Der digitale Nachlass

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

Der digitale Nachlass

Was geschieht nach dem Tod mit unseren Daten?

Wir bestellen online, kommentieren in den sozialen Medien oder nehmen an Videokonferenzen teil. Mailadresse angeben, Passwort eintragen und schon können wir uns mit der ganzen Welt vernetzen. Haben wir das Passwort vergessen, fordern wir unkompliziert ein neues an, andere Accounts löschen wir sogar komplett. Aber was passiert mit unseren Daten nach dem Tod?
Darüber habe ich mich mit Rose Sommer, Leiterin der Verbraucherzentrale NRW Beratungsstelle Castrop-Rauxel unterhalten. „Vorab ist es erst einmal wichtig, sich einen Überblick über seine digitalen Konten und Accounts zu schaffen. Am besten erstellen Sie sich eine Liste mit allen Accounts inklusive Mailadressen und Passwörtern und klären bei jedem Account, wie mit den vorhandenen Daten verfahren werden soll“, rät sie. „Legen Sie weiterhin fest, welche Benutzerkonten im Todesfall direkt gelöscht werden können und welche kostenpflichtigen Abos wie beispielsweise die der Streamingdienste zuvor gekündigt werden müssen.“
Vergessen Sie auch nicht Ihr Smartphone, Tablet oder Laptop oder weitere smarte Helfer im Alltag. Auf den heruntergeladenen Apps sind oft Passwörter oder persönliche Daten und Fotos hinterlegt. In diesem Zuge können auch direkt nicht benötigte Mailadressen und Accounts gelöscht werden. Alte Rechnungen oder Mails können hierbei Hinweise auf vergessene Konten geben. „Auch diese nicht mehr genutzten digitalen Konten bergen Risiken, denn sie können gehackt und rechtswidrig genutzt werden“, weiß die Leiterin aus Castrop-Rauxel.

Foto: stock.adobe.com/fotohansel

 

Entfernen Sie vor dem Löschen der Konten, falls möglich, Ihre persönlichen Fotos und Daten. Auch Chatverläufe, Adressen und Fotos, die nach Ihrem Tod nicht bekannt werden sollen, können Sie nun in diesem Zuge gleich mitlöschen. Alternativ kann sie die Vertrauensperson löschen, die Ihren digitalen Nachlass verwaltet. Denn bedenken Sie: Ihre Erben haben volle Einsicht in Ihre Accounts der sozialen Netzwerke sowie in die Mailkonten der oder des Verstorbenen, wie der Bundesgerichtshof dazu 2020 ein Grundsatzurteil fällte. Dies gilt auch dann, wenn der Nutzer es in den Einstellungen der verschiedenen Konten anders festgelegt hat.
Apropos soziale Netzwerke, möchten Sie, dass in den Medien, in denen Sie lange aktiv waren, ein Gedenkstatus für Sie eingerichtet wird? In einigen Netzwerken gibt es die Möglichkeit, dies direkt dort noch zu Lebzeiten anzugeben. Überdenken Sie auch, was mit den dort eingestellten Fotos geschehen soll. Um eventuellen unnötigen Stress oder Auseinandersetzungen zwischen den Erben und Ihrem digitalen Nachlassverwalter zu verhindern, sollten alle Beteiligten über Ihre letzten Wünsche im Bilde sein.
Und last, but not least machen Sie sich am besten auch noch Gedanken darüber, was mit der Hardware, also den Geräten selbst und den darauf befindlichen Telefonnummern, Chats oder Fotos geschehen soll.
Ihre Vorstellung, was mit Konten, Fotos und Chatverläufen passieren soll, können Sie in einer Liste online oder auch ganz Old School auf einem Blatt Papier erstellen. Da diese Liste logischerweise nicht offen herumliegen sollte, teilen Sie der Vertrauensperson, die sich im Todesfall um Ihr digitales Erbe kümmert, mit, wo sich das Schriftstück oder auch der USB-Stick befinden. Das kann bei Ihnen Zuhause in einem Safe, in einem Bankschließfach, beim Notar oder Rechtsanwalt oder auch bei einem Bestatter sein. Auch hierzu hat Rose Sommer einen Rat für unsere Leserinnen und Leser: „Stellen Sie für Ihre Vertrauensperson eine Vollmacht aus, damit sie auch an diese Auflistung kommt und Ihren digitalen Nachlass regeln kann. Überlegen Sie auch, ob sich diese Person auch bereits um ihre Online-Konten kümmern soll, wenn Sie selbst beispielsweise durch eine Krankheit oder einen Unfall nicht mehr in der Lage sind, sich selbst darum zu kümmern.“ Rose Sommer fährt fort: „Ich schlage gerne in unseren Beratungen vor, dass sich die Vertrauensperson möglichst ausschließlich um die medialen Accounts kümmert. Vertragliche Angelegenheiten zu kündigen, sollten besser den Erben überlassen werden.“ Sinnvoll wären daher eventuell zwei Listen, wobei die Liste mit den Passwörtern der Verträge direkt an die Erben weitergereicht werden könnte.

Foto oben rechts: Rose Sommer, Leiterin der Verbraucherzentrale Castrop-Rauxel
Foto: privat

Jetzt fehlen auf Ihrem handgeschriebenen digitalen Testament nur noch das Datum, Ihre Unterschrift und der Zusatz, dass diese Verfügung „über den Tod hinaus" gilt und schon haben Sie Ihr digitales Erbe geregelt.

Eine Musterliste „Digitaler Nachlass“ können Sie bei der Verbraucherzentrale NRW downloaden.

Text: Martina Jansen

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