr zu meinen Antikörpern. Ich bin in der Uniklinik Münster als möglicher Empfänger registriert, aber mir bleibt neben der Hoffnung auf eine passende Nierenspende momentan nur die Dialyse“, ergänzt sie.
Kurzfristig schaffte es Brigitte Scharikow weg von der künstlichen Niere, indem sie verstärkt auf ihrer Ernährung achtete und sie auch weiterhin kontrolliert. „Kalium und Phosphor sind beispielsweise Giftstoffe für Nierenkranke, die wir nur in geringen Mengen zu uns nehmen sollten. Ich wiege daher jede Zutat präzise ab und eine passende App zeigt mir deren Kalium- und den Phosphorgehalt an, teilt mir aber auch mit, wie viel meiner täglichen 500 Milliliter Flüssigkeit ich bereits durch die Nahrung zu mir genommen habe“, erklärt mir die zweifache Mutter.
Brigitte Scharikow und ihr Mann Peter Heuger planen zurzeit die Heimdialyse. „Insgesamt sind wir bis zu sechs Stunden unterwegs, wenn Gitti ihre Blutwäsche hier im Nierenzentrum bekommt, zu Hause können wir zeitlich besser planen“, so Peter Heuger und seine Frau ergänzt: „Auf diese Weise kann ich auch weiterhin 20 Stunden im Homeoffice arbeiten.“ Damit die Heimdialyse jedoch von der Krankenkasse genehmigt wird, ist eine umfangreiche Schulung nötig. Diese absolviert ihr Mann bereits seit fast vier Monaten direkt im Nierenzentrum, stets begleitet von einer speziell geschulten Pflegekraft. „Erst jetzt, nachdem ich hier mein Trainingsprogramm durchlaufe, sehe ich, was die Ärzte und Schwestern mit einer unfassbaren Ruhe und Geduld leisten“, betont er.
Ruhe und die benötigte Zeit ist auch das, was das Ehepaar aus Lippramsdorf benötigt, bevor sie die Dialyse ins heimische Zimmer verlegen. „Uns drängt hier niemand, wir haben alle Zeit der Welt“, betonen beide und haben sich Mitte Oktober als „Umzugstermin“ gesetzt. Zu Hause ist alles bereit: Elektro- und Wasseranschlüsse sind verlegt, der Fußboden ist so steril, wie es im Privathaushalt möglich ist und auch eine Liege steht bereit. „Wir haben gelernt, bewusster zu leben, denn von jetzt auf gleich kann sich das Leben ändern“, sind sich beide einig.
Foto oben rechts: Brigitte Scharikow bleibt neben der Hoffnung auf eine passende Nierenspende momentan nur die Dialyse
Nierenspenden sind keine Lebendspenden, außer bei Verwandten, die sie erst nach zahlreichen Gesprächen und Untersuchungen hergeben können.
Die Spende ist zwar anonym, aber bei der Stiftung „Eurotransplant“ ist vermerkt, aus welchem Land sie kommen. Und da deutsche Bürger wenig spenden, werden dementsprechend auch nur wenige Organe in deutschen Kliniken transplantiert.
Text: Martina Jansen
Fotos: Guido und Leon Bludau