Das Erzählcafé im LEO
von Martina Jansen (Kommentare: 0)
Das Erzählcafé im LEO
Mehr als nur Unterhaltung
„Oma erzähl‘ doch mal“, werden die Seniorinnen des Erzählcafés sicher oft von ihren Enkelinnen und Enkeln gebeten. Auch hier im Leo heißt es dienstags: „Erzähl‘ doch mal“, aber Zuhörer sind dann Frauen aus Dorsten, die alle im gleichen Alter sind.
Seit sechs Jahren treffen sich die beiden Frauengruppen regelmäßig imSoziokulturellem Zentrum „Das Leo“ in Hervest. 2005 kam das Thema Erzählcafé auf dem Markt der Möglichkeiten auf und Rotraud Meyer startete daraufhin sofort einen Anruf an interessierte Frauen. „Sehr schnell erreichten wir aufgeschlossene Frauen, die sich immer noch viel zu erzählen haben“, berichtet die Organisatorin. Da das Interesse an diesem Treffen so stark war, bildete sich kurz darauf eine zweite Gruppe, die sich jeweils eine Woche später als die erste Gruppe am vierten Dienstag eines Monats trifft.
Alle Frauen sind von Anfang an dabeigeblieben. Hier wird nicht nur geredet, um die Zeit totzuschlagen, es gibt einen regen Meinungsaustausch zu diversen Themen. „Dass wir im Erzählcafé nur Frauen sind, hat sich einfach so ergeben, aber jetzt sind wir auch nicht böse darum und belassen es so“, betont Rotraud Meyer.
Für die Treffen werden gemeinsam verschiedene Themen ausgesucht, damit die Gruppe einen roten Faden hat und nicht zu sehr ins Quatschen gerät. Die Themen sind vielfältig, von Bräuchen zu Ostern oder Weihnachten über Kindheit oder Ausbildung damals und heute. Aber auch Veränderungen in der Musik oder Kleidung der 70-er, 80-er oder 90-er Jahre hin zu Emanzipation der Frau und persönlichen Kriegs- und Urlaubserlebnissen besprechen die Dorstener Zeitzeugen. Natürlich wird auch über aktuelle Ereignisse wie die Pandemie oder die Hochwasserkatastrophe geredet.
Foto oben rechts: (v. l.) Monika Janßen, Edith Underberg, Rita Brüninghoff und Ulla Reising treffen sich regelmäßig am vierten Dienstag jeden Monats im LEO
„Wir diskutieren zwar unterschiedlich, respektieren aber die verschiedenen Ansichten unserer Gesprächspartnerinnen“, sind sich die Frauen alle einig. Es gibt ein Thema, über das möglichst nicht geredet wird: Krankheit.
Anne-Marie Horstkamp, die älteste Teilnehmerin, stellt heute „ihren“ Frauen ihr zweites Buch vor: Anekdoten aus meinem Leben. Sicher werden viele der Anwesenden ähnliche Situationen erlebt haben. Zweieinhalb Stunden sind bei jedem Treffen angesetzt, „aber es werden auch schon mal dreieinhalb Stunden. Wenn wir im Erzählfluss sind, dann schauen wir nicht immer auf die Uhr.“
Da viele der Frauen aus Hervest kommen und heimatverbunden sind, ist natürlich auch die ehemalige Zeche Fürst Leopold immer wieder ein Gesprächsthema. „Johanna Mense erinnert sich noch daran, wie sie früher nur einen Blick über die Zechenmauer werfen konnte. „Nun ist alles offen und wir sind mittendrin“, freut sie sich über die Veränderung des Geländes von der Zeche hin zu einem beliebten Gastronomie-Treffpunkt in Dorsten. Wo früher Flugasche die frisch gewaschene Wäsche auf den Wäscheleinen in der Umgebung schwarz färbte, geben sich heute Brautpaare das Ja-Wort.
Bei Kaffee und Kuchen sind vor Jahren im Erzählcafé neue Kontakte geknüpft worden, die bis heute Bestand haben. So treffen sich einige der Frauen außerhalb des Erzählcafés im LEO zum Spazierengehen, Radfahren oder zu gemeinsamen Kinovorstellungen. Als durch Corona alle Kontakte eingeschränkt wurden, erleichterten ihnen die vielen Telefonkontakte diese Zeit.
Foto oben rechts: Bei Kaffee und Kuchen lässt es sich hervorragend reden
Rotraud Meyer plant eine dritte Frauen-Gesprächsrunde, da die Nachfrage anhält. Sobald der Treffpunkt Altstadt wiedereröffnet wird, treffen sich dort am ersten Dienstag im Monat von 14:30 Uhr bis 16:00 Uhr Frauen ab 60 Jahren, die Interesse haben regelmäßig an den Treffen teilzunehmen.
Anmeldungen bei Rotraud Meyer unter 02866 4558.
Foto rechts: Rotraud Meyer organisiert die Erzählcafés in Dorsten
Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak