„Und er bewegt sich doch…“

von Martina Jansen (Kommentare: 0)

„Und er bewegt sich doch…“

„Future City“ – Ausstellung mit der Dorstener Künstlerin Doris Gerhard

Die Zeit vom 22. bis 24. Juni hat sich Doris Gerhard sicherlich ganz dick in ihrem Kalender angestrichen. Zu diesem Zeitpunkt wird sie in Rostock sein, denn die Anwesenheit der Künstler ist dort Pflicht. Doris Gerhardts Bildserie wurde von der Jury der HANSEartWORKS 2018 im Rahmen der Ausschreibung „Future City“ zusammen mit den Werken weiterer Künstler als interessanteste eingereichte Fotoarbeiten ausgewählt.

Den Kunstinteressierten aus Dorsten und Umgebung ist die Dorstener Künstlerin sicher durch ihre Lehrtätigkeit  sowie durch Einzel- und Gruppenausstellungen bekannt. Nun werden auch die Rostocker Bürger und Gäste des dortigen Hansetages die Arbeiten der 65-Jährigen zu Gesicht bekommen. „In meinen Bildcollagen begegnen sich die Vergangenheit und die Zukunft auf irritierende Weise“, so Doris Gerhard.

Foto oben rechts: Die Dorstener Künstlerin Doris Gerhard

„Das Projekt lädt Künstlerinnen und Künstler ein, die Stadt als Ressource zu fotografieren – als Chance für die persönliche Entwicklung ihrer Bewohner, als Quelle einer friedlichen, freiheitlichen und ressourcenschonenden Gesellschaft, als Antrieb für ein reiches kulturelles Leben und einen bewussten Umgang mit der Vergangenheit“, wie es in der Ausschreibung zu lesen ist. Am 28. Februar wurden die Künstler, die für einen der begehrten Ausstellungsplätze ausgewählt wurden, öffentlich bekannt gegeben. Somit wird Doris Gerhards Fotokunst neben den Fotos 17 weiterer Künstler aus insgesamt 16 Hansestädten in sechs Nationen auf den 38. Internationalen Hansetagen in Rostock sowohl in zwei Schiffscontainern als auch auf großen Panels am Kröpeliner Tor ausgestellt.

„Ich wählte für meine Bewerbungsfotos den Dorstener Bahnhof“, erzählt Doris Gerhard. 1879 eröffnet, verfällt das Bahnhofsgebäude, der einstige belebte Angelpunkt für Reisende von und nach Dorsten, immer mehr zu einer denkmalgeschützten Ruine. Die Fenster sind mit Brettern zugenagelt, ein Blick hinein ist nicht mehr möglich.

Foto oben rechts: Stillstand

Dank der Initiative der Stadt mit dem Stadtteilbüro „Wir machen MITte“ wird das alte Bahnhofsgebäude nun wiederbelebt. Gleise werden verlegt und der direkte Zugang zum Bahnhofsgebäude soll somit im Jahre 2020 von Dosten aus möglich sein. Kunstaktionen von Brigitte Stüwe, Guido Harding und Ludwig Kuckartz versuchten Dorstener Bürger wieder auf den Bahnhof aufmerksam zu machen.

Foto oben rechts: Der Dorstener Bahnhof einmal anders dargestellt: Doppelbelichtung der Lichtinstallation Guido Hardings

„Die Basis für meine Fotoserie für die Bewerbung bildeten die analogen Fotografien, die im Jahr 2008 zu Beginn meines Fotodesign-Studiums entstanden sind. Hinzu kamen neue digitale Bilder, alte Pläne des Bahnhofs sowie fotografische Interpretationen der Kunstaktionen“, erklärt die Dorstener Fotokünstlerin und fährt fort: „Für die Bearbeitung und Einreichung der Fotos hatte ich gerade mal anderthalb Monate Zeit.“

In ihren Fotomontagen und mehrfach belichteten Bildern gab sie dem maroden Bahnhof ein anderes, vielschichtiges und ungewöhnliches Gesicht, das sich erst bei genauer Betrachtung erschließt.

Foto oben rechts: Fotomontage aus Plänen des Bahnhofgebäudes mit Aufnahmen des Dachstuhls

So kommt nicht nur mit „Wir machen MITte“ das Thema „Bürgerbahnhof“ in Bewegung – auch in der Fotoreihe, die sie einreichte, ist das Thema Bewegung sichtbar. Vom Stillstand auf dem ersten Foto mit der Bahnhofsuhr, deren Zeiger sich nicht mehr bewegen, bis zum letzten Foto, der Farbexplosion des Gebäudes und der Wiederbelebung des alten Bahnhofes. Mit ihren Fotos gelingt es Doris Gerhard knapp 140 Jahre Bahnhofsgeschichte im Zeitraffer zusammenzufassen, Innenansichten wieder öffentlich zu machen und das Innere des Bahnhofs nach außen zu kehren. Weitere Infos zur „Stadt der Zukunft“ finden Sie hier: hansetag-rostock.com/events/hanseartworks-2018-06-22/

Foto oben rechts: Und er bewegt sich doch ...

INFO

Eine Woche vor den Hansetagen in Rostock, am 15. Juni um 18:00 Uhr, eröffnet Doris Gerhard ihr Projekt „Verschlusssache Bahnhof“ mit Gedichten, Fotos und Collagen am und im Kunstraum Bahnhof. An den beiden folgenden Tagen ist ihre Ausstellung von 11:00 Uhr bis 17:00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Text: Martina Jansen
Fotos: Christian Sklenak und privat

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