Der Schlaganfall: Zeit ist Hirn
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Der Schlaganfall: Zeit ist Hirn
Zum Glück ist unser Kollege André Elschenbroich wieder fast der „Alte“
Wie wichtig schnelle Hilfe bei einem Schlaganfall ist, zeigte sich bei André Elschenbroich von der Heimatmedien GmbH. Keine drei Wochen nach seinem Schlaganfall Mitte August sitzen Christian Sklenak und ich mit ihm in seinem Garten in Heiden. Wie durch ein Wunder hat er sich in der kurzen Zeit fast völlig erholt, absolvierte dennoch eine vierwöchige Reha in der VAMED Klinik Hagen-Ambrock.
„Ich bin nur sehr müde und darf daher kein Auto fahren, aber damit komme ich schon klar“, erzählt André. „Es hätte schließlich auch ganz anders ausgehen können. Meiner Lebensgefährtin sagten die Ärzte, dass ich, wenn ich aufwache, geistig oder körperlich eingeschränkt sein oder sogar im Rollstuhl sitzen könnte“, erinnert er sich mit etwas belegter Stimme. Nachdem André und Christian, die sich seit mehr als 25 Jahren kennen, in gewohnter Manier miteinander herum flachsten, stellt mein Arbeitskollege erleichtert fest: „Du bist wirklich zum Glück immer noch der alte Elsch.“
Foto oben rechts: André Elschenbroich bei unserem Besuch in Heiden
Zu verdanken hat „Elsch“, wie er genannt wird, seinen jetzigen Zustand der schnellen Hilfe aller Beteiligten. „Ich konnte mich an jenem Tag plötzlich nicht mehr auf dem Bürostuhl halten. Ich sah plötzlich alles doppelt und wollte noch etwas sagen, aber ich bekam die Worte nicht mehr heraus. Ich konnte nur noch 112 lallen. Aber ich weiß noch, wie ich mich wehrte, weil mich meine Kollegen Daniel Bosse und Hans Neuhaus auf den Boden legen wollten“, schildert André das, woran er sich noch erinnern kann.
„Zum Glück waren wir anwesend, als André ohne Vorwarnung vom Stuhl kippte und konnten schnell Hilfe holen. Zehn Minuten später hätte er im Auto gesessen und wäre alleine nach Hause gefahren“, denkt Daniel Bosse, Geschäftsführer der Heimatmedien, an die belastende Situation zurück.
Foto oben rechts: Daniel Bosse, Geschäftsführer der Heimatmedien
Auch die Notärztin des St. Elisabeth Krankenhauses Natalie Prison erinnert sich noch gut an diesen Einsatz. „Wir, die Besatzung des Notarzt-Einsatzfahrzeuges, erhielten am 16. August einen Einsatz mit dem Stichwort ‚bewusstlose Person‘ und nahmen diese Alarmierung natürlich sehr ernst, denn es handelte sich dabei um einen dringenden Notfall. Zum Glück traf bereits ein Rettungswagen von der Dorstener Feuerwache vor uns ein und gewährleistete eine schnelle Versorgung des Patienten“.
Da Hans, unser Kollege von den Heimatmedien, vom Büro aus die Feuerwehr über seine Befürchtung informierte, es handelt sich möglicherweise um einen Schlaganfall, war das Rettungsteam darauf eingestellt, was sie erwarten könnte.
„Als wir in das Büro des Patienten kamen, lag er bereits in Seitenlage, eine sehr umsichtige Maßnahme seiner Kollegen. Da er selbst noch völlig suffizient spontan atmete, wäre eine Rückenlage gefährlich gewesen, weil die Zunge hätte zurückfallen und die Spontan-Atmung blockieren können“, erklärt Natalie Prison. „Meine anwesenden Kollegen hatten Herrn Elschenbroich bereits ‚verkabelt‘, das Monitoring, bestehend aus Blutdruckmessung, Sättigungsableitung und EKG, war also größtenteils bereits angeschlossen“, berichtet die Notärztin weiter. Dass sie anwesend war, das realisierte André noch. „Ich erinnere mich, dass mir die Rettungssanitäter meine Jacke aufschnitten und mich die Notärztin laut ansprach, ich konnte aber nicht antworten, dann legte sie mich auch schon ins künstliche Koma.“
„Es war mir wichtig, dass Herr Elschenbroich wusste, dass wir ihn verstehen“, erklärt die Ärztin und fährt fort: „Ich hatte mich schon zu Beginn entschieden, dass wir den Patienten vor Ort in Narkose versetzen müssen, um ihn über einen Beatmungsschlauch kontrolliert zu beatmen. Uns war klar, dass es sich um ein neurologisches Geschehen handelte, deshalb galt ab da nur eines: Tempo! Tempo! Tempo! Parallel kümmerte sich mein Kollege, der an diesem Tag gemeinsam mit mir das Notarzt-Einsatzfahrzeug besetzte, um den Transport per Rettungshubschrauber in eine geeignete Klinik. Die Kollegen dort vor Ort wurden bereits durch die Leitstelle informiert und erwarteten den Patienten.“
Foto oben rechts: Nathalie Prison, Notärztin im St. Elisbeth Krankenhaus
André erinnert sich an seinen ersten Tag im Krankenhaus. „Abends wurde ich in der Stroke Unit in Duisburg, einer auf Schlaganfall spezialisierten Abteilung, aus dem Koma geholt und auf Herz und Nieren geprüft. Zum Glück konnte ich sprechen, mich erinnern und nach kurzer Zeit auch bereits beim ersten Versuch wieder laufen. Erst hier im Krankenhaus habe ich aber begriffen, dass ich einen Schlaganfall hatte.“ Er gesteht sich selbst ein: „Ich bin nie gut mit meinem Körper umgegangen, habe nie auf ihn gehört. Ich hatte bereits ein paar Tage vorher Kopfschmerzen und einen Linksdrall beim Gehen, dachte aber, das würde sich wieder geben. Unser Mischling Pablo spürte wohl, dass ich krank war und wich mir ab da nicht mehr von der Seite.“
Acht Tage nach dem Schlaganfall war der 57-Jährige bereits wieder zu Hause und begab sich Mitte September in die Reha. „Ich sehe mich nicht als gesund an, denn meine Motorik ist noch etwas langsam. Ich habe zwar nie geraucht, aber eine gesunde Ernährung sieht komplett anders aus. Jetzt nehme ich Blutverdünner zur Vorbeugung und lebe in Zukunft auch gesünder, denn ich möchte nicht, dass sich mein Leben von jetzt auf gleich schlagartig ändern könnte“, gibt er sich selbst das Versprechen in Zukunft besser auf seinen Körper zu hören.
„Ich bin stolz auf mein Team. Wir haben uns alle in dieser Situation total organisiert verhalten. Wir hoffen, dass André zu alter Stärke zurechtfinden und wieder im Büro arbeiten wird, wenn er sich dazu in der Lage fühlt. Denn wir vermissen ihn hier alle“, lobt Daniel Bosse zum Schluss noch einmal sein Team und gibt André von allen Kollegen gute Wünsche mit auf den Weg.
„Wir alle hoffen sehr, dass unser Handeln dazu beitragen konnte, dem Patienten eine gute Prognose zu sichern“, betont noch die Notärztin. „Das konnten Sie, liebe Frau Prison“, bedankt sich André Elschenbroich auf diesem Wege noch einmal ganz herzlich bei ihr und allen weiteren Beteiligten für die schnelle Hilfe.
Foto oben rechts: André in der Reha bei der Musiktherapie
Drei Fragen an Dr. Thorsten Reiprich, Oberarzt der Klinik für Innere Medizin, Fachbereich Medizin im Alter am Dorstener St. Elisabeth-Krankenhaus.
Wie entsteht ein Schlaganfall?
Ein Schlaganfall entsteht durch eine Verstopfung eines Gefäßes, welches das Gehirn versorgt. Die Nervenzellen werden daraufhin nicht mehr mit ausreichend Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was dazu führt, dass diese absterben. Der mit Abstand größte Risikofaktor mit circa 80 Prozent ist die arterielle Hypertonie. Weitere Risikofaktoren sind Lebensalter, Diabetes mellitus und Nikotinabusus. Andere Erkrankungen, die zu einem Schlaganfall führen können, sind: Vorhofflimmern, Herzinfarkte und Erkrankungen der Herzklappe.
Wie erkenne ich einen Schlaganfall?
Die klinischen Zeichen sind dabei sehr unterschiedlich, sie richten sich nach dem zu versorgenden Gefäßstromgebiet. Warnzeichen sind Kopfschmerzen, Verwirrtheit, Sprachstörungen, Gleichgewichts- und Koordinationsstörungen sowie einseitige Lähmungen des Gesichts, zum Beispiel der Mundwinkel, des Arms oder des Beins. Die klinischen Zeichen der neurologischen Ausfälle lassen bereits häufig auf das Gefäß schließen, welches betroffen ist.
Wie reagiere ich richtig?
Bei dem Verdacht auf einen Schlaganfall muss sehr schnell reagiert werden, es sollte sofort die 112 gerufen werden mit dem Hinweis „Verdacht auf Schlaganfall". Sollte es sich um einen Schlaganfall handeln, zählt jede Minute, denn in diesem Fall ist Zeit gleich Gehirn. Die beste Versorgung kann dann in spezialisierten Zentren durchgeführt werden.
Foto oben rechts: Dr. Thorsten Reiprich, Oberarzt im St. Elisabeth Krankenhaus
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak, Günter Schmidt und privat